Kommunale Großkrankenhäuser

Städtetag fordert Investitionen in Krankenhäuser

Karin Billanitsch17. Juni 2021
Eines der größten Krankenhäuser Niedersachsens: das städtische Klinikum in Braunschweig.
Die Städte schlagen Alarm: Sie fürchten um den Bestand der großen kommunalen Krankenhäuser. Der deutsche Städtetag fordert Bund und Länder auf, die finanzielle Lage der Krankenhäuser schnell zu verbessern.

„Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt: Große kommunale Krankenhäuser sind zusammen mit den Universitätskliniken das Rückgrat einer hochwertigen Gesundheitsversorgung. Jeder Tag der Pandemie ist eine neue Bewährungsprobe. Doch viele Krankenhäuser sind inzwischen selbst Patient. Sie sind chronisch unterfinanziert“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Leipzig, Burkhard Jung.

Prognose für 2021: Mehrheit der öffentlich-rechtlichen Häuser defizitär

Nach seinen Worten haben „nahezu alle kommunalen Großkrankenhäuser mit Defiziten zu kämpfen“. Im Corona-Jahr 2020 verschlechterte sich ihr Jahresergebnis um durchschnittlich rund sechs Millionen Euro. Das Problem: Schon vor der Corona-Pandemie hätten strukturelle finanzielle Defizite bestanden, heißt es. Dabei verweist der Städtetag auf folgende Zahlen: „Im Jahr 2019 haben rund 40 Prozent der öffentlich-rechtlichen Häuser ihre Haushalte mit Verlusten abgeschlossen. Für 2020 rechnen wir mit knapp 80 Prozent der Häuser.“

Ein Beispiel für die Lage kommunaler Großkrankenhäuser ist das Städtische Klinikum Braunschweig mit rund 4.000 Beschäftigte und 1.500 Betten und einen Jahresumsatz von über 360 Millionen Euro. Es versorgt in seinem Einzugsgebiet, der Region Braunschweig, über die Stadtgrenzen hinaus eine weitere Million Menschen.

Ulrich Markurth, OB Braunschweig, bei der digitalen Pressekonferenz des Deutschen Städtetags. Foto: DEMO / Bildschirmfoto

Aktuell kann das Klinikum bei weitem nicht kostendeckend betrieben werden. Die Corona-Krise habe zu erheblichen finanziellen Ausfällen geführt, weil etwa Operationen ausfallen mussten, so Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) aus Braunschweig. Das sei der Pandemie geschuldet gewesen. Das Krankenhaus habe 100 Beatmungsgeräte gekauft, die auch an andere Kliniken abgegeben wurden, Transporte mit Schutzvorrichtungen – wie etwa Masken – mussten organisiert werden. „Wir haben Daseinsvorsorge für alle als Auftrag“.

Auch hohe Investitionen stehen an: „Die Stadt muss zudem Bauprojekte im Umfang von rund 800 Millionen Euro größtenteils selbst finanzieren“, so Markurth. Die Stadt engagiert sich notgedrungen selbst und unterstützt als Trägerin intensiv bei der Finanzierung der nicht durch Fördermittel gedeckten Investitionen, muss aber ihrerseits im laufenden Jahr rund 42 Millionen Einnahmeausfälle als Folge der Corona-Pandemie verkraften. Das Land Niedersachsen unterstützte derzeit nur mit einer Quote von 25 Prozent.

Cerny: „Andere Aufgaben der Kommunen leiden“

Oberbürgermeister Michael Cerny, Stadt Amberg, macht deutlich, dass die zunehmende Verlagerung der Kosten im Gesundheitswesen auf die Kommunen den Städten die „finanziellen Spielräume zur Umsetzung wichtiger Aufgaben wie beispielsweise im Bildungsbereich oder bei der Verkehrswende“ nimmt. „Wir brauchen daher schnelle Hilfen zum Ausgleich und mittelfristig ein Umsteuern in der Gesundheitspolitik.“  

Insgesamt schätzt der Deutsche Städtetag den Investitionsstau bei den kommunalen Krankenhäusern auf 30 Milliarden Euro. Deshalb fordern Städtetag und die betroffenen Städte mit Maximalversorgern und Schwerpunktkrankenhäusern vom Bund, er müsse Rahmenbedingungen dafür schaffen, damit die Betriebskosten auskömmlich finanziert werden können, unter anderem, damit Infrastruktur für Notfallbehandlungen und medizinische Versorgung vorgehalten werden kann und grundfinanziert wird.

An die Adresse der Bundesländer wird das verlangen gerichtet, sie müssten die milliardenschwere Lücke bei der Förderung von Investitionen schließen und den Investitionsstau auflösen.

Die Stadt Nürnberg unterstützt die Forderungen des Städtetags: Oberbürgermeister Marcus König sagt: „Die kommunalen Maximalversorgungskrankenhäuser wie das Klinikum Nürnberg sind Krankenhäuser für alle. Dort wird das komplette Spektrum der Medizin für alle Menschen angeboten, die Kommunen tragen die finanziellen Risiken. Das System der Fallpauschalen ist nicht ausreichend. Eine Veränderung ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Deshalb müsse die Krankenhausfinanzierung durch Bund und Land deutlich verbessert werden.

Für Nürnbergs Kämmerer Harald Riedel darf es nicht sein, dass die bisher duale Krankenhausfinanzierung dauerhaft erweitert wird, indem Kommunen gezwungen werden, die zu geringe Finanzierung von Betriebs- und Investitionskosten durch jährliche Verlustausgleiche zu kompensieren. „Dies überfordert den Nürnberger Haushalt, der durch viele andere Herausforderungen im Bereich Schul- und Kitabau, Verkehrswende sowie Sozial- und Jugendhilfe bereits an seinen Grenzen angelangt ist.“

 

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