Corona-Pandemie

Das steht im neuen Infektionsschutzgesetz

Carl-Friedrich Höck22. April 2021
Trotz Notbremse und Ausgangssperre: Alleine joggen oder den Hund ausführen bleibt auch nach 22 Uhr erlaubt.
Der Bundestag hat die sogenannte Notbremse beschlossen. Das Gesetz wird vom Städtetag unterstützt, der Landkreistag äußert sich kritisch. Die DEMO fasst zusammen, welche neuen Regeln künftig gelten.

Grünes Licht für die neuen roten Linien: Der Bundesrat hat am Donnerstagmittag das Infektionsschutzgesetz passieren lassen, das der Bundestag am Vortag beschlossen hat. Das Gesetz regelt bundesweit einheitliche Anti-Corona-Maßnahmen, wenn die Inzidenzzahlen an drei aufeinander folgenden Tagen über 100 liegen. Es soll helfen, die dritte Welle der Corona-Pandemie zu brechen.

Landkreise wollen Flexibilität – Städte für einheitlichen Rahmen

Kritik an dem Gesetz äußert der Deutsche Landkreistag. Dessen Präsident Reinhard Sager verwies im ZDF-Morgenmagazin darauf, dass die Landkreise und ihre Gesundheitsämter auch jetzt schon daran arbeiteten, das Leben der Menschen zu schützen. Nun würde der Bundesgesetzgeber pauschale Regeln schaffen, „wo flexibles, angemessenes, dem Infektionsgeschehen vor Ort Rechnung tragendes Handeln erforderlich ist.“ Der Inzidenzwert 100 als Maßstab lasse andere Faktoren unberücksichtigt: „Wie ist die Inanspruchnahme von Krankenhausbetten? Wie ist die Reproduktionszahl? Ist ein Ausbruch diffus über ein Kreisgebiet hinweg oder in einem Betrieb, also eingrenzbar und beherrschbar?“ Die Bundes-Notbremse sei zu holzschnittartig.

Dagegen hat der Deutsche Städtetag sich für die Bundes-Notbremse ausgesprochen. Präsident Burkhard Jung räumte nach einem Treffen von 150 Oberbürgermeister*innen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag ein: „Das Durcheinander mit unterschiedlichen Lösungen in den Ländern bei der Notbremse hat in den vergangenen Wochen Vertrauen gekostet.“ Man brauche jetzt vorübergehend einen gemeinsamen bundeseinheitlichen Rahmen, um das Vertrauen zurückzugewinnen. Gut sei, dass diese Notbremse bis Ende Juni befristet werde.

Diese Regeln gelten künftig

Der Bundestag hat die Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Es sieht eine Vielzahl von Maßnahmen vor, unter anderem:

  • Kontaktbeschränkungen: Ab einer Inzidenz von 100 sind Treffen eines Hausstandes nur noch mit einer weiteren Person erlaubt.
  • Geschäfte: Die Versorgung für den täglichen Bedarf und existenzielle Dienstleistungen sollen weiterhin möglich bleiben. Daher bleiben zum Beispiel Lebensmittelgeschäfte, Drogerien und Apotheken offen, ebenso Buchhandlungen oder Gartenmärkte. Bei einer Inzidenz unter 150 können auch alle weiteren Geschäfte öffnen – diese dürfen jedoch nur mit Termin und negativem Corona-Testergebnis besucht werden (Click & Meet). Bei Dienstleistungen gilt: Es ist alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist. Fahrradwerkstätten, Bankfilialen oder Poststellen dürfen also weiter Kund*innen empfangen.
  • Körpernahe Dienstleistungen: Diese dürfen nur noch zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken in Anspruch genommen werden. Eine Ausnahme gilt für Friseur*innen und Fußpflege. Diese dürfen aber nur mit Maske und aktuellem Negativ-Test besucht werden.
  • Freizeit und Sport: Bei einer Inzidenz über 100 müssen Gastronomie, Hotels, Freizeit- und Kultureinrichtungen zumachen. Eine Ausnahme gilt für Zoos und botanische Gärten (mit Negativ-Test). Profi-Sport bleibt ohne Zuschauer*innen und mit Hygienekonzept erlaubt. Ansonsten gilt: Sport darf nur alleine oder zu zweit getrieben werden, oder nur mit Mitgliedern des eigenen Hausstandes. Ausgenommen von der Regelung sind Kinder bis 14 Jahre: Sie dürfen in Gruppen mit bis zu fünf anderen Kindern kontaktfrei Sport machen.
  • Ausgangsbeschränkungen: Zwischen 22 und 5 Uhr gilt eine Ausgangssperre. Dann darf nur das Haus verlassen, wer einen „guten Grund“ hat – etwa zur Arbeit muss, mit dem Hund Gassi geht oder medizinische Hilfe braucht. Alleine joggen oder spazieren ist bis 24 Uhr erlaubt.
  • Schulen: Ab einer Inzidenz über 165 darf kein Präsenzunterricht mehr stattfinden. Dasselbe gilt für die Regelbetreuung in Kitas. Ausnahmen können für Abschlussklassen und Förderschulen gemacht werden.
  • Homeoffice: Schon jetzt gilt, dass Arbeitgeber*innen Homeoffice ermöglichen müssen, wenn es betrieblich möglich ist. Neu gilt: Die Arbeitnehmer*innen müssen dieses Angebot auch wahrnehmen, wenn es für sie privat machbar ist.

Gesetz soll für mehr Konsequenz sorgen

Dem Bundestagsbeschluss war eine kontroverse Debatte vorangegangen. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) erinnerte daran, dass bereits 80.000 Menschen an und mit Corona gestorben sind. Mit der Bundesnotbremse müsse jetzt etwas getan werden, das über das Bisherige hinausgehe. „Das, was wir jetzt brauchen ist Klarheit und Konsequenz“, betonte Scholz.

Dem Gesetz zugestimmt hat auch der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Bernhard Daldrup. In einem Statement erklärt er: Der Gesetzentwurf schränke zwar vorübergehend Grundrechte ein, dies sei aber nach dem Grundgesetz erlaubt und in der aktuellen Situation leider auch notwendig. Die Einschränkung sei jedoch temporär begrenzt und an die „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“ gebunden, die der Bundestag feststellt und auch aufheben kann. „Das Parlament hat das Heft des Handels also jederzeit in der Hand.“ Das Gesetz sei aber auch nicht perfekt. „Besser wäre es, die Maßnahmen nicht nur von einem Parameter, der Inzidenz, abhängig machen. Eine plausible und konsistente Beurteilung der Lage sollte weitere Parameter einbeziehen.“ Als Beispiel nannte er die Belegungsquote von Krankenhaus- oder Intensivbetten, den sogenannten R-Wert, den Impffortschritt und die Positiv-Testungsrate bei Schnell- und PCR-Tests.

weiterführender Artikel