KfW-Kommunalpanel: Investitionsstau klettert auf 216 Milliarden Euro
Sanierungsbedürftige Schulen, marode Straßen: Der Investitionsbedarf der Kommunen wird immer größer. Im zurückliegenden Jahr ist er laut KfW-Kommunalpanel um fast 16 Prozent gewachsen. Das hat nicht nur finanzielle Gründe.
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Neubau einer Schule in Berlin: Um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung umzusetzen, müssen Kommunen in Schulen, Horts und Mensen investieren.
Alljährlich befragt das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) die Kämmereien der deutschen Städte und Gemeinden. Sie sollen einschätzen, wieviel sie investieren müssten, um die eigene Infrastruktur wieder in einen adäquaten Zustand zu bringen. Auftraggeber ist die Forschungsabteilung der Förderbank KfW.
Das nun veröffentlichte KfW-Kommunalpanel zeigt, dass der wahrgenommene Investitionsstau erneut gewachsen ist. Insgesamt beläuft sich die Summe auf 215,7 Milliarden Euro. Das sind 15,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
Großer Investitionsstau bei Schulen und Straßen
Den größten Investitionsrückstand sehen die Kommunen bei den Schulgebäuden. Hier beträgt der Rückstand 67,8 Milliarden Euro. An zweiter Stelle folgt die Straßen- und Verkehrsinfrastruktur mit 53,4 Milliarden Euro.
Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW, meint: „Der starke Anstieg bei den Schulgebäuden könnte mit dem gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem Jahr 2026 für Kinder im Grundschulalter zusammenhängen.“ Den Kommunen werde nun bewusst, dass sie hier noch Nachholbedarf hätten, wird Schumacher in einer Mitteilung der KfW zitiert. Difu-Geschäftsführer Carsten Kühl bestätigt das und ergänzt: „Vielerorts müssen jedoch die baulichen Voraussetzungen sogar erst noch geschaffen werden.“
Mehr als jede zweite Kommune gab an, einen nennenswerten oder gravierenden Investitionsrückstand bei den Schulgebäuden zu haben. Von den Städten mit mehr als 50.000 Einwohner*innen berichteten das sogar 90 Prozent. Besonders groß sind die Probleme in Nordrhein-Westfalen sowie im Südwesten Deutschlands, also in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland.
19 Prozent der Kommunen teilten mit, sie könnten sich den Unterhalt ihrer Infrastruktur nur in geringem Umfang oder gar nicht mehr leisten. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
Bürokratie und Personalmangel
Laut Dirk Schumacher spielen neben fehlendem Geld noch weitere Hürden eine Rolle, etwa Personalmangel in den Bauämtern und Bürokratie. Konkret nennt er komplexe Dokumentationspflichten und langwierige Genehmigungsverfahren. Deshalb können geplante Investitionen nicht immer umgesetzt werden. Im Jahr 2024 wollten die Kommunen eigentlich 47 Milliarden in ihre Infrastruktur stecken. Von den geplanten Investitionen wurden aber nur 30 Milliarden tatsächlich verausgabt. Im laufenden Jahr planen die Städte, Gemeinden und Landkreise, 48 Milliarden Euro an Investitionen auszugeben.
Der Präsident des Deutschen Städtetages Burkhard Jung nennt den Anstieg beim Investitionsstau „dramatisch“. Die Städte steckten in einer katastrophalen Finanzkrise. „Allein im vergangenen Jahr betrug das kommunale Defizit etwa 25 Milliarden Euro. Wir leben immer mehr von der Substanz.“
Das Sondervermögen für Infrastruktur könne diese Entwicklung zumindest abmildern, so Jung. Doch dafür müssten einige Bedingungen erfüllt sein. „Die für die Kommunen reservierten Gelder müssen schnell und unkompliziert vor Ort in den Städten und Gemeinden ankommen und dürfen nicht in den Länderhaushalten versickern“, unterstreicht der Städtetags-Präsident.
Für das KfW-Kommunalpanel werden die Kämmereien von Städten und Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohner*innen repräsentativ befragt, außerdem alle Landkreise. Seit 2009 wird so regelmäßig der wahrgenommene Investitionsrückstand ermittelt. Die Befragung für das nun veröffentlichte KfW-Kommunalpanel wurde zwischen Januar und März 2025 durchgeführt.
Mehr Informationen:
kfw.de
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.