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Arbeitsgemeinschaft fordert mehr Teilhabe für Kinder und Jugendliche

Immer mehr junge Menschen fühlen sich von der Politik nicht ausreichend wahrgenommen. Das geht aus einem Monitor-Bericht der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe hervor. Sie sieht dringenden Handlungsbedarf.

von Carl-Friedrich Höck · 29. April 2025
Pressekonferenz AGJ

Vorstellung des Monitors mit Angela Smessaert (Stellvertretende Geschäftsführerin AGJ), Karin Böllert (Vorsitzende AGJ) und Moderatorin Irmgard Nolte

Die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) fordert Bund, Länder und Kommunen auf, die Interessen von Kindern und Jugendlichen stärker in den Blick zu nehmen. „Wir sind besorgt über die wachsende Zahl junger Menschen, die sich von der Politik nicht wahrgenommen fühlen“, sagte die AGJ-Vorsitzende Karin Böllert am Dienstag in einem Pressegespräch. Sie forderte, Kindern und Jugendlichen mehr Beteiligung und Mitbestimmung in politischen Prozessen zu ermöglichen. Auch finanziell müsse die junge Generation stärker berücksichtigt werden. Ausgaben für ihre Zukunft seien „keine Subventionen, sondern Investitionen in den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Verfasstheit unserer Gesellschaft.“

Monitor veröffentlicht

Anlass war die Vorstellung des „Deutscher Kinder- und Jugend(hilfe)monitors 2025“. Der Bericht formuliere Handlungsbedarfe für die Politik und analysiere Strukturen für eine zukunftsfähige Kinder- und Jugendhilfe, teilt die AGJ mit. Insgesamt wurden sechs gesellschaftspolitische Themenfelder analysiert: Demokratie, Generationengerechtigkeit, Vielfalt, Armut, Jungsein in Ostdeutschland und Fachkräftemangel. Für den Monitor wurden aktuelle Berichte und Studien der Sozial- und Bildungsberichterstattung ausgewertet.

Zum Beispiel werden im Monitor Studien des Deutschen Jugendinstituts zitiert, wonach 71 Prozent der jungen Menschen die Demokratie für die beste Staatsform halten, jedoch nur 45 Prozent auch glauben, dass sie gut funktioniert. Und nur 27 Prozent vertrauten der Bundesregierung.

„Sprachrohr für junge Menschen”

Die AGJ ist ein Zusammenschluss von Organisationen der Jugendhilfe auf allen Ebenen, also Bund, Ländern und Kommunen. Sie versteht sich auch als „Sprachrohr für die jungen Menschen“, wie Böllert betonte. Rund ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands sei jünger als 27 Jahre. Gemeinsam mit der stellvertretenden AGJ-Geschäftsführerin Angela Smessaert erhob Böllert mehrere Forderungen:

  • Ansätze einer eigenständigen Jugendpolitik – wie zum Beispiel Kinder- und Jugendparlamente oder -beiräte – sollen nach Meinung der AGJ weiterentwickelt werden. Und zwar „nicht in Form von Projekten“, wie Böllert betonte. Es brauche dauerhafte Strukturen. Zum Beispiel könne ein Kinder- und Jugendbeauftragter im Kanzleramt etabliert werden.
  • Die AGJ spricht sich für eine „armutsfeste Kindergrundsicherung“ aus.
  • Es soll ein „Nationaler Fonds für Kinder- und Jugendhilfe“ eingerichtet und mit mindestens zehn Milliarden Euro (verteilt über zehn Jahre) ausgestattet werden.
  • Um den Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe zu beheben, sollen die Ausbildungsbedingungen und die Bezahlung verbessert werden. Zudem sollen ausländische Qualifikationen einfacher anerkannt werden.
  • Die AGJ befürchtet, dass sich die Politik insbesondere in Ostdeutschland aus finanziellen Erwägungen aus der Kinder- und Jugendhilfe zurückziehen könnte. Doch gerade hier müsse sie nachhaltig gestärkt werden.

Kommunen besonders wichtig für Kinder und Jugendliche

Der Monitor mache deutlich, wie wichtig eine ausreichende Ausstattung der Kinder- und Jugendhilfe auch auf kommunaler Ebene sei, kommentierte die AGJ-Vorsitzende Böllert im Pressegespräch. Der Bericht enthalte viele Argumente, um die Kämmereien davon zu überzeugen. Zahlreiche Jugendamtsleitungen hätten sich der Forderung nach einem Nationalen Jugendhilfe-Fonds angeschlossen. Böllert betonte, dass es für Kommunen ein Standortvorteil sei, wenn Familien durch eine gute Infrastruktur unterstützt und begleitet würden.

Die AGJ-Vorsitzende rief Kommunen dazu auf, ihre Wohnungsbaupolitik stärker an den Interessen junger Menschen auszurichten: „Zu hohe Mieten, fehlende Möglichkeiten, Wohneigentum zu bilden – das bewegt junge Menschen sehr.“ Im Jugendalter sei es wichtig, „Verselbständigung praktizieren zu können“. Viele junge Menschen könnten aber nicht von zuhause ausziehen, weil für sie kein bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung stehe. Das berge die Gefahr, dass die Jungen sich in anderen Gemeinden umschauen und „dann für die Kommune auch verloren“ seien.

Die stellvertretende AGJ-Geschäftsführerin Smessaert ergänzte: „Gerade auf kommunaler Ebene ist es möglich, richtige Beteiligung zu machen, die etwas bewirkt.“ Die Städte und Gemeinden könnten Macht an junge Menschen abgeben, sodass diese sich als Mitgestalter*innen ihrer Kommune wahrnehmen.

Der Kinder- und Jugend(hilfe)monitor 2025 wurde aus Anlass des bevorstehenden Kinder- und Jugendhilfetages in Leipzig veröffentlicht.  Vom 13. bis 15. Mai werden in der sächsischen Metropole rund 30.000 Gäste zum Fachkongress und der damit verbundenen Messe erwartet.

 

Mehr Informationen
Der Kinder- und Jugend(hilfe)monitor 2025 kann hier als PDF heruntergeladen werden.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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