Sozialdemokratische Kommunalpolitiker

Bundes-SGK richtet Fragen an Kandidierende für den SPD-Vorsitz

DEMO Redaktion19. September 2019
Auf einer Regionalkonferen
Auf einer Regionalkonferenz am 17. September in Berlin präsentieren sich die Kandidierenden für den SPD-Vorsitz den Mitgliedern.
Im Rennen um den SPD-Vorsitz melden sich die Kommunalpolitiker der Partei zu Wort. In einem Offenen Brief richtet die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) Fragen an die Bewerber und stellt politische Forderungen.

Sieben Zweierteams kandidieren noch für den Parteivorsitz der SPD. Derzeit touren sie quer durch die Republik und stellen sich auf Regionalkonferenzen den SPD-Mitgliedern vor. Diese entscheiden ab dem 14. Oktober über die neue Parteiführung. (Mehr zur Mitgliederbefragung lesen Sie auf vorwärts.de.)

Im Folgenden dokumentieren wir einen Offenen Brief der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) im Wortlaut.

Fragen an die Kandidatinnen und Kandidaten für den Parteivorsitz der SPD – Forderungen der Bundes-SGK an die Bundespolitik

Vorbemerkung:
In seiner Sitzung am 6. September 2019 hat der Vorstand der Bundes-SGK den Entwurf eines Positionspapiers beraten, in dem Forderungen der Bundes-SGK an die Bundespolitik, wie sie der Vorstand bereits anlässlich der Bundestagswahl 2017 und der Koalitionsbildung in 2018 und zuletzt auf der Delegiertenversammlung der Bundes-SGK im November 2018 beschlossen hatte, enthalten waren. Es bestand Einigkeit darüber, dass diese Forderungen in Frageform an die Kandidatinnen und Kandidaten für den Parteivorsitz gerichtet werden sollten, da eine einseitige Positionierung zu einer Kandidatur aus Sicht des Vorstandes der Bundes-SGK nicht angezeigt ist.

Frage 1:

Welche Bedeutung ist der kommunalen Selbstverwaltung in unserem demokratischen Staatsaufbau zuzumessen und was bedeutet dieses für den inhaltlichen und organisatorischen Erneuerungsprozess der SPD?

Die Bundes-SGK vertritt die Auffassung, dass zur inhaltlich programmatischen Erneuerung ein klares Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung gehört. Die meisten politischen Ziele der SPD lassen sich nur durch ihre Umsetzung in den Städten, Gemeinden und Kreisen verwirklichen. Hier muss die Infrastruktur angepasst, erneuert und ausgebaut werden, hier muss die öffentliche Daseinsvorsorge gesichert und der Sozialstaat vorsorgend ertüchtigt werden. Sozialdemokratische Kommunalpolitik verfügt über ein großes Innovationspotenzial und entwickelt regelmäßig umsetzbare Lösungen vor Ort. Die Kommunen leisten mit ihren Möglichkeiten Erhebliches und sind die Garanten für ein gutes Leben von Morgen.

Bund, Länder und Europa müssen die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit ein dezentral organisiertes, föderales und subsidiäres Staatswesen in den Kommunen die notwendige Handlungsfähigkeit behält und erlangt. Diese Handlungsfähigkeit muss in allen Teilräumen der Bundesrepublik – und darüber hinaus geblickt, in einer starken Europäischen Union – verwirklicht werden. Der solidarische Ausgleich zwischen starken und schwachen Regionen mit dem Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Stärkung der Kommunen und ihrer Handlungsfähigkeit ist keine an sektoralen Interessen oder Zielgruppen orientierte Angelegenheit. Es handelt sich um eine grundlegende Frage der Funktionsfähigkeit unseres Gemeinwesens. Die Selbstverwaltungsgarantie des Artikels 28 unseres Grundgesetzes muss genauso wie die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung immer wieder neu mit Leben gefüllt werden.

Frage 2:

Wie soll eine auskömmliche Finanzausstattung aller Kommunen hergestellt und gesichert werden, um die kommunale Ebene zu den notwendigen Zukunftsinvestitionen zu befähigen?

Die Bundes-SGK fordert deshalb vom Bund eine nachhaltige Entlastung der Kommunen bei sozialen Ausgaben. Dabei ist die Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft die zielgenaueste Hilfe (Bereitschaft zur Änderung des Inkrafttretens des Status einer Bundesauftragsverwaltung bei mehr als 50prozentiger Kostenbeteiligung des Bundes auf einen deutlich höheren Prozentanteil, z.B. bei 80 Prozent).

Um besonders struktur- und finanzschwachen Städten und Gemeinden überhaupt die Handlungsfähigkeit zurückzugeben fordert die Bundes-SGK darüber hinaus eine Beteiligung des Bundes bei der Ablösung von Altschulden.

Der Bund muss für die strikte Einhaltung der Konnexität bei verbesserten sozialen Leistungen, z.B. hinsichtlich der noch zu erfolgenden Evaluation der Kostenwirkungen des Bundesteilhabegesetzes, der Evaluation der Pflegestärkungsgesetze, wie auch der Kompensation kommunaler Belastungen z.B. durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz Sorge tragen.

Frage 3:

Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden um den Investitionsstau in den Kommunen aufzulösen, die notwendige Verkehrswende umzusetzen und die Auswirkungen des Klimawandels und die damit auf die Kommunen zukommenden Anforderungen an den Klimaschutz sozial gerecht zu gestalten?

Die Bundes-SGK ist der Meinung, dass es einer erweiterten finanzielle Untersetzung eines erneuerten gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen, Städte und Gemeinden im Rahmen der regionalen Wirtschaftsförderung und anderer europäischer und nationaler Fördersysteme (EFRE, ELER, ESF, GAK, GRW, Nationale Stadtentwicklung und Städtebauförderung ...) bedarf.

Der Bund muss durch einen verstärkten Infrastrukturausbau in allen Regionen, Sorge für die Nachbesserung beim Breitbandausbau und dem gleichberechtigten Ausbau von Mobilfunknetzen in den freigegebenen Funkfrequenzen tragen.

Die Umsetzung der Verkehrswende muss mit dem notwendigen Ausbau des ÖPNV und einer Verbesserung der Mobilitätsangebote im ländlichen Raum deutlich höher und nachhaltig vom Bund mitfinanziert werden.

Der Bund ist gefordert, zur Umsetzung der Klimaziele in den Kommunen und zur Förderung von notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen das nationale Klimaschutzprogramm weiterzuentwickeln.

Frage 4:

Die Kommunen tragen in erheblichem Maße dazu bei, dass der soziale Frieden in der Gesellschaft gesichert wird. Welche Maßnahmen sind zukünftig von Nöten, um die Kommunen in die Lage zu versetzen ihre Aufgaben zur sozialen Sicherung der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten?

Die Bundes-SGK ist der Meinung, dass der Bund dauerhaft eine auskömmlichen Finanzierung der Förderung der Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen durch einen sozialen Arbeitsmarkt (siehe Teilhabechancengesetz mit der Einführung eines Regelinstrumentes und Erhöhung des Eingliederungstitels der BA) sichern muss.

Die Fortsetzung der Bundesbeteiligung an der Finanzierung der Lasten der Integration von Migranten und Flüchtlingen und unbegleiteten Minderjährigen, aber insbesondere auch für nicht anerkannte aber geduldete Flüchtlinge, muss durch den Bund gesichert werden.

Der Bund sichert auch künftig die notwendigen Finanzhilfen beim weiteren Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur.

Frage 5:

Steigende Mieten und fehlender Wohnraum in einigen Ballungszentren, Wohnungsleerstände, Schrottimmobilien und abgehängte Stadtquartiere und Dörfer dagegen in anderen Regionen stellen die Kommunen vor erhebliche Herausforderungen. Was sind die sozialdemokratischen Antworten auf diese stetig wachsenden Problemlagen?

Die Bundes-SGK fordert, dass der Bund seine Hilfen für den dauerhaften Erhalt und den Ausbau der Bestände des sozialen Wohnungsbaus langfristig verstetigt. Darüber hinaus ist eine Dynamisierung der Anpassung des Wohngeldes an erhöhte Mieten und Ablösung der KdU durch Wohngeldleistungen (früheres Tabellenwohngeld), das durch Bund und Länder refinanziert wird, erforderlich. Schließlich gilt es, die Möglichkeiten des Stadtumbaus und der Bekämpfung von Leerständen mit den Instrumenten der Städtebauförderung zu begegnen und diese entsprechend auszustatten.

weiterführender Artikel