Nachruf

Die SPD trauert um Kirsten Fründt

Sören Bartol28. Januar 2022
Kirsten Fründt war eine über Parteigrenzen hinweg geschätze Politikerin. Sie starb im Alter von 54 Jahren.
Die über Parteigrenzen hinweg geschätzte Landrätin hat mit ihrem Lachen, ihren Ideen und der Fähigkeit, andere dafür zu begeistern, im Landkreis Marburg-Biedenkopf Geschichte geschrieben.

Kirsten Fründt ist tot. Noch immer bin ich fassungslos und tieftraurig darüber, einen so besonderen Menschen und eine gute Freundin verloren zu haben. Viel zu früh – mit 54 Jahren – ist sie an ihrer Krebserkrankung gestorben. Unsere über Parteigrenzen hinweg geschätzte und geliebte Landrätin, die mit ihrem Lachen, ihren Ideen und der Fähigkeit andere dafür zu begeistern, in unserem Landkreis Geschichte geschrieben hat.

Sie prägte einen neuen Stil

2013 wurde Kirsten Fründt Landrätin des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Sie war kurzfristig als Kandidatin eingesprungen. Umso beeindruckender war, wie schnell sich Kirsten nach der erfolgreichen Wahl in ihr neues Amt eingearbeitet und es vom ersten Tag an ausgefüllt hat. Voller Lebensfreude, Leidenschaft und Interesse an allen Menschen, die ihr begegneten, prägte sie einen neuen Stil von „Landrätin“, der nichts mehr mit landgräflicher Haltung zu tun hatte, sondern mit menschlicher Nähe, Dialog und Partizipation. 

Kirsten war gelernte Gärtnerin aus dem Marburger Stadtteil Ockershausen, studierte Agrarwissenschaften in Gießen und arbeitete danach in der Marburger Stadtverwaltung (u.a. als Leiterin des Fachdienstes Sport), bis zu ihrer Wahl als Landrätin. 

Tatkräftig und zupackend hat sie mit immer wieder neuen Ideen und Initiativen die Themen der Zukunft gesetzt und diese mit Überzeugungskraft verwirklicht. Ausdruck dessen sind etliche Modellprojekte u. a. in den Bereichen Digitalisierung, Open Government oder medizinische Versorgung, für die der Landkreis deutschlandweit als vorbildlich wahrgenommen wird. 

Enger Kontakt zu den Menschen

Kirsten war nicht nur persönlich nahbar, ihr war ein enger Kontakt und ein gutes Miteinander mit den Menschen in ihrem Landkreis ebenso wichtig. So hat sie erweiterte und neue Formen der Bürgerbeteiligung initiiert, etwa durch die Radverkehrsdialoge, den ebenfalls ausgezeichneten Dialog zur biologischen Vielfalt, sowie die Stärkung der Mitwirkung, etwa durch einen neu eingerichteten Kreisseniorenrat, einen Beirat für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder die Kommission für Partizipation und Teilhabe zur Beteiligung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.

Die Förderung des Ehrenamts, etwa durch die Ehrenamtspauschale, lag ihr  - selbstlangjährige Übungsleiterin beim TSV Marburg-Ockershausen - besonders am Herzen.

Kirsten Fründt war es wichtig, dass ihr Landkreis ein fairer und attraktiver Arbeitgeber ist: So wurden bisher befristete Stellen soweit wie möglich entfristet. Eine Umstellung, die Transparenz im Stellenplan, aber auch Sicherheit für die Lebensplanung der Mitarbeiter*innen bedeutet. Auch die Digitalisierung der Verwaltung wurde in ihrer Amtszeit forciert. 

Engagement für Flüchtlinge

In schwierigen und herausfordernden Zeiten bewies sie Führungsstärke. So fiel in Ihre Amtszeit die vorbildliche Aufnahme von Flüchtlingen ab 2015 sowie die Corona-Pandemie. Mit zwei Zukunftspaketen zur Bewältigung der Corona-Krise wurden 2020 und 2021 Mittel bereitgestellt, um soziale Infrastruktur zu erhalten, Vereine, Verbände, Kultur, die Städte und Gemeinden, die Wirtschaft den Klimaschutz und den sozialen Wohnungsbau zu unterstützen und die Auswirkungen der Pandemie abzufedern.

Ihre Arbeit war geleitet von dem Anspruch, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen und den Landkreis kommunalfreundlich auszurichten. Das Ziel solider und ausgeglichener Haushalte sowie eine konsequente Entschuldung des Landkreises wurde von ihr als Kämmerin erreicht. Gleichzeitig wurden die Kommunen soweit wie möglich entlastet und an den Überschüssen des Kreises beteiligt. So war es ihnen von Kirsten Fründt zugesagt worden, so wurde es über all die Jahre eingehalten. Seit 2015 wurden Kreis- und Schulumlage konsequent gesenkt sowie neue Förderinstrumente wir der Kommunale Entwicklungsfonds eingerichtet. 

 Ausbau der Daseinsvorsorge

Kern von Kirstens Arbeit war die praktische Sicherung und der nachhaltige Ausbau der Daseinsvorsorge. Breitbandausbau, multifunktionale Häuser zur Sicherung von Infrastruktur in den Dörfern, Glaserfaser und WLAN an allen über 60 Schulen sowie Ausbau von Schulsozialarbeit und Grundschulbetreuung sind Ergebnisse ihrer Arbeit.

Für eine flächendeckende ärztliche Versorgung wurde die Initiative „Gesundheit fördern – Versorgung stärken“ zur Gesundheitsförderung und Prävention sowie medizinisch-pflegerischen Versorgung ins Leben gerufen, um Strategien gegen eine Unterversorgung mit Hausärzten zu entwickeln.

Mit der Aufstellung des Investitionsprogramms 2021 bis 2026, das 160 Mio. Euro umfasst und mit breiter Mehrheit im Februar 2021 im Kreistag beschlossen wurde, erfolget eine Planung für die wesentlichen infrastrukturellen Erfordernisse über mehrere Haushaltsjahre hinweg – für Schulbauten, für Digitalisierung der Schulen, für Sanierung Verwaltungsgebäuden und für die Verkehrsinfrastruktur.

Klimaschutz als wichtiges Anliegen 

Die Radverkehrsentwicklung wurde seit dem Amtsantritt von Kirsten Fründt erstmals wirklich forciert, und der Radwegeausbau mit dem Beschluss des Radverkehrsentwicklungsplans 2018 strukturiert angegangen. Mittlerweile sind auch in den Haushalten 30% der Mittel für die Verkehrsinfrastruktur für den Radverkehrsausbau festgelegt. Im neuen und von Kirsten Fründt mitverhandelten Koalitionsvertrag wurde dessen Anteil sogar auf 35% an den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur festgeschrieben. 

Mit dem Klimaschutz-Aktionsprogramm I 2019 hat der Landkreis seine Klimaziele festgelegt und die bisherigen Maßnahmen intensiviert, um alles in seinem Einflussbereich Mögliche zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zu tun. Noch im letzten Jahr hat Kirsten Fründt ein Klimaschutz-Aktionsprogramm II initiiert, um die Klimaziele noch schneller umzusetzen und eine klimaneutrale Kreisverwaltung bis 2030 zu erreichen. 

Unter Kirsten Fründt ist der Landkreis auch im Bereich Wohnungsversorgung aktiv geworden, hat auf Grundlage einer Wohnungsmarktanalyse das „Bündnis für Wohnen” gegründet, das Städte, Gemeinden und Wohnungsbauunternehmen einbezieht, und seine Wohnungsbauaktivitäten verstärkt sowie Fördermittel für sozialen Wohnungsbau bereitgestellt. 

Einsatz für die Partei 

Neben der Tätigkeit als Landrätin und den damit verbundenen Aufgaben und Funktionen hat sie sich stark in unserer Partei eingebracht. Kirsten war Co-Vorsitzende im Unterbezirk Marburg-Biedenkopf, stellvertretende Landesvorsitzende Hessen sowie Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der SGK.

Sie hat mich bewegt. Sie hat uns alle bewegt. Kirsten Fründt hat bleibende Spuren hinterlassen. Sie fehlt schon jetzt.

Unser Mitgefühl gilt Kirstens Familie, ihrem Mann Jürgen und ihren beiden Töchtern, denen wir jetzt viel Kraft wünschen. Bei aller Trauer sind wir zutiefst dankbar dafür, dass wir Kirsten unter uns haben durften.

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