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Wie Kommunen mit einfachen Schritten mehr Nachhaltigkeit erreichen

Wie können Kommunen beim Klima- und Umweltschutz schneller vorankommen? Experten eines Fachgesprächs zum Thema Nachhaltigkeit auf dem DEMO-Kommunalkongress rieten, mit leichten Maßnahmen zu beginnen. 

von Carl-Friedrich Höck · 9. Juli 2025
Radfahrer auf Mountainbike an einem See

Sicherer Radverkehr, saubere Gewässer, gesunde Natur: Das und mehr muss beim Thema Nachhaltigkeit mitgedacht werden. (Symbolfoto)

Mit „Nachhaltigkeit und Umweltschutz” befasste sich ein Fachgespräch auf dem DEMO-Kommunalkongress. Dabei handele es sich um eine Querschnittsaufgabe, betonte der SPD-Politiker André Stinka zu Beginn. Klimaschutz und Klimaanpassung müssten zusammengedacht werden.

Stinka ist Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Für viele Bürger*innen sei das Thema Klimaschutz abstrakt, merkte er an. In den Kommunen werde es aber erfahrbar, etwa wenn die Bürger*innen an den Erlösen von Wind- und Solarkraft beteiligt würden. Oder wenn, wie in der Hattinger Straße in Bochum, eine Stadt umgebaut und so an den Klimawandel angepasst wird. Die alte Straße wurde modernisiert. Nun fangen dort Rigolen Regenwasser auf und Sensoren messen die Bodenfeuchtigkeit für die Bäume. „Dann sieht man, dass die Leute sich interessieren und sagen: Aha, das hat mit mir zu tun“, erklärte Stinka.

Klimaschutz: kleine Schritte statt komplexe Konzepte

Benjamin Wührl, Vertreter der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS NRW), stellte fest: „Wir haben kein Konzeptproblem.“ Lösungen wie Klimaanpassung und Stadtumbau seien bekannt. „Das Problem ist: Wir kommen nicht vom Fleck, weil die Projekte zu aufwendig sind.“ Die AGFS habe deshalb die Initiative „einfach mal einfach“ gestartet. 

Auch kleine Maßnahmen könnten die Verkehrssicherheit erhöhen und den Radverkehr fördern, sagte Wührl. Er empfahl Kommunen, sich auf zentrale Hauptrouten zu konzentrieren und dort Lücken zu schließen, um Straßen fuß- und fahrradfreundlicher zu gestalten. In der Vergangenheit sei Radverkehr oft nur „so als Nebenprodukt gemacht“ worden, etwa wenn eine Straße aufgerissen werden musste. Entsprechend lückenhaft seien die Ergebnisse. 

Nachhaltige Beschaffung als Hebel

Andreas Mucke war einst Oberbürgermeister von Wuppertal und ist heute Geschäftsführer von Circular Valley – einer Initiative mit dem Ziel, die Metropolregion Rhein-Ruhr zu einem Zentrum für Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Bei dem Thema hätten die Kommunen einen großen Hebel in der Hand, betonte Mucke. Die öffentliche Hand sei der größte Beschaffer in Deutschland. Wenn man da auf zirkuläre oder nachhaltige Produkte setze, könne man viel bewegen. Zum Beispiel im Bausektor, denn da würden 50 Prozent der Emissionen und Abfälle weltweit erzeugt. Die öffentliche Hand baue sehr viel.

Zu seiner Zeit als Rathauschef in Wuppertal habe die Stadt das Beschaffungswesen auf Nachhaltigkeit überprüft. Wenn man diesen Aspekt sichtbar mache, lasse sich auch ein höherer Preis rechtfertigen – wobei nachhaltige Lösungen langfristig oft günstiger seien. Wichtig sei, die Mitarbeiter mitzunehmen und ihnen die Angst vor Veränderungen zu nehmen. „Viele sind in der Bürokratie fest verhaftet“, räumte Mucke ein.

„Sozialdemokratische Erzählung” zur Umweltpolitik

Ulrich Paetzel, ehemaliger Bürgermeister von Herten und heute Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband, forderte eine sozialdemokratische Erzählung von Umweltpolitik. Die SPD müsse soziale Gerechtigkeit, nachhaltigen Fortschritt und ökologische Vernunft verbinden, um sich von CDU und Grünen abzuheben. „Das müsste ausbuchstabiert werden – das kann für jede Kommune unterschiedlich sein“, meinte Paetzel. Diese These diskutierten die Fachgespräch-Teilnehmenden leidenschaftlich.

Paetzel kritisierte zudem die Strukturen in Deutschland. In Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen seien kleine Gemeinden für Abwasserentsorgung, Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz zuständig. Das sei absurd. „Wie soll denn eine Gemeinde mit 3.000 bis 5.000 Einwohnern, die vielleicht eine kleine Kläranlage hat, jetzt eine vierte Reinigungsstufe umsetzen, den Hochwasserschutz gewährleisten und diese Fachkenntnis haben?“ In NRW gebe es Wasserverbände, aber auch dort habe man es nicht hinbekommen, den Hochwasserschutz einheitlich von den Kommunen an die Verbände zu übertragen. Die Emscher Genossenschaft mache sich gerade daran, die Klimaanpassungsmaßnahmen in einem Raum mit 16 Städten und 2,5 Millionen Einwohnern zu koordinieren.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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