Aus den Bundesländern

Flächensparen – aber richtig!

Klaus AdeltDaniel Schön14. Oktober 2019
Wie lassen sich ökologische Gesichtspunkte beispielsweise mit dem wachsenden Bedarf an Wohnraum vereinen?
Wie der Flächenverbrauch in Bayern begrenzt werden kann – mit dieser Frage hat sich die SPD-Landtagsfraktion zuletzt ausführlich beschäftigt. Es besteht starker Handlungsbedarf, mahnen Klaus Adelt, kommunalpolitischer Sprecher der BayernSPD-Landtagsfraktion und Daniel Schön, parlamentarischer Berater für Kommunalpolitik der BayernSPD-Landtagsfraktion.

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich ausführlich mit der Frage beschäftigt, wie der Flächenverbrauch in Bayern begrenzt werden kann. Hier besteht starker Handlungsbedarf, denn der bayernweite Flächenverbrauch – also die Umwandlung von unbebauter Landschaft und Natur in Siedlungs- und Verkehrsfläche – lag zuletzt bei rund 11,7 ha pro Tag. Das ist zu viel, denn die Auswirkungen des erhöhten Flächenverbrauchs für Menschen, Tiere und Pflanzen sind groß: Fruchtbare Böden gehen verloren, Landschaft und Naturräume werden zerschnitten und zersiedelt, die Biodiversität geht weiter zurück. Das hat negativen Einfluss auf das Klima. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr auf 30 ha pro Tag zu verringern und die Innenentwicklung der Städte gegenüber einer Außenentwicklung deutlich zu stärken.

Zielmarke: Ab 2030 maximal 5 Hektar pro Tag

Für Bayern bedeutet das, dass der Flächenverbrauch ab 2030 maximal 5 ha pro Tag betragen sollte. Ein Volksbegehren, das dieses Ziel gesetzlich vorschreiben wollte, scheiterte im vergangenen Jahr an formalen Hürden. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof erklärte es für unzulässig, da der Gesetzgeber selbst festlegen müsse, wie die dann noch verfügbare Fläche verteilt werden sollte. Der Entwurf des Volksbegehrens sah jedoch vor, dass die Regierung dies über die Landesplanung festlegen sollte.

Als Kommunalpartei war es uns bei der Positionierung von Anfang an wichtig, unsere Kommunalpolitiker*innen und deren Kompetenz einzubeziehen. Daher haben wir alle (Ober)Bürgermeister*innen über ihre Vorstellungen, Erfahrungen und Wünsche befragt. Diese Rückmeldungen aus der Praxis sind sämtlich in unsere Überlegungen eingeflossen. Es gilt, verschiedene Interessen in Ausgleich zu bringen: der berechtigte Wunsch nach mehr Naturschutz, das Erfordernis von mehr Wohnungsbau, ein faires Miteinander von Stadt und Land und natürlich die Achtung der kommunalen Selbstverwaltung. Eine Gängelung der Kommunen durch rigiden Zentralismus lehnen wir ebenso ab wie unbeachtliche Richtgrößen, die de facto nichts verändern.

Gemeinden benötigen stärkere gesetzliche Instrumente

Aus den Rückmeldungen geht hervor, dass jedenfalls die SPD-regierten Kommunen schon längst Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch ergriffen haben (z.B. über Nachverdichtung, eigene Förderprogramme) und bereits stark sensibilisiert sind. Es ist auch klar geworden, dass die Gemeinden stärkere gesetzliche Instrumente benötigen, um gegen Leerstand vorzugehen. Deutlich wurde zudem, dass die Entwicklung von Stadt und Land nur im Zusammenhang gesehen werden kann: Familien ziehen aus den Ballungsgebieten ins Umland, Menschen pendeln umgekehrt zur Arbeit in die Ballungsräume, Logistikzentren zur Belieferung der Großstädte werden im ländlichen Raum errichtet. Während in den Großräumen ein Flächenverbrauch faktisch fast nicht mehr möglich ist, benötigen kleinere und mittlere Städte überproportional viel Fläche, auch weil sie damit den Bedarf der Oberzentren abdecken. Für sozialdemokratische Kommunalpolitiker*innen ist auch das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum ein zentrales Ziel. Aus alledem folgt, dass ein Konzept zum Flächensparen nur gemeinsam mit den Kommunen erfolgreich sein kann, es muss flexibel sein und sich an den Bedürfnissen vor Ort orientieren, damit die Entwicklung des ländlichen Raums nicht eingeschränkt wird. Gleichzeitig zeigt bereits das Engagement unserer SPD-Bürgermeister*innen, dass eine aktive Politik gegen Flächenverbrauch möglich ist.

Wir treten daher grundsätzlich dafür ein, dass der Flächenverbrauch bis 2030 auf 5 ha pro Tag begrenzt wird, da wir unsere Natur schützen müssen, damit auch nachfolgende Generationen noch unsere schöne Landschaft genießen können. Innen- muss vor Außenentwicklung kommen und neue Gewerbegebiete auf der grünen Wiese mit geschossloser Bebauung sollte gründlich hinterfragt werden. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums muss stärker betont werden. Freiwillige Maßnahmen werden nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen, das zeigt die Vergangenheit, in der Runde Tische nichts bewirkt haben und der Verbrauch weiter angestiegen ist. Es muss aber gewährleistet sein, dass die Interessen und Bedürfnisse der Kommunen bei der Verteilung weitgehend berücksichtigt werden, damit die Entwicklung des ländlichen Raums nicht gehemmt wird. Zudem müssen für übergeordnete Projekte oder in Ausnahmesituationen immer Abweichungen möglich sein, um flexibel auf bestimmte Situationen reagieren zu können. Einen schädlichen Wettbewerb unter den Kommunen um Kontingente lehnen wir ab.  

Stimmiges Gesamtkonzept erforderlich

Flächensparen kann jedoch nicht isoliert über eine Begrenzung erfolgen, vielmehr ist ein stimmiges Gesamtkonzept erforderlich: Ein entscheidender Punkt, den die Staatsregierung viel zu lange vernachlässigt hat, ist dabei der flächendeckende und kostengünstige Ausbau des ÖPNV. Ebenso muss endlich überall schnelles Internet verfügbar sein. Gleichzeitig sind Förderprogramme notwendig, etwa um Altbauten zu sanieren, flächensparende Baukonzepte zu fördern oder Unternehmen mit geringem Flächenverbrauch in den ländlichen Raum zu locken. Leerstand muss effektiv bekämpft werden können. Die SPD-Fraktion steht für ein starkes Land und starke Kommunen. Stadt und Land können nur gemeinsam erfolgreich sein; die Begrenzung des Flächenverbrauchs liegt im Interesse aller und entspricht unserer Verantwortung für die nächsten Generationen.

Der Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung der Bayern SGK und ist zuerst im Landesteil der DEMO Bayern erschienen