Wasserwirtschaft

„Die Gebühren sind seit über 15 Jahren stabil“

Karin Billanitsch07. Juli 2016
Wasserwerk Tettau, Innenleben.
Blick auf das Inneneleben des modernen Wasserwerkes in Tettau.
Die Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH, kurz WAL-Betrieb, ist zuständig für die technische und kaufmännische Betriebsführung der wasserwirtschaftlichen Anlagen des Wasserverbandes Lausitz. In der Region gibt es Herausforderungen wie den demografischen Wandel oder auch den Grundwasserwiederanstieg in der Bergbaufolgelandschaft. Ein Gespräch mit Julia Behrendt, Geschäftsführerin der WAL-Betrieb, einem 100-prozentigen Tochterunternehmen der Remondis Aqua GmbH & Co. KG.

DEMO: In Deutschland ist ein Trend zur Rekommunalisierung im Bereich der Ver- oder Entsorgung zu beobachten. Wie sehen Sie das?

Wir sind als privates Unternehmen der Wasserwirtschaft aufgestellt. Wir treten dafür ein, dass solche Leistungen auch in den Wettbewerb gestellt werden. Wir sind überzeugt, dass wir durch unser Know-how, die Erfahrung und die Spezialisierung auf dieses Geschäftsfeld den Kommunen einen Mehrwert bieten können.

Sprechen sie den kommunalen Unternehmen dieses Know-how ab?

Das ist oft einfach eine Frage von Struktur und Größe einer Organisation. Wie effizient werden Netze und Anlagen betrieben? Natürlich gibt es auch sehr gut geführte kommunale Betriebe. Aber wir können durch die Bündelung bestimmter Kompetenzen gepaart mit überregionalen Aktivitäten und der Nutzung von Synergien Erfolge erzielen.

Julia Behrendt, Geschäftsführerin der Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Zum Beispiel durch die Bündelung von Einkaufskompetenzen oder Nutzung von Ingenieursfachwissen in der Gruppe REMONDIS Aqua. So kann man ganz anders agieren, als viele Kommunen, die nicht dieses Mitarbeiterpotenzial im Hintergrund haben.

Schildern Sie bitte die Situation vor Ort in der Lausitz.

Wir haben ein Versorgungsgebiet von mehr als 80.000 Einwohnern und sind mit Sitz des Unternehmens in Senftenberg im gesamten Gebiet des Wasserverbands Lausitz in Südbrandenburg tätig. Wir bieten aber auch Betriebsführungen und Dienstleistungen im weiteren Umland an. Da sind wir in vier Bundesländern tätig: einmal mit der Wasserverband Lausitz Betriebsführungsgesellschaft in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern und über unsere Schwestergesellschaft, die Eurawasser Saale-Unstrut, auch in Sachsen-Anhalt.

Vor kurzem hatten Sie Fachbesucher aus Indien. Was hat die Besucher aus dem Ausland besonders interessiert?

Wenn wir Delegationen aus dem Ausland zu Besuch haben, ist ein großes Thema, wie der Betrieb organisiert und strukturiert ist und wie der Wasserverband die Versorgung sicherstellt. Da geht es oft um ganz einfache Themen: wie die Wartung der Anlagen organisiert wird, zum Beispiel. Es gibt natürlich auch Interesse an neuer und moderner Technik. Unser Wasserwerk in Tettau setzt diesbezüglich Maßstäbe. Ganz aktuell ist das Thema Phosphor-Recycling. Wir haben in der Remondis Aqua ein neues Verfahren entwickelt, das Tetraphos-Verfahren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche. Dafür sind wir vor kurzem auch ausgezeichnet worden im Rahmen der Branchenmesse IFAT mit dem Greentech-Award für umweltfreundliche Technologie und ökologisches Engagement.

Bei der Leitungsinfrastruktur muss investiert werden, teils sind die Netze überaltert, manchmal aber auch überdimensioniert wegen des demografischen Wandels.

Der demografische Wandel ist natürlich ein großes Thema hier in der Region. Die Herausforderung ist es tatsächlich, diesem Trend und den damit einhergehenden steigenden Kosten, die auf weniger Mengen und weniger Abnehmer umgelegt werden, zu begegnen. Wir sind da sehr erfolgreich gewesen in den letzten zehn Jahren, durch kontinuierliche Effizienzsteigerung im Betrieb, durch optimale Fahrweise der Anlagen, durch Energieeinssparung, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Die Gebühren, die letztlich den Endkunden interessieren, sind seit über 15 Jahren stabil. Ich glaube, die Herausforderung ist, das trotz Bevölkerungsrückgang zu schaffen.

Ein Wort zum Thema Trinkwasser: Viele Wasserbetriebe sind besorgt wegen Nitraten, Hormonen oder Spurenstoffen aus Medikamenten oder Kosmetika im Wasser. Gibt es damit auch im Lausitzer Gebiet Probleme?

Uns betrifft das spezielle Thema der Bergbaufolgelandschaft. Eines unserer Themen in diesem Zusammenhang ist der Grundwasserwiederanstieg. Die Kanäle liegen nunmehr teilweise im Grundwasser und das Wasser ist sehr aggressiv. Weil das saure Wasser das Material angreift, haben wir einen erhöhten Sanierungsbedarf. Ein weiteres Thema, das man oft in den Bergbauregionen hat, ist Sulfat im Trinkwasser. Speziell in unserem Versorgungsgebiet ist das aber kein Thema, unsere Grundwasserleiter, aus denen wir Rohwasser gewinnen, sind von bester Qualität. Auch das große Thema Spurenstoffe, Arzneimittelrückstände, Nitrate und Hormone kommt auf die Wasserwirtschaft zu. Vor allem stellt sich die Frage, wie lässt sich das finanzieren.

Können Sie das bitte vertiefen?

Es gibt ja die Möglichkeit, weitere Reinigungsstufen zu errichten und das Abwasser entsprechend aufzubereiten. Aber die Kosten müssen natürlich auch getragen werden. Hier ist ein Ansatzpunkt, weshalb ich denke, dass die privaten Dienstleister ihre Berechtigung haben. Wir haben Maßnahmen, mit denen man dem Kostendruck begegnen kann.

Aber die privaten Dienstleister müssen doch auch Aufwand und Nutzen berücksichtigen? Investiert wird, wenn es sich rechnet, oder liege ich mit meiner Vermutung falsch?

Es geht gar nicht so sehr um private Investitionen, sondern darum, die Einnahmen aus Gebühren und Entgelten bestmöglich einzusetzen. Dafür müssen alle Möglichkeiten, die die Führung eines Betriebs bietet, bestmöglich ausgeschöpft werden. Das ist unser Geschäftsmodell: Wir planen im Rahmen der Betriebsführung für den kommunalen Zweckverband unter anderem die optimale Mittelverwendung und steuern das Investitionsgeschehen. Damit sorgen wir für die beste Kosten-Effizienz.

Und was ist mit den Verursachern?

Ich glaube auch, dass wir für diese Stoffe, die wir eben genannt haben, prüfen müssen, wo die Verursacher sitzen. Die öffentlichen Anlagen dürfen nicht übermäßig zu Lasten der Gebührenzahler belastet werden, etwa durch industrielle Einleiter, Krankenhäuser oder Pflegeheime. Hier sollte geprüft werden, ob dezentrale Vorbehandlungsanlagen erforderlich sind und wer die Kosten dafür trägt.

Eine Schlussfrage an die Expertin: Wie sinnvoll ist es, die Bürger zum Wassersparen anzuhalten?

Aus unserer Sicht gar nicht sinnvoll. Wir als Wasserversorger sehen die Probleme, die man sich damit ins Haus holt. Wir haben ohnehin schon geringeren Mengendurchfluss durch die Kanalsysteme, aufgrund des demografischen Wandels, der Abwanderung und wassersparender Haushaltsgeräte. Wenn dann noch mehr hinzukommt, entstehen Ablagerungen und Geruchsprobleme. Dann müssen wir die Leitungen wiederum stärker durchspülen, was erhöhten Aufwand und Kosten bedeutet.