Umweltschutz

BUND fordert Verbot der „Ewigkeits-Chemikalien“ PFAS

Karin Billanitsch23. April 2024
Ein Molekül Trifluoressigsäure. Die chemische Verbindung gehört zu der Chemikaliengruppe PFAS, die ein Gesundheitsrisiko darstellen.
Eine Gruppe schädlicher Stoffe, genannt PFAS, verschmutzt zunehmend die Umwelt. Die Verbindungen finden sich auch in Trinkwasservorkommen. Umweltschützer und Vertreter der Wasserwirtschaft fordern ein generelles Verbot in Europa.

Im Landkreis Rastatt weiß man aus eigener Erfahrung, wie gefährlich die Chemikaliengruppe PFAS ist. Die Region gehört, gemessen an der PFAS-Belastung, zu den am stärksten betroffenen in Deutschland. Rund 1.100 Hektar sind belastet, 180 Millionen Kubikmeter Grundwasser auf einer Fläche von 58 Quadratkilometern sind nach Angaben des Landratsamts betroffen. „Der bekannte PFAS-Schadensfall bei Rastatt führte bereits zu Wasserpreissteigerungen von mehr als 20 Prozent“, warnte am Dienstag Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND.

„Weit reichende Verschmutzung“

Hinter dem Kürzel PFAS verbergen sich per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen. Das sind extrem stabile Verbindungen, von denen es mehr als 10.000 verschiedene Arten gibt. Weil sie so widerstandsfähig sind, werden sie auch „Ewigkeitschemikalien“ genannt. „Seit über 70 Jahren imprägnieren wir unsere Umwelt mit PFAS“, so Bandt. Dies habe auch zur Belastung des Trinkwassers geführt. Der BUND will in Berlin auf die „weitreichende Verschmutzung der Umwelt mit PFAS und die Gefahr für die Gesundheit“ aufmerksam machen.

Die Stoffe finden sich in vielfältigen Produkten: von Autoreifen über Outdoorjacken bis hin zu Kosmetika und Zahnseiden. Sie reichern sich an, etwa in den Böden, in der Nahrung, im Wasser. Die Naturschutzorganisation verweist auf Analysen des Bundesinstituts für Risikobewertung, das bereits 2021 festgestellt habe, dass die täglich aufgenommene PFAS-Menge durch belastete Nahrungsmittel – wie etwa durch Fisch und Fleisch – bereits über dem kritischen Wert liege. Dadurch drohten Risiken für die Gesundheit. So könne eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch die Chemikalien nicht ausgeschlossen werden, so der BUND.

Verschiedene Wasser im Test

Gemeinsam mit dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) stellte der BUND eine Testreihe zur Belastung von Leitungs- und Mineralwasser vor. Dazu wurden fünf Mineralwässer und zehn Leitungswasser aus den Städten Berlin, Frankfurt am Main, Stuttgart, Osnabrück, Kiel, Burgdorf, Celle, Neustadt an der Weinstraße, Meschede und dem EU-Parlament in Brüssel getestet und ausgewertet. Demnach enthielten neun von zehn Leitungswasserproben und drei von fünf Mineralwässer mindestens einen Schadstoff. Am häufigsten wurde den Angaben zufolge eine Chemikalie der PFAS-Gruppe gefunden: Trifluoressigsäure. Die PFAS-Konzentrationen lagen zwischen 50 und 1100 ng/L im Leitungswasser und zwischen 50 und 200 ng/L im Mineralwasser.

Allerdings stellte BDEW-Geschäftsführer Martin Weyand klar, dass die Grenzwerte damit nicht überschritten wurden. Der gesundheitliche Leitwert des Umweltbundesamtes für Trifluoressigsäure liegt bei 60.000 ng/L. „Die Wasserversorger werden immer gewährleisten, dass die gesetzlichen Trinkwassergrenzwerte eingehalten werden“, versicherte Weyand.

Hersteller sollen zahlen

Dennoch forderte er ein umfassendes Verbot der Stoffe, allerdings mit Übergangsregelungen und Ausnahmen in wichtigen Fällen. Immerhin belasteten die zunehmenden Schadstoffeinträge die Rohwasserressourcen. Das werde die Trinkwasseraufbereitung für die Wasserwirtschaft immer teurer machen, so Weyand. Mit Blick auf den Landkreis Rastatt sprach er von geschätzt rund 15 Millionen Euro an Kosten bis 2025 und von laufenden Kosten von 2,2 Millionen Euro.

BUND und BDEW forderten darüber hinaus, dass die Hersteller in die Pflicht genommen werden: Im Sinne des Verursacherprinzips schwebt ihnen ein Fonds vor, „in den die Hersteller und Inverkehrbringer von PFAS einzahlen müssen, um volkswirtschaftliche Kosten der PFAS-Verschmutzung zu übernehmen“.

Das Chemikalienrecht wird auf EU-Ebene geregelt. Bereits 2023 haben die Niederlanden, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen einen Beschränkungsvorschlag bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. BUND und BDEW sehen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Pflicht, zu handeln, um PFAS-Belastungen künftig zu vermeiden.

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