Trinkwasserversorgung in Bremen

Genehmigung auf der Kippe

07. Juli 2016
Frisches Trinkwasser aus dem Hahn. Die SWB ist in Bremen für die Trinkwasserversorgung zuständig.
Die Hansestadt Bremen bezieht den Großteil ihres Wassers aus Niedersachsen. Doch nun gibt es ein Problem mit der Genehmigung durch den zuständigen Landkreis Verden.

Die Anwohnerin spricht offen: „Unser Bach fällt schon seit Jahren trocken“, sagt sie, „daran sind die Schuld.“ Die Frau zeigt in Richtung des Wasserwerkes Panzenberg. Es gehört dem Trinkwasserverband Verden (TVV), der dort, am Rande der Stadt Verden, seit 1983 tätig ist. Laut seiner Internetseite www.tv-verden.de werden vom Panzenberg aus rund 8.750.000 Kubikmeter Reinwasser in die Versorgungsleitungen abgegeben. Dafür müssen neun Millionen Kubikmeter gefördert werden. Weitere zehn Millionen Kubikmeter beträgt laut TVV-Auskunft die Grundwasserentnahme.

Damit könnte es jedoch bald vorbei sein, denn die Genehmigung seitens des zuständigen Landkreises Verden steht auf der Kippe, weil dieser dem Antrag der Wasserförderer auf Fortsetzung der Aktivitäten vom März 2015 nicht einfach zustimmen will. Dann bekommen nicht nur die Kunden des TVV in Niedersachsen Probleme, sondern auch die der Bremer SWB. Die hundertprozentige Tochter der EWE ist in der Hansestadt für die Trinkwasserversorgung zuständig, muss jedoch den größten Teil von „Vorlieferanten“ beziehen, wie Sprecher Christoph Brinkmann erklärt. Dazu zählt der TVV.

Ausfall nicht kompensierbar

Laut SWB-Statistik werden von dort rund 9,6 Millionen Kubikmeter nach Bremen gepumpt. Den größten Anteil unter den Durstlöschern haben die Harz-Wasserwerke. Von ihnen hat die SWB im Jahr 2015 rund 13,3 Millionen Kubikmeter bezogen. Weitere drei Millionen Kubikmeter hat der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) beigesteuert und 5,3 Millionen Kubikmeter kann die SWB in ihrem einzigen eigenen Wasserwerk fördern. Zwar komme nicht das komplette Nass für Bremen aus dem Wasserwerk Panzenberg, betont Brinkmann. Gleichwohl lasse sich der Ausfall nicht kompensieren. „Wir brauchen das Verdener Wasser“, hebt der SWB-Sprecher hervor.
 

Guter ökologischer Zustand der Gewässer

Davon lassen sich die Verdener jedoch zurzeit wenig beeindrucken. Die Genehmigung zum Weitermachen gibt es erst einmal nicht. Dies hat Landrat Peter Bohlmann (SPD) dem TVV im November 2015 mitgeteilt. Begründung: Durch die Aktivitäten des TVV werde der Grundwasserspiegel dauerhaft abgesenkt. Dies führe langfristig zur Austrocknung der Halse, einem kleinen knapp gut neun Kilometer langen Nebenfluss der Aller. Bohlmann bezieht sich dabei auf die Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) der Europäischen Union, die auch das Land Niedersachsen umsetzen muss. Danach müssen alle Gewässer in einen „guten ökologischen Zustand“ versetzt werden. Als sogenanntes Bewirtschaftungsziel wird in der WRRL das „ökologische Potenzial“ eines Gewässers genannt. Das alles hat Niederschlag im bundesdeutschen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gefunden.
 
Ausnahmen von den strengen Zielen sind möglich. So steht es in WHG-Paragraph 30. Auf ihn bezieht sich der TVV in seinem Antrag. Geschäftsführer Stefan Hahmann erklärt, dass der Verband weitere Unterlagen einreichen müsse. Ein vorliegendes Gutachten zeige, dass sich die wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte miteinander verbinden lassen. Ob der TVV am Ende die Genehmigung bekommt, könne er jedoch nicht sagen. „Ich hoffe es, bin mir aber nicht sicher“, sagt Hahmann.Mittlerweile hat der Landkreis Verden das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz (MU) eingeschaltet. Dort wiederum wurde ein Forschungsvorhaben angeschoben. Es dient laut Ministerium „zur generellen Vorbereitung von künftigen Verwaltungsentscheidungen“. Mit anderen Worten: Den von solchen Entscheidungen betroffenen Verwaltungen soll ein Modell als Hilfe an die Hand gegeben werden. „Entscheidungen kann und soll die Studie nicht ersetzen. Es geht in dem Forschungsprojekt um die Herangehensweise bei künftigen Einzelfallprüfungen nach § 30 WHG zu niedersächsischen Gewässern“, schreibt die stellvertretende Pressesprecherin Justina Lethen in einer Stellungnahme. Wann die Beteiligten ein Ergebnis präsentieren, sei nicht bekannt.
 

„Kein Grund zu Sorge“

Somit ist derzeit nicht klar, ob es mit der Förderung im Wasserwerk Panzenberg weitergeht. „Derzeit lässt sich keine Tendenz erkennen“, sagt Landkreis-Sprecher Ulf Neumann, „da Ergebnisse aus dem Projekt und in dem Zusammenhang auch das Ergebnis der Alternativenprüfung für die Wasserversorgung in Bremen noch nicht vorliegen.“ Klar ist nur, dass sich die zuständigen Fachleute des vom Grünen-Senator Joachim Lohse geführten Ressorts für Umwelt, Bau und Verkehr darüber Gedanken machen. Über den Stand will Sprecher Jens Tittmann nichts sagen. Nur so viel lässt er sich entlocken: „Es gibt nicht ansatzweise Grund zur Sorge, das der Bremer kein sauberes Trinkwasser mehr hat.“ Tittmann und SWB-Mann Brinkmann verweisen beide auf den mit dem TVV bestehenden bis 2023 laufenden Vertrag und setzen auf Erfüllung. Brinkmann ist überzeugt: „Die Pumpen können nicht so einfach abgestellt werden.“ Hahmann ist auf der gleichen Linie. Er beteuert: „Wir werden unsere Lieferverpflichtungen erfüllen.“