Corona-Pandemie

Debatte um Erleichterungen für Geimpfte

09. April 2021
Personen warten auf eine Corona-Impfung im Impfzentrum Schöndefeld in Berlin. Nun wird diskutiert, welche Erleichterungen Geimpften gewährt werden könnten.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Justizministerin Christine Lambrecht befürworten Erleichterungen für Corona-Geimpfte. Grund dafür sind neue Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts. Der Städte- und Gemeindebund unterstützt dies.

Seit Ende Dezember werden in Deutschland Menschen gegen Covid-19 geimpft, zunächst mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer, später auch mit den Impfstoffen von Moderna und AstraZeneca, demnächst kommt voraussichtlich Johnson&Johnson hinzu. Bereits einen Monat später, im Januar, sorgte Außenminister Heiko Maas für Aufsehen. Der SPD-Politiker hatte Erleichterungen für Menschen gefordert, die bereits vollständig gegen Corona geimpft wurden. Doch die Debatte ebbte kurze Zeit später wieder ab – zum einen gingen die Impfungen zu diesem Zeitpunkt nur langsam voran, zum anderen war noch nicht abschließend geklärt, inwieweit Geimpfte das Virus trotzdem noch auf andere Menschen übertragen können.

Lambrecht und Scholz für Erleichterungen

Zumindest beim zweiten Punkt gibt es inzwischen mehr Klarheit. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des Robert-Koch-Instituts sieht kaum noch ein Übertragungsrisiko bei vollständig Geimpften. Das betrifft zwar bislang nur gut fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland. Dennoch ist in den vergangenen Tagen die politische Debatte über Erleichterungen für Geimpfte erneut in Gang gekommen. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte etwa der „Bild“-Zeitung: „Wenn jetzt wissenschaftlich belegt wird, dass von Geimpften keine höhere Gefahr für andere ausgeht als von negativ getesteten Personen, entfällt eine wichtige Begründung für die Einschränkung ihrer Grundrechte.“

Ähnlich argumentiert SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz im Video-Interview mit der „Welt“: „Es gibt eine klare Aussage von mir, aber auch von vielen anderen seit vielen Wochen, dass in dem Augenblick, in dem wir feststellen, dass Geimpfte ein geringeres Ansteckungsrisiko mit sich führen, das auch bedeutet, dass jemand, der geimpft ist, behandelt werden sollte, wie jemand, der gerade getestet worden ist.“ Die nun vom Robert-Koch-Institut veröffentlichte Erkenntnis über die geringere Ansteckungsgefahr von Menschen, die vollständig geimpft worden sind, müsse nun „handlungsleitend“ für die Beratungen der Bundesregierung mit den Bundesländern sein, argumentiert Scholz.

Städte- und Gemeindebund unterstützt Erleichterungen für Geimpfte

Der Städte- und Gemeindebund unterstützt die Idee. "Wenn sichergestellt ist, dass bereits geimpfte Personen nicht mehr ansteckend sind, sollten sie auch von den notwendigen Maßnahmen ausgenommen werden und beispielsweise keinen verpflichtenden Test mehr vor Einkauf oder Restaurantbesuch machen müssen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.  Dies würde zudem seiner Ansicht nach den Anreiz, sich impfen zu lassen, noch einmal deutlich erhöhen.

Konsequenzen zurzeit noch unklar

Was das konkret bedeutet, könnte Gegenstand der nächsten Ministerpräsident*innenkonferenz sein, die am Montag, 12. April, um 14 Uhr beginnt. Die Erleichterungen für Geimpfte könnten beispielsweise bedeuten, dass diese ohne vorherigen Corona-Schnelltest einkaufen gehen könnten. Auch für Reisen könnten Test- und Quarantänepflicht wegfallen. Zudem könnte eine Öffnung von Cafés und Restaurants für Geimpfte möglich sein. Abstandsgebot und Maskenpflicht sollten jedoch weiterhin für alle gelten, argumentieren Virolog*innen. Ein weiterer Schritt könnte der geplante digitale europäische Immunitätsnachweis sein. Nach den Plänern der EU-Kommission soll dieser bis zum 1. Juni in Form eines sogennanten grünen Zertifikats kommen. In den einzelnen EU-Staaten besteht allerdings bislang keine Einigkeit darüber, welche genauen Auswirkungen der Nachweis für die Bewegungsfreiheit der Bürger*innen haben wird.

Darüber hinaus besteht die Frage, inwiefern Erleichterungen für Geimpfte gleichzeitig dazu führen könnten, dass manche Impfstoffe in der Bevölkerung beliebter als andere werden. Denn der vollständige Impfschutz tritt nach Expert*innenmeinung etwa 15 Tage nach der zweiten Impfung ein. Beim Mittel von AstraZeneca, das in Deutschland zurzeit nur für Menschen über 60 Jahren empfohlen wird, liegt der Zeitraum zwischen den beiden Impfungen allerdings bei bis zu zwölf Wochen, während die von Biontech/Pfizer beziehungsweise Moderna entwickelten Vakzine im Abstand von drei bis vier Wochen zweimal verimpft werden. Beim Impfstoff von Johnson&Johnson reicht gar ein einziger Impftermin aus.