Bundesgerichtshof

Heimfall rechtmäßig: Stadt bekommt ihr Grundstück zurück

Uwe Roth31. Januar 2024
Schild am Bundesgerichtshof in Karlsruhe
In Leinfelden-Echterdingen ist ein Moschee-Bau nicht fristgerecht fertig geworden. Die Stadt forderte daraufhin das Grundstück zurück, das sie per Erbbaurecht an den Bauträger verpachtet hatte. Der Bundesgerichtshof gab der Kommune nun recht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einer Kommune Recht gegeben, die ihr Grundstück zurückverlangt, weil der Pächter gegen die im Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Baupflichten verstoßen hat. Auch steht ihr die angefallenen Pachtzinsen zu. Das Karlsruher Urteil vom 19. Januar (Az. V ZR 191/22) ist für Kommunen von allgemeinem Interesse: Über das Erbbaurecht können diese steuern, was auf eigenen Grundstücken gebaut werden darf, ohne diese aus der Hand geben zu müssen. Die Rückforderung eines Grundstücks vor Ablauf der Laufzeit eines Vertrags ist im juristischen Sinn ein sogenannter Heimfall. Voraussetzung ist, dass der Vertragsnehmer gravierend gegen die Vereinbarungen verstoßen hat.

Heimfall muss verhältnismäßig sein

Generell, so die Mahnung der Richter*innen in ihrer Begründung, müssten Kommunen in Fällen von Verstößen aber die Verhältnismäßigkeit von Konsequenzen prüfen. Privat Erbbauberechtigte dürften für Verstöße nicht übermäßig sanktioniert werden. Die Kommunen müssten die Schwere des Verstoßes einerseits und mögliche Folgen für Betroffene andererseits abwägen. Stichwort Verhältnismäßigkeit der sogenannten Vergütung für den Heimfall (Paragraf 32 ErbbauRG).

Klägerin im Verfahren war die Stadt Leinfelden-Echterdingen (südlich von Stuttgart). Sie hat 2014 einem muslimischen Verein für maximal 90 Jahre ein Grundstück überlassen, damit dieser darauf eine Moschee bauen kann. Spätestens in vier Jahren sollte der Bau zumindest in einem ersten Abschnitt beendet sein. So lautet die Bedingung im Erbbaurechtsvertrag. Die Moschee ist knapp zehn Jahre später fast fertig, aber weiterhin Baustelle. Rund 2,6 Millionen Euro hat der Verein nach seinen Angaben investiert. Nun droht es eine Fehlinvestition zu werden, da das Gericht der Stadt ihr Recht auf Rückforderung bestätigt hat.

Zukunft offen

Die Stadtverwaltung riss 2021 die Reißleine. Sie klagte vor dem Landgericht, das ihr zum Teil recht gab. Im Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht bekam die Stadt im vollen Umfang Recht. Der beklagte Verein machte weiter, wurde aber vom BGH mit seiner Klage jetzt zurückgewiesen. Der Verein sei für die Versäumnisse und den daraus folgenden Heimfall selbst verantwortlich, stellte der BGH fest.

Die Moschee-Betreiber müssen für die während der Bauzeit angefallene Erbbauzinsen in Höhe von 110.000 Euro sowie eine Gebäudeversicherung zahlen. Nach Mitteilung der Stadtverwaltung soll die fast fertige Moschee nicht abgerissen werden. In welcher Form der muslimische Verein weiter beteiligt wird, ist offen. 

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