Ausbleibender Regen

Versorger hoffen auf beständiges Grundwasser

Uwe Roth04. August 2022
Die Bundesregierung hat im Juli das Papier für eine Nationale Wasserstrategie veröffentlicht. Auch in 30 Jahren soll es ausreichend und bezahlbares Trinkwasser geben – so das Ziel. Die Herausforderung: Es regnet weniger und der Verbrauch steigt.

Die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte am 8. Juni vor einem Jahr den ersten Entwurf einer Nationalen Wasserstrategie veröffentlicht. Es dauerte ein Jahr, bis ihre Nachfolgerin Steffi Lemke (Grüne) den Faden aufnahm und kurz vor der parlamentarischen Sommerpause eine aktualisierte Fassung einer Nationalen Wasserstrategie nachschob. Inhaltlich sind die Schwerpunkte für einen vernünftigen Umgang mit der Ressource Wasser weitgehend gleichgeblieben. Bezahlbares Trinkwasser in ausreichender Menge vorrätig zu haben, ist nur eines der darin genannten politischen Ziele.

Insgesamt soll Wasser in Deutschland sauberer als momentan werden. Die Reinigung des Abwassers soll ihre hohe Qualität behalten, ohne dass die Gebühren insbesondere zum Nachteil einkommensschwacher Menschen ausufern. Die aktuell drängendsten Herausforderungen werden in der Nationalen Wasserstrategie ebenfalls genannt: Die Wasserreserven müssen geschont und den Erfordernissen des Klimawandels angepasst werden.

Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen

Zum Jahreswechsel soll die Strategie reif für die Umsetzung sein. Sie ist „eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen, der Wasserwirtschaft und allerwassernutzenden Wirtschaftsbereichen und Gruppen“, heißt es unter Punkt IV „Wie geht es weiter?“. Bis zum Jahr 2030 soll das „Bündel von Maßnahmen schrittweise ergriffen werden“. Für 2028/29 ist ein Fortschrittsbericht angekündigt.

Aber wer seit Wochen Tag für Tag auf die trockener werdende Landschaft schaut, kommt das Gefühl, dass für die Erreichung der Ziele viel weniger Zeit bleibt, als sich dies die Autor*innen der Nationalen Wasserstrategie gedacht haben. Die Stadt Nürnberg hat in dieser Woche begonnen, das Wasser aus Badebecken in Tanks zu pumpen, um damit die leidenden Stadtbäume zu bewässern. „Aufgrund der immer länger und extremer werdenden Hitzeperioden brauchen wir mehr Bewässerung, insbesondere unserer Stadtbäume“, wird Bürgermeister Christian Vogel (SPD) in Medienberichten zitiert. Auch die Stadt Münster hat eine halbe Million Liter aus dem Hallenbad mit Tankwagen auf die Grünflächen umgeleitet.

Landwirtschaft benötigt mehr Leitungswasser

Die Grundwasserpegel sinken zum Teil dramatisch. Gleichzeitig steigt der Wasserbrauch. 2020 war ebenfalls recht trocken. Laut Statistikamt lag der Wasserverbrauch pro Einwohner und Tag in Deutschland in diesem Jahr bei 129 Liter. Im Jahr 2013 lag dieser bei 121. Es war der niedrigste Wert in den vergangenen 20 Jahren. Der Hitzesommer 2003 machte sich mit einem Spitzenverbrauchswert von 131 Liter Wasser pro Kopf bemerkbar. Hitzeperioden leeren die Trinkwasservorräte. Die Situation verschärft sich, seit die Landwirtschaft Leitungswasser benötigt, um insbesondere den ausbleibenden Regen für ihre Sonderkulturen auszugleichen.

Von den Wasserversorgern selbst ist aktuell wenig Dramatisches zu hören. Viele leben von den Grundwasservorräten und das derzeit wohl noch ausreichend. Die Stadtwerke München (SWM) beziehen 75 Prozent des Trinkwassers für die bayerische Metropole aus dem Grundwasser im Mangfalltal. Ein Sprecher teilt mir: „Es bildet sich hier gut doppelt so viel Grundwasser, wie die SWM entnehmen.“ Im zweitgrößten Gewinnungsgebiet im Loisachtal gebe es „einen mächtigen und höchst ergiebigen Grundwasserleiter“. Aufgrund der geologischen und hydrologischen Situation gehen die SWM davon aus, dass die Klimaerwärmung auf absehbare Zeit „keinen grundlegenden Einfluss auf die Grundwassersituation hat“. Negative Einflüsse könnten allerdings „durch zunehmende Starkregenereignisse entstehen sowie sehr langfristig durch die Gletscherschmelze.“

„Keine Alarmstimmung, eher kritische Wachsamkeit“

Die Region Freiburg im Breisgau ist der heißeste Ort Deutschlands. Aber auch dort scheint kühles Nass ausreichend vorhanden zu sein: „Es herrscht noch keine Alarmstimmung, eher kritische Wachsamkeit“, beschreibt ein Sprecher des Wasserversorgers badenova die aktuelle Lage. Das Unternehmen nutzt Grundwasserströme aus Tiefen zwischen 20 und 90 Metern. Diese seien sehr ergiebig. Es handele sich gewissermaßen um die Entwässerung des Südschwarzwaldes. „Deshalb sind wir in der komfortablen Lage, über mehr als ausreichende Reserven zu verfügen, selbst wenn oberflächlich die Dreisam versiegt oder einzelne Quellen trockenfallen.“

Nachsehen haben hoch oben die Schwarzwalddörfer. Dazu der Sprecher: „Um diesen Kommunen zu helfen, sind wir dabei, interkommunale Verbünde zu fördern und zu organisieren. Immer häufiger schließen sich Kommunen schon jetzt zu Zweckverbänden zusammen oder machen sich gegenseitig durch Leitungsvernetzungen redundant.“

Keine Staffelung der Wasserpreise

Wasservorräte anlegen, ist nicht primäre Aufgabe der Wasserversorger. „Die SWM sind für die quellfrische Trinkwasserversorgung Münchens verantwortlich. Maßnahmen zur Wasserbewirtschaftung innerhalb der Stadt liegen beim Referat für Klima- und Umweltschutz“, antwortet der Sprecher auf die Frage, ob die Stadtwerke ein Budget beispielsweise für den Einbau von Zisternen haben oder für andere Möglichkeiten der Speicherung von Regenwasser. Auch von einer Staffelung der Wassergebühren halten die SWM wenig. Wer überdurchschnittlich Wasser verbraucht, könnte einen höheren Preis für die Kubikmeter bezahlen. Wer Wasser spart, könnte über den Wasserpreis belohnt werden. „Der Wasserpreis spiegelt die tatsächlichen Kosten für die Wasserversorgung nach Verbrauch wider. Eine Änderung sehen wir derzeit als nicht notwendig an.“

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