Integration

Fahrräder für Geflüchtete in Pfaffengrund

Mathias MichalskiClaus Wichmann10. August 2017
Junge Flüchtlinge reparieren Fahrräder in Pfaffengrund, einem Stadtteil von Heidelberg.
Mit Hilfe des SPD-Ortvereins Pfaffengrund können Jugendliche in Pfaffengrund Fahrräder reparieren. Ein Praxisbericht.

Der SPD-Ortsverein Pfaffengrund ist die rote Herzkammer der Heidelberger SPD – und wir haben ein Projekt gestartet. Eine Motivation für andere, sich für Notwendiges zu engagieren und Mithilfe von Menschen mit wenig Freizeit zu erschließen. Der beste Beweis für die Absicht ist die Tat, heißt es schon bei Hegel. Getreu diesem Motto haben wir gehandelt, als wir hörten, dass eine Wohngruppe unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge in unseren Stadtteil einzieht. Wie sensibel dieses Thema ist und wie leicht man durch Versäumnisse schnell gegen Unterstellungen und Befürchtungen agieren muss, haben wir dabei gelernt.

Der Pfaffengrund ist eine sogenannte Gartenstadt-Siedlung, die nach dem ersten Weltkrieg entstand – für Arbeiter, kleine Angestellte und Arbeitslose. Bedingt durch zwei Flüchtlingswellen in Folge der beiden Weltkriege entstand hier ein grüner Stadtteil, angrenzend zum größten Industriegebiet Heidelbergs. Traditionell mit den höchsten Wahlergebnissen städtisch und im landesweiten Vergleich für die SPD, aber auch mit Bestwerten bei der vergangenen Landtagswahl für die AfD.

Bewährtes Miteinander

Schon lange gibt es im Stadtteil Unterkünfte für Asylbewerber und Notwohnungen für rund 300 Personen und der Umgang gab nie Anlass für Konflikte, da das soziale Miteinander im Stadtteil sehr gut funktioniert. Daher war es selbstverständlich, sofort, nachdem Informationen über die Ankunft der minderjährigen Flüchtlinge aufkamen, zu handeln. Sehr schnell kam es zu einer Vor-Ort-Begehung, es folgte ein Treffen mit Bezirksbeirat, Jugendamt, dem Träger der Einrichtung und Stadtteilverein, initiiert über die örtliche SPD und deren SPD-Stadtrat.

Die Wohngruppe besteht aus zehn Jugendlichen aus mehren Nationen. Die Altersstruktur reicht von 15 bis 18 Jahre. Spracherwerb und kulturelle Integration stehen im Vordergrund der Arbeit mit den Jugendlichen. Außerdem sollen sie eine Schule besuchen, um Ausbildungsperspektiven zu eröffnen. Betreut werden sie von der Zefie GmbH und einem Team, das eine Vollzeitbetreuung gewährleistet. Nachdem die Verwaltung eingesehen hatte, künftig durch frühzeitige Information eventuellen Spannungen den Wind aus den Segeln zu nehmen, ging es um praktische Fragen. Akut fehlten insbesondere Fahrräder und wir von der SPD beschlossen, das Problem zu lösen.

Es war mühsamer als zunächst gedacht. Positiv war, dass einer der örtlichen Fahrradhändler sich bereit erklärte, die Ersatzteile zu spenden und bei größeren Reparaturen Mithilfe zu leisten. Unser Stadtrat nutzte einen Wochenbeitrag im städtischen Mitteilungsblatt und bat um fahrfähige, nicht mehr gebrauchte Räder. Bislang konnten wir zwölf Fährräder ausliefern. Die Hälfte ist repariert, weitere Räder sind zugesagt. Die größeren Reparaturen stehen noch an. Wir werden noch ein paar Wochen zu tun haben, bis das Projekt abgeschlossen ist. Die Jugendlichen reparieren die Räder selbst, unter fachlicher Anleitung. Verkehrsunterricht scheint angebracht und wird von uns organisiert. Es stimmt: Die Jugendlichen brauchen professionelle Betreuung. Wir können das nicht leisten, aber wir können die Dinge beibringen – oder erbringen, wo das Ehrenamt über Netzwerke und kurze Wege einfach schneller ist.

Fazit: Man kann viel darüber reden, wie Flüchtlinge betreut werden sollten. Einfach mal tun! Nicht jeder kann Zeit erübrigen, aber viele können etwas abgeben oder ermöglichen. Uns scheint es primär wichtig, ein überschaubares, umsetzbares Ziel zu definieren und das auch in die Tat umzusetzen. Letztendlich wurde deutlich, dass die Anzahl derjenigen, die bereit sind praktisch zu helfen und mitzuwirken, größer ist als die derer, die ohne echte Erfahrung über Menschen urteilen. Übrigens: Die überzähligen Räder, die wir organisiert und mit den jugendlichen Flüchtlingen wieder auf die Straße gebracht haben, gehen dann an weitere Einrichtungen.

Der Text erscheint mit freundlicher Genehmigung der SGK Baden-Württemberg.