Verfassungsgericht kippt Kommunalwahlgesetz in NRW
Die Reform des Kommunalwahlrechts in Nordrhein-Westfalen ist verfassungswidrig, entschied das Landesverfassungsgericht. Kleine Parteien haben damit einen juristischen Erfolg errungen.
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Das seit dem Jahr 2024 geltende Kommunalverfassungsgesetz verstößt laut einem Gerichtsurteil gegen die das Grundgesetz und die Landesverfassung.
Am 13. September 2025 stehen in Nordrhein-Westfalen die Kommunalwahlen an. Mitten in den Wahlkampf kommt nun eine Nachricht, die viele kleine Parteien freuen dürfte: Der Verfassungsgerichtshof für Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW) hat das geltende Kommunalwahlgesetz für verfassungswidrig erklärt.
Streit um Änderungen im Kommunalwahlgesetz
Der NRW-Landtag hatte am 4. Juli eine Änderung beschlossen, welche die Sitzverteilung verändert hat. Es wurde ein anderes Verfahren (sogenanntes „Rock-Verfahren“) eingeführt, wonach extreme Verzerrungen der Sitzzuteilung und überproportionale Rundungsgewinne kleiner Parteien reduziert werden sollten. Von dieser Reform hätten größere Parteien wie SPD und CDU/CSU profitiert. Ein Beispiel: eine Partei, die 1,5 Sitze hat, bekommt zwei Sitze im Landtag. Das wollte die schwarz-grüne Regierung verändern.
Dagegen hatten die Landesverbände der kleinen Parteien Volt, Piratenpartei, BSW, FDP, Die Linke sowie Die Partei ein Organstreitverfahren eingeleitet. Sie machten dabei geltend, dass ihre Rechte auf Chancengleichheit als politische Partei und auf Gleichheit der Wahl verletzt seien.
Gerichtsurteil: „Systematische Benachteiligung“
Die Landesverfassungsrichter folgten mehrheitlich diesen Argumenten. Die Neuregelung benachteilige kleinere Parteien systematisch, indem sie Aufrundungsgewinne allein den großen Parteien zuweise, hieß es in einer Mitteilung des Verfassungsgerichtshofs für NRW. Das neue System nehme „Abkehr … von dem allgemein als ausgewogen beschriebenen System, bei dem es mehr oder weniger zufallsabhängig war, ob eine Partei ‚Rundungsglück‘ oder ‚Rundungspech‘ hatte“, hieß es. Bisher war bei Kommunalwahlen das Sitzungsverteilungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers angewendet worden.
Der Systemwechsel bei der Sitzzuteilung sei nicht vereinbar mit dem Recht der Antragsstellerinnen auf chancengleiche Teilnahme an den Kommunalwahlen. Aus Sicht der Richter gab es keine zwingenden Gründe für eine Reform. Konkret verstößt das Kommunalwahlgesetz gegen 21 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit Art. 2 der Landesverfassung (LV) und auf Gleichheit der Wahl aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 78 Abs. 1 Satz 2 LV.
Knappe Entscheidung zum Kommunalwahlrecht
Das Urteil fiel allerdings knapp aus, nur vier der sieben Richter hielten die Reform der Kommunalwahlrechts in NRW für verfassungswidrig. Drei hatten eine abweichende Meinung: Das Rockverfahren sei „in der Gesamtbetrachtung ein verfassungsrechtlich unbedenkliches Berechnungssystem“, so die Mitteilung.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.