Digitaltag 2023

Wie die digitale Spaltung überwunden werden kann

Carl-Friedrich Höck15. Juni 2023
Wenn es an digitalen Kompetenzen fehlt, hilft oft die eigene Familie oder der Freundeskreis weiter.
Jede*r zweite Deutsche hat Angst, dem digitalen Wandel nicht folgen zu können. Doch es gibt gute Beispiele, wie digitale Kompetenzen gefördert werden können – auch auf kommunaler Ebene.

Am 16. Juni ist Digitaltag. Mit dem Aktionstag will die Initiative „Digital für alle“ auf Angebote aufmerksam machen, wie digitale Teilhabe gefördert werden kann. Das Bündnis besteht aus 28 Organisationen, darunter auch die kommunalen Spitzenverbände.

Sorge, abgehängt zu werden

Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt eine aktuelle Umfrage des Digitalverbandes Bitkom. Demnach sind 60 Prozent der Deutschen der Meinung, dass das Land digital gespalten ist. Die Hälfte der Bevölkerung hat Angst, der technischen Entwicklung nicht folgen zu können. Und jede*r sechste würde sogar lieber in einer Welt ohne digitale Technologien leben.

Gleichzeitig sind sich fast alle Befragten einig, dass digitale Technologien aus den meisten Lebensbereichen heute nicht mehr wegzudenken sind. 84 Prozent sehen die Digitalisierung als Chance für die Gesellschaft. Die Entwicklung wird in rasantem Tempo weitergehen. Bitkom-Präsident Achim Berg ist überzeugt: „In 10 bis 15 Jahren wird jede, wirklich jede Tätigkeit mit Künstlicher Intelligenz zu tun haben.“

Viele bringen sich digitale Kompetenzen selbst bei

Wer nicht den Anschluss verlieren will, muss sich beständig weiterbilden. Die meisten tun das auch, wie aus der Umfrage hervorgeht. Vier von fünf Menschen in Deutschland stärken ihre digitalen Kenntnisse und Fähigkeiten, indem sie digitale Technologie selbst ausprobieren oder sich anleiten lassen. Jeweils rund 70 Prozent der Befragten bringen sich Neues selbst bei oder lassen es sich von Freund*innen, Familienmitgliedern und Bekannten erklären.

Seminare und Schulungen werden seltener genutzt, doch auch sie spielen eine wichtige Rolle. Rund jede*r Dritte besucht sie, um digitale Kompetenzen auszubauen. Ältere tun sich mit der fortschreitenden Digitalisierung besonders schwer. Mehr als die Hälfte der über 75-Jährigen gibt an, in dieser Hinsicht nichts Neues mehr dazuzulernen.

Plattform sammelt Best-Practice-Beispiele

Um bestehende Bildungsangebote sichtbarer zu machen, hat die Initiative „Digital für alle“ eine „Digitale Lernreise“ veröffentlicht. Auf einer Website wurden erfolgreiche Praxisbeispiele von Wohlfahrt, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und öffentlicher Hand zusammengetragen. Zum Beispiel wurde in einem Rostocker Stadtteilzentrum eine Anlaufstelle für ältere Menschen geschaffen. Ehrenamtliche beraten und helfen bei kleinen Problemen mit Smartphone oder Tablet. Die Stadtbücherei Wittlich hat ein leerstehendes Ladenlokal in einen „Makerspace“ verwandelt. Hier können insbesondere Jugendliche aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Familien mit 3D-Druckern und PCs arbeiten.

„Wir müssen die sogenannten Brennpunkte gut erreichen“, mahnt Kathrin Sonnenholzner an. Sie ist Vorsitzende des Präsidiums des AWO-Bundesverbands. Digitale Teilhabe sei auch eine Frage des Geldbeutels, weil Endgeräte und Internetzugänge viel Geld kosteten.

Die Initiative „Digital für alle“ setzt sich unter anderem dafür ein, Kitas, Schulen und Betreuungsangebote technisch gut auszustatten. Das Personal in solchen Einrichtungen müsse in digitalen Fragen gut geschult sein, damit die Angestellten als Multiplikator*innen dienen und Wissen vermitteln können. Dazu solle unter anderem mehr Zeit für kontinuierliche Aus- und Weiterbildungen eingeplant werden.

Nicht nur kostenlose Angebote

Es sei wichtig, Schwellenängste abzubauen, meint Uwe Brandl, der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Er sieht die Software-Entwickler in der Pflicht, „deutlich einfachere Programme zu schneidern die von vorneherein selbsterklärend sind.“ Außerdem müssten möglichst kostengünstige Möglichkeiten geschaffen werden, sich in digitale Kompetenzen anzueignen. Brandl appelliert aber auch an die Eigeninitiative der Menschen. „Generell davon auszugehen, dass Staat alles kostenfrei zur Verfügung zu stellen hat, geht nach meiner Ansicht zu weit.“ In der Bitkom-Studie hatten 61 Prozent der Befragten angegeben, sie wünschten sich mehr kostenfreie Schulungen und Weiterbildungen.

Nachholbedarf haben die Befragten nach eigener Einschätzung besonders beim Thema Cybersicherheit. Nur 41 Prozent trauen sich zu, sich vor Hackern und Cyberkriminellen zu schützen. 63 Prozent wissen, wie sie Privatsphäre-Einstellungen anpassen und 68 Prozent können Videoanrufe durchführen. Immerhin 90 Prozent der Umfrageteilnehmenden sehen sich in der Lage, im Internet gezielt Informationen zu finden.

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