Forderungen des Deutschen Städtetages

Sondierungspapier macht den Städten Hoffnung

Carl-Friedrich Höck29. Oktober 2021
Städtetags-Präsident Burkhard Jung (Archivbild)
Der Deutsche Städtetag hat seine Forderungen an die Ampelkoalition vorgestellt. Es geht um Klimaschutz, Mobilität, lebendige Innenstädte – und ums Geld. Das Sondierungspapier sei zwar vage, stimmt die Verbandsvertreter aber teilweise optimistisch.

„Ohne Städte funktioniert auch ein Staat nicht“, sagt Burkhard Jung. Der Leipziger Oberbürgermeister ist Präsident des Deutschen Städtetages, der am Freitag seine Forderungen an eine künftige Regierungskoalition im Bund vorgestellt hat. Laut Jung sind die Städte Orte des Aufbruchs, die den Weg zu mehr Klimaschutz und Lebensqualität mitgehen wollen.

Dafür bräuchten sie genügend Geld, um investieren zu können – etwa in Klimaschutz, Mobilität und lebenswerte Innenstädte. Lob gab es für das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP. „Es enthält gute und wichtige Ansätze, wie wir parteiübergreifend meinen“, erklärt der Städtetags-Präsident.

Bestellerprinzip soll konsequenter umgesetzt werden

Konkret fordern die Städte, dass das Konnexitätsprinzip auch im neuen Koalitionsvertrag verankert wird, also der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“. Im letzten Koalitionsvertrag stand dieser zwar drin, wurde aber nach Meinung der Städte nicht immer eingehalten. So habe der Bund den Ausbau der Ganztagsbetreuung beschlossen, ohne den Kommunen ausreichend Geld für die Umsetzung zuzusichern. Oft gehe es aber auch um kleinere Änderungen, etwa im Passwesen oder in Digitalisierungsfragen, erklärt Jung. Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy wünscht sich formalisierte Verfahren für die Gesetzgebung. Damit müsste jedes neue Gesetz daraufhin überprüft werden, wie es sich auf die Finanzen der Kommunen auswirkt.

Zweitens drängen die Städte auf eine Soforthilfe in Höhe von 15 bis 20 Milliarden Euro, um die coronabedingen Verluste bei der Einkommens- und Gewerbesteuer in diesem und im nächsten Jahr auszugleichen. Darüber hinaus wünschen sie sich höhere Zuschüsse. Zum Beispiel für den Öffentlichen Nahverkehr: Die Regionalisierungsmittel sollen um weitere 1,5 Milliarden Euro pro Jahr angehoben werden, fordern die Städte. Derzeit erhalten die Kommunen neun Milliarden Euro vom Bund für ihre Busse und Bahnen.

Chefsache Klimaschutz – nicht ohne Kommunen

Ein weiterer Punkt sind Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. „Wir brauchen, um zur Klimaneutralität zu kommen, einen robusten Ausbaupfad“, sagt der Vizepräsident des Städtetages Markus Lewe. Pro Jahr sei ein zweistelliger Milliardenbetrag nötig. Zudem müssten die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden – an dieser Stelle mache das Sondierungspapier Hoffnung. Derzeit sei es aufgrund der Bürokratie unmöglich, größere Projekte wie zum Beispiel die Reaktivierung einer S-Bahn-Strecke schnell umzusetzen. „Wir wollen, aber wir stoßen regelmäßig an Grenzen“, so Lewe.

Der Klimaschutz betrifft in den Städten aber nicht nur die Mobilität. Der Verband sieht etwa die Stadtwerke am Zug, ihre Energiegewinnung umzustellen und Geothermie zu nutzen. Kommunale Gebäude sollen energiesparender werden. Außerdem wünschen sich die Städte mehr Kompetenzen, um zum Beispiel Solaranlagen und Dachbegrünungen verpflichtend vorgeben zu können. „Wenn die nächste Bundesregierung das Thema Klima zur Chefsache macht, dann muss da eine kommunale Komponente mit rein“, unterstreicht Lewe

Auf einen Blick: Das fordert der Städtetag

  1. Kommunalfinanzen: Die Städte drängen auf einen Ausgleich für coronabedingte Steuerausfälle und auf eine Altschuldenlösung. Das Konnexitätsprinzip soll im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.
  2. Innenstädte: Das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ umfasst bisher einmalig 250 Millionen Euro. Die Städte wünschen sich 500 Millionen Euro pro Jahr.
  3. Wohnungsbau: Die Städte sollen leichter Zugriff auf Baugrund erhalten. Der Bund soll seinen Anteil für die öffentliche Wohnraumförderung (Sozialwohnungen) deutlich erhöhen.
  4. Klimaschutz und -anpassung: Viele Städte wollen schon vor 2045 klimaneutral werden. Der Bund soll die Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien verbessern, das Gebäudeenergiegesetz reformieren und ein „tragfähiges Finanzierungsprogramm“ für den Klimaschutz und Klimaanpassung in Kommunen aufsetzen.
  5. Mobilität: Der Bund soll sich stärker an den Investitions- und Betriebskosten für Busse und Bahnen beteiligen.
  6. Digitale Bildung: Der Städtetag fordert einen „Masterplan Digitalisierung in der Bildung“. Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Schulträgern sollen festgelegt und alle Bildungseinrichtungen einbezogen werden.
  7. Integration: Der Bund soll sich „dauerhaft und angemessen an den Kosten beteiligen“, die zum Beispiel in Kitas und Schulen oder für Integrationskurse anfallen.
  8. Verwaltung: Verwaltungsprozesse sollen durchgängig digitalisiert werden. „Für einheitliche Bundesangelegenheiten sollte der Bund auch zentrale technische Prozesse und IT zur Verfügung stellen“, so der Städtetag.

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