Prozess am Verwaltungsgericht Freiburg

„Freiwillig Tempo 30” – sind solche Schilder erlaubt?

Christian Rath16. Oktober 2023
So sieht ein reguläres Tempo-30-Schild aus. Manche Anwohnende nutzen ganz ähnliche Schilder – mit dem Zusatz „freiwillig”.
Dürfen Anwohner mit Fantasie-Schildern um langsames Fahren bitten? Das muss jetzt das Verwaltungsericht Freiburg entscheiden.

Der Fall spielt auf der Halbinsel Höri am Bodensee. Dort wird schon lange über die generelle Einführung von Tempo 30 innerorts diskutiert. Doch den Behörden fehlte eine Rechtsgrundlage hierfür. Deshalb bestellte der Grünen-Ortsverband Höri 30 Metallschilder, die er an Anwohner verteilte: Sie zeigten einen roten Kreis mit der Zahl 30 in der Mitte, wie bei einem staatlichen Tempo 30-Schild. Doch über dem Kreis stand groß „Freiwillig” und darunter waren skizzierte Kinder zu sehen.

Amt sieht Verwechslungsgefahr

Das Landratsamt Konstanz forderte die Anwohner auf, die Schilder abzunehmen. Es bestehe eine Verwechslungsgefahr mit echten Verkehrsschildern. Das Amt drohte auch ein Zwangsgeld an. Die meisten Schilder verschwanden danach, doch drei Familien gaben nicht nach und erhoben eine Feststellungsklage, dass ihre Bitten um Rücksichtnahme legal seien. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die ihren Sitz im nahegelegenen Radolfzell hat, unterstützte die Kläger. Sie vertreibt inzwischen selbst ähnliche Schilder.

Vor dem Verwaltungsgericht Freiburg plädierte an diesem Montag DUH-Anwalt Remo Klinger für die Rechtmäßigkeit der Schilder, es bestehe keine Verwechslungsgefahr. Schon das Wort „freiwillig” mache deutlich, dass es keine offiziellen Schilder seien. Außerdem seien diese meist ganz untypisch angebracht. Eines war an einem Schuppen angeschraubt, ein anderes stand in einem Beet. Teilweise war der rote Kreis zu einem rot-grünen Kreis verändert worden. „Es handelte sich hier offensichtlich um Fantasieschilder, wie sie aber bundesweit üblich und auch akzeptiert sind”, betonte Anwalt Klinger.

Klage womöglich unzulässig

Die Schilder stehen immer noch. Kläger Christian Kronenbitter hat beobachtet: „Die Touristen fahren wirklich langsamer, die Berufspendler aber nicht.” Dass sein Schild die Verkehrssicherheit gefährdet, leuchtet ihm nicht ein. „Im Gegenteil: Wenn langsamer gefahren wird, ist das doch gut für die Verkehrssicherheit.” Außerdem gehe es ihm aber auch um den Verkehrslärm. Schnellere PKW seien einfach lauter, so der Kläger.

Das VG Freiburg will bereits an diesem Dienstag den Urteilstenor mitteilen. Möglicherweise ist die Klage unzulässig, weil die Anwohner nicht auf einen förmlichen Verwaltungsakt des Landratsamts gewartet haben. Kläger Kronenbitter erklärte: Er habe sich bereits durch die Androhung des Zwangsgelds eingeschüchtert gefühlt. Michael Greineck, der Vertreter des Landratsamts, betonte, es habe sich nur um ein harmloses Informationsschreiben gehandelt.

Unterdessen hat auch die Bundesregierung reagiert und einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Kommunen mehr Spielräume geben will, unter anderem zur Einrichtung von Tempo-30-Zonen. Just am Montagnachmittag fand dazu eine Expertenanhörung im Bundestag statt.

Update 17. Oktober 2023:

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Klage der Anwohner, die die Schilder aufgestellt haben, abgelehnt. Eine Begründung liegt noch nicht vor. In einer Pressemitteilung hat das Gericht jedoch angedeutet, dass es die Klage schon als unzulässig bewertet.

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