Trinkwasser

Beim Umgang mit Wasser müssen wir vernetzt denken

Uwe Roth04. September 2023
0,22 Cent kostet der Liter Trinkwasser im Schnitt. Damit lässt sich eine sichere Versorgung auf Dauer nicht finanzieren.

Im Gegensatz zum Strom ist Wasser in den vergangenen Jahren kaum teurer geworden, obwohl wegen zunehmender Trockenperioden häufiger von Wassernotstand zu lesen ist. Die Landwirtschaft belastet die Wasserversorgung, weil insbesondere Sonderkulturen wie Gemüse ohne Regen schnell am Ende sind. Laut Statistischem Bundesamt kostet der Kubikmeter (m3) Trinkwasser im Schnitt zwei Euro. Zum Vergleich: ­Eine Badewanne umfasst 0,2 m3. Das sind 40 Cent.

Der Preis, den die kommunalen Versorger von den Haushalten verlangen dürfen, ist eine Aufwandsentschädigung. Sie dürfen mit dem Wasserpreis keine Gewinne machen und damit auch keine Reserven anlegen, um in die ­Zukunft investieren zu können.

Auf die Kommunen kommt einiges zu, damit sie weiterhin Trinkwasser in ausreichender Menge liefern können. Aktuell liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 128 Litern pro Tag (1990: 147 und 2013: 121 Liter). „Es wird zu Preisanpassungen kommen“, heißt es vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Ein Sprecher stellt fest: „Wasser hat nicht einfach nur einen Preis: Es hat einen Wert.“ Ob ein Literpreis von 0,2 Cent dem tatsächlichen Wert von Trinkwasser entspricht, bleibt eine offene Frage.

Zum Investitionsbedarf sagt er: „Schon heute werden jährlich acht Milliarden Euro in die Wasser-Infrastruktur investiert, Tendenz steigend. Rechnet man die Anpassung an den Klimawandel hinzu, wird es noch mehr.“ Leitungen, die in den 1950er oder 1960er Jahren gebaut wurden, kämen „an ihr natürliches Nutzungsende“ und müssten ausgetauscht werden. „Wir haben also zwei parallele Entwicklungen und müssen zwei Dinge gleichzeitig tun: die vorhandene Infrastruktur in Schuss halten und sie an die veränderten Erfordernisse durch den Klimawandel anpassen.“ Über den Wasserpreis können die Versorger den ­Verbrauch nicht steuern. Es bleibt bei Appellen, bei ausbleibendem Regen auf das Befüllen der Pools und das Bewässern des Rasens zu verzichten. „Eine Stunde Rasensprengen verbraucht etwa so viel Wasser wie ein Vier-Personen-Haushalt an zwei ­Tagen“, so der VKU-Sprecher.

Ver- und Entsorgung sind getrennt

Beim Umgang mit der Ressource Wasser hakt es an vielen Stellen. Die Ver- und Entsorgung sind getrennte Bereiche, werden getrennt abgerechnet, und es wird getrennt investiert. Aus VKU-Sicht müsste der Umgang mit Frisch- und Abwasser als Einheit betrachtet werden, „weil wir es mit einem komplexen System zu tun haben“. Der Verbrauch und die Aufbereitung von Wasser müsse vernetzt gedacht werden: Regenwasser sei nicht gleich Abwasser, nur weil es in die Kanalisa­tion gehe. Wasser für die Toilette müsse nicht Trinkwasser sein, nur weil man das gewohnt sei.

Versorger müssten stärker kommunizieren: Wer hat welchen Bedarf und welche Qualität ist nötig, um diesen zu decken? Ist überall Trinkwasser-Qualität erforderlich? Und inwieweit lassen sich durch Wasseraufbereitung Ressourcen sparen? „Das ist eine neue Herangehensweise“, sagt der VKU-Sprecher. In der Vergangenheit habe man einfach das vorhandene Wasser genommen. Künftig werde es so sein, dass ein Wasserversorger sich mit den Akteuren in seiner Region viel intensiver abstimmen müsse. Die Versorger müssten daran arbeiten, die Wasservorräte im Boden wieder aufzufüllen. Die Kommunen müssten es schaffen, mehr Wasser in der Fläche zu halten, gerade nach Starkregen.

Unbeantwortet ist die Frage, welcher Preis für die Industrie und die Landwirtschaft angemessen ist. Beide bekommen Rabatte. In einigen Bundesländern dürfen landwirtschaftliche Betriebe sich sogar kostenfrei aus dem Boden bedienen. Im Saarland, in Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen müssen sie eine Abgabe im niederen Cent-Bereich je Kubikmeter zahlen. In Rheinland-Pfalz und Bayern soll eine solche im kommenden Jahr eingeführt werden. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben sich dagegen die Landwirte durchgesetzt: das Thema Zahlen für Grund- und Brunnenwasser ist nach lauten Protesten nicht mehr auf der landespolitischen Tagesordnung.