Serie Friedliche Revolution

Die DEMO: Begleiterin der Einheit

Carl-Friedrich Höck03. Oktober 2019
Im November 1989 protestieren Menschen vor der Berliner Mauer für die Wiedervereinigung.
Zwischen dem Mauerfall 1989 und der Deutschen Einheit im Oktober 1990 lagen Monate des Umbruchs. Das spiegelt sich auch in der damaligen Berichterstattung der DEMO wieder. Das sozialdemokratische Kommunalpolitik-Magazin hat den demokratischen Aufbauprozess in der DDR unterstützt.

Im Oktober 1989 steht die DDR am Scheideweg. Die SED zelebriert den 40. Geburtstag der Republik, zugleich demonstrieren Tausende Menschen für Freiheit und Demokratie. Die „Demokratische Gemeine“, kurz: DEMO, feiert ebenfalls ihr 40. Jubiläum. Dass wenige Wochen später die Mauer fallen wird, weiß da noch niemand. Im Gegenteil: In den Worten von Chefredakteur Ansgar Burghof klingt die Sorge mit, der Kalte Krieg könnte eskalieren. „Zum Dialog mit der DDR gibt es, gerade jetzt, keine ­Alternative“, mahnt er im Editorial.

Zwei Monate später zeigt das DEMO-Titelbild ausgelassen feiernde Menschen auf der Berliner Mauer. Und Chefredakteur Burghof staunt: „Uns stockt der Atem. So schnell kann Geschichte bisher Gedachtes über den Haufen werfen.“ Auch die SED-Herrschaft im Osten bricht nun in sich zusammen. Die DEMO-Redaktion ist regelrecht euphorisiert, spricht von einem sozialdemokratischen Aufbruch.

Große Hilfsbereitschaft

Den deutsch-deutschen Städtepartnerschaften komme nun eine besondere Aufgabe zu, schreibt das Magazin. „Der Übersiedlerstrom in den Westen macht sich in allen Bereichen von Wirtschaft und öffentlichem Leben bemerkbar, weil dem Staat die zumeist gut ausgebildeten Arbeitskräfte fehlen.“ Auf kommunaler Ebene sei in der Bundesrepublik eine bislang unbekannte Hilfsbereitschaft zu beobachten, die von den Bürgern mitgetragen werde, ist zu lesen. „Die Stadt Hannover zum Beispiel schickte zwei Lastwagen mit medizinischen Einrichtungen im Wert von 400.000 Mark auf die Reise in die Partnerstadt Leipzig.“ Und weiter: „Von Gesetzestexten über Wahlzettel, Satzungen, Südfrüchte, Papier, Heizkörper, Baugerüste bis hin zu technischem Know-how reichen die Hilfen bundesdeutscher Städte für ihre Partner in der DDR.“

Anders als bisher müssen Städtepartnerschaften Anfang 1990 nicht mehr von der Ostberliner Regierung genehmigt werden. Das Interesse im Westen ist riesig. Die SGK warnt sogar vor einer „Inflation an Partnerschaften“ als „emotionaler Schnellschuss“. Denn eine Partnerschaft bedeute langfristige Kärrnerarbeit, wenn sie beiden Seiten Ergebnisse bringen solle.

„Von den Kommunen ist alles neu zu schaffen”

DEMO April 1990
Die April-Ausgabe 1990 stand ganz im Zeichen des Mauerfalls und seiner Folgen.

Die DEMO fordert ihre Leser auf, Patenschaftsabos für Freunde in der DDR abzuschließen. Die Ereignisse in der untergehenden DDR füllen immer mehr Sonderseiten. Damit will das Magazin auch Aufbauhilfe für die neu gegründete Ost-SPD leisten. Und es ist viel zu tun. Das unterstreicht Ost-SPD-Vize Markus Meckel in einem Interview (Ausgabe 4/1990): „Von den Kommunen ist eigent­lich alles neu zu schaffen. Das fängt an beim Bauwesen und geht über die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe bis hin zu den drängenden sozialen Aufgaben. Nicht zu vergessen sind Verwaltungsstruktur, Ökologie, Landschaftsgestaltung und Ortssanierung durch die Förderung von Privatinitiative. Es gibt keinen Bereich unserer Gesellschaft, in dem Selbstbestimmung nicht erst gelernt werden muß.“

Vom Sommer 1990 an weicht die Einigungseuphorie zunehmend dem Blick auf praktische Alltagsprobleme. Die DDR-Städte stünden vor der Pleite, ist in der DEMO zu lesen. Und im Westen warnt der Deutsche Städtetag: „Die Städte sind (…) besorgt, daß ihnen im Zuge der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der DDR eine finanzielle Belastung zugedacht wird, die ihre Kräfte und Möglichkeiten überschreitet.“ Die Septemberausgabe wirft auf dem Titel die Frage auf: „Passt zusammen, was zusammenpassen soll?“

Unterstützung beim Neuaufbau

Im Editorial schreibt Chefredakteur ­Burghof: Die DEMO sei nun flächendeckend in der DDR vertreten. „Damit folgen wir dem riesigen Informationsbedürfnis, das uns immer wieder signalisiert wird. Ohne fundierte und kompetente Information, so sagen uns die verantwortlichen Kommunalpolitiker in der DDR, ist der Aufbau einer demokratischen kommunalen Selbstverwaltung schlechterdings unmöglich.“ Ab September 1990 beliefert das Magazin 4.000 kommunale Mandatsträger in den Neuen Bundesländern vier Monate lang kostenlos.

Zu diesem Zeitpunkt steht fest, dass die DDR zum 3. Oktober 1990 in die Bundesrepublik eingegliedert werden wird. Burghof kommentiert es mit den Worten: „Die Einheit Deutschlands wird nicht an einem fixierten Datum historisches Faktum, sie ist vielmehr ein Prozeß. Und dieser Prozeß beginnt erst.“ Die ­DEMO wird ihn in den Folgejahren weiter begleiten – und tut es immer noch.