Gebäudeenergiegesetz

„Wärmeplanung first”: Was die Einigung der Ampel bedeutet

Kai Doering14. Juni 2023
Heizen soll klimafreundlicher werden und gleichzeitig bezahlbar bleiben. Die kommunale Wärmeplanung kann dafür die Grundlage schaffen.
Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben sich auf „Leitplanken“ für die Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes geeinigt. Welche Rolle die kommunale Wärmeplanung dabei spielt und was nun ab wann gelten soll: Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wochenlang haben die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP über den Entwurf für die Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes diskutiert. Nun hat sich die Ampel auf „Leitplanken“ für die Grundzüge des sogenannten Heizungsgesetzes geeinigt. „Heute hat es sich zu Ende geruckelt“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Montagabend bei der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises. „Es ist ein paar Monate harter Diskussionen wert, wenn am Ende niemand überfordert wird.“ Die Einigung sei „ein wirklich wichtiger Schritt“. Was sieht sie vor?

Was bedeuten die „Leitplanken“ für den Gesetzentwurf zum Heizungsgesetz?

Folgt man dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch, sind sie ein „Paradigmenwechel“. Seine Fraktionskollegin Verena Hubertz sagt: „Wir haben uns für einen Wandel in der Herangehensweise entschieden.“ Konkret bedeutet der, dass die Vorgaben des Heizungsgesetzes sich nach der Kommunalen Wärmeplanung richten sollen. Auch diese gibt es bisher nur als Gesetzentwurf und soll Städte und Gemeinden verpflichten, einen Fahrplan zu entwickeln, wie der Umstieg auf eine klimaneutrale Versorgung mit Wärme bei ihnen vor Ort am besten vonstatten geht. Die Wärmeplanung soll auch Auskunft darüber geben, ob ein Wohngebiet ans Fernwärmenetz angeschlossen wird. In diesem Fall müssten Hausbesitzer*innen keine eigene Heizung installieren.

Welchen Einfluss hat die Kommunale Wärmeplanung auf das Heizungsgesetz?

Die Ampelfraktionen haben sich darauf verständigt, dass die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erst dann angewendet werden sollen, wenn für das betreffende Gebiet eine Kommunale Wärmeplanung vorliegt. Der Staat muss also zuerst „liefern“. Solange keine Kommunale Wärmeplanung vorliegt, dürfen so auch über den 1. Januar 2024 hinaus Gasheizungen neu eingebaut werden, wenn diese auf Wasserstoff umgerüstet werden können, also „H2 ready“ sind. Eine deutschlandweite kommunale Wärmeplanung wird bis spätestens 2028 angestrebt. Nur in Neubaugebieten sollen die Regelungen des GEG unmittelbar ab dem 1. Januar 2024 angewendet werden.

Und was, wenn bereits eine Kommunale Wärmeplanung vorliegt?

In dem Fall dürfen neue Gasheizungen nur dann neu eingebaut werden, wenn sie zu 65 Prozent mit Biomasse oder Wasserstoff betrieben werden. Ist in der Wärmeplanung bereits ein CO2-neutrales Gasnetz vorgesehen, können auch auf Wasserstoff umrüstbare Heizungen eingebaut werden.

Ist die Wärmepumpe das Maß aller Dinge?

Nein. Die „Leitplanken“ der Ampel-Fraktionen betonen die Technologie-Offenheit. So sollen verschiedene Heizungsmöglichkeiten „gleichwertig“ behandelt werden. Heizungen, die mit Holz oder Pellets betrieben werden, erfüllen die Vorgaben daher ebenso wie die Wärmepumpe. „Wir verbieten nichts, sondern ermöglichen“, betont SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Dabei sei es auch wichtig darauf hinzuweisen, „dass wir eine steigende CO2-Bepreisung haben werden“. Das Heizen mit fossilen Brennstoffen wird damit auf absehbare Zeit deutlich teurer. Die Ampelfraktionen fordern deshalb von der Bundesregierung, eine „Aufklärungskampagne über CO2-Bepreisung und Klimaschutzgesetz“ aufzulegen.

Was bedeutet die Einigung für Mieter*innen?

Die unterliegen aus Sicht der SPD-Fraktion einem besonderen Schutz. „Am Ende des Tages dürfen Mieterinnen und Mieter nicht überfordert werden“, sagt SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz. Gleichzeitig sollen Vermieter*innen Anreize haben, in moderne Heizungssystem zu investieren. Die Förderung für den Einbau neuer Heizungen soll deshalb deutlich ausgebaut werden. Mit welchen Summen und für wen genau soll in den kommenden Wochen in den Ausschüssen des Bundestags beraten werden. „Wir erkennen an, dass diese Transformation die Menschen bis in die Mitte der Gesellschaft fordert“, sagt Hubertz. Mieter*innen sollen nur dann an Modernisierungskosten beteiligt werden dürfen, wenn die Vermieter*innen eine Förderung in Anspruch genommen haben.

Wann soll das Heizungsgesetz in Kraft treten?

„Der 1. Januar 2024 ist angestrebt und das kriegen wir gut hin“, ist Matthias Miersch überzeugt. Plan sei es, den überarbeiteten Gesetzentwurf noch in dieser Woche in erster Lesung im Bundestag zu beraten und ihn danach an die Ausschüsse zu überweisen. Der Beschluss des Gesetzes könnte dann in der ersten Juli-Woche, der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, erfolgen.

Wie sind die Reaktionen?

Dass die Regierungsfraktionen selbst ihren Vorschlag loben, ist wenig überraschend. Dieser sei „pragmatisch, technisch umsetzbar und finanzierbar“, sagt SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz. Aber auch von den kommunalen Vertreter*innen kommt viel Zustimmung. „Erst mit Vorliegen der Wärmeplanung haben Hauseigentümer Informationen über verfügbare Heizoptionen und Wärme- und Gasnetzbetreiber Klarheit darüber, in welchen Stadt- und Gemeindegebieten sie Kunden einen Anschluss an ihre Netze in Aussicht stellen können“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) Ingbert Liebig. „Nun besteht die Aussicht auf ein gutes Gesetz, mit realistischen Regelungen, die von Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern auch umgesetzt werden können.“

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags Helmut Dedy begrüßt die Einigung auf das Prinzip „Wärmeplanung first”. Es sei richtig, dass die kommunale Wärmeplanung jetzt ausdrücklich zur Grundlage für die Wärmewende in den Städten gemacht werde und das Gebäudeener­giegesetz mit dem Wärmeplanungsgesetz verzahnt werden solle. „Denn die Menschen sollten wissen, welche klimaneutrale Heizungsart für ihre Stadt und das eigene Viertel sinnvoll ist und ausgebaut werden soll“, so Dedy.

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