Rezension „Handbuch Digitalisierung der Verwaltung“

Hilfestellung für digitalen Wandel

Karin Billanitsch09. Januar 2024
Cover „Handbuch Digitalisierung der Verwaltung”
Deutschland hinkt in Sachen Digitalisierung anderen Industriestaaten hinterher. Ein neuer Sammelband bietet praxisnahe Hilfestellung für Praktiker*innen aus Verwaltung und verwaltungsnahen Unternehmen.

Digitalisierung in der Verwaltung ist ein Querschnittsthema. Die Herausgeber Tobias A. Krause, Christian Schachtner und Basanta E. P. Thapa haben die Beiträge verschiedener Autor*innen  im „Handbuch der digitalen Verwaltung“ drei Schwerpunkt-Themen zugeordnet: Personal, Daten sowie Projekte und Prozesse. Es geht den Herausgebern nicht um „Digitalisierung als Selbstzweck“, sondern darum ein positives Verständnis für neue Technologien zu vermitteln und deren lösungsorientiertem Einsatz.

Personal

Der erste Teil des Buches stellt die Mitarbeitenden ins Zentrum. Die Corona-Krise habe hier Defizite und Versäumnisse offengelegt, aber die internen Arbeitsbedingungen auch erheblich beeinflusst, heißt es. Die Autor*innen dieses Kapitels – Professorin Isabella Proeller, Nicolas Drahtschmidt und Jan P. Adam – heben die wichtige Rolle flexibler Arbeitszeitmodelle und Homeoffice hervor. Sie schreiben, „… dass digitales und virtuelles Arbeiten hinreichend gut funktioniert, hat die Pandemie gezeigt” und verweisen dabei auf verschiedene Studien. Diese zeigen auf, „dass die öffentliche Verwaltung ihre Arbeitsfähigkeit erhalten konnte, auch wenn in einzelnen Bereichen die Arbeit eingeschränkt werden musste“.

Die Autor*innen thematisieren aber auch die fehlende Digitalisierung von Arbeitsmitteln und mangelnde technische Ausstattung. Sie führen eine umfassende Literaturliste zum Thema auf, die für jene, die sich in das Thema vertiefen wollen, hilfreich sein kann. Das Thema Personal wird darüber hinaus unter den Aspekten Online-Weiterbildung und -Training und Erfassung der digitalen Kompetenzen der Mitarbeitenden behandelt. Vor allem das zuletzt genannte Thema dürfte in Zeiten des Fachkräftemangels bedeutsam sein.

Außerdem beleuchtet Autor Thomas Balbach gut verständlich, wie Führungskräfte das Umsetzungsklima von Digitalisierungsvorhaben beeinflussen können. Sein Fazit verdeutlicht deren Verantwortung: „Engagierte Bedienstete bewirken in der Regel nicht, dass gleichgültige Führungskräfte den Einsatz eines Informationssystems nun doch mehr unterstützen.“

Daten

Im Schwerpunktbereich Daten stellt Autor Marco Brunzel das konkrete Beispiel der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) vor. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Verwaltung wurde ein Pilotprojekt im Bereich „raumbezogener Genehmigungsverfahren“ durchgeführt. Für Kommunen, die sich aktuell mit dem Aufbau von kooperativen Dateninfrastrukturen beschäftigen, kann dieses Projekt vorbildhaft sein. Im Beispiel geht es etwa um regionale Informationssysteme, wie etwa Baustellen- oder Verkehrsmanagement.

Nicht unerwähnt bleibt im Handbuch auch das Trendthema Künstliche Intelligenz. Sie schleicht sich bereits in die Verwaltungsarbeit ein, bemerkt Autorin Tabea Hein, aktuelle Erhebungen oder Statistiken zum Einsatz von KI-Systemen in der deutschen Kommunalverwaltung lägen allerdings zur Zeit nicht vor. KI bietet viele Möglichkeiten, die die Autorin anreißt. Es gibt aber auch Hürden, wie etwa fehlendes Wissen in den Verwaltungen, Rechtsunsicherheiten, Diskussionen um ethische Dimensionen beim Einsatz von KI und mangelnde Kontrollmechanismen. Die Autorin wirft die richtigen Fragen auf, beschreibt die Chancen und benennt Risiken, ohne erschöpfend Antworten geben zu können. Das würde den Rahmen des Beitrags ohnehin sprengen.

Auch Open-Data und Cloud-Lösungen in der Verwaltung werden thematisiert, ebenso wie die Datenanalyse. Interessant ist der besondere Aspekt des Autors und Mitherausgebers Thapa, der erklärt, warum Datenanalysen allein nicht zu verändertem Verwaltungshandeln führen und wie Fachkräfte die Wirkung ihrer Daten begünstigen können. Thapa: „Die Realität politischer Prozesse folgt selten der geradlinigen Schrittfolge technischer Problemlösung.“ Hier geht es vielmehr auch um verschiedene Interessen, die gehört werden wollen.

Prozesse und Projekte

Der dritte Schwerpunkt handelt von „Abläufen in und rund um Behörden, die auf Basis der Digitalisierung neu oder verändert strukturiert werden müssen“. Für die Praktiker*innen unter den Leser*innen dürfte der Beitrag von Fanny Bender zu Onlineformularen im Rahmen des OZG hervorstechen, der Schritt für Schritt durch die Projektphasen bis hin zur Veröffentlichung des Formulars führt. In einem weiteren Beitrag wird das digitale Bauantragsverfahren dargestellt, das vom Bundesland Mecklenburg-Vorpommern entwickelt und in acht Bundesländern ausgerollt wird. Erläutert wird insbesondere, was eine Kommune tun muss, um die digitale Baugenehmigung nutzen zu können.

Fazit: Die einleitend in Aussicht gestellten funktionsfähigen Lösungsansätze und erhellenden Praxisbeispiele finden sich nicht beziehungsweise nur ansatzweise in jedem Kapitel wieder. Die Allgemeinverständlichkeit wird an manchen Stellen von der Fachdebatte überlagert – aber in der Gesamtschau bietet der Sammelband einen guten Überblick über wesentliche Fragen der Verwaltungsdigitalisierung, nennt einige Praxisbeispiele und regt zu vertiefender Lektüre an.

Tobias A. Krause (Hg.); Christian Schachnter (Hg.); Basanta E. P. Thapa (Hg)
Handbuch Digitalisierung der Verwaltung
transcript Verlag Bielefeld, 2023, 420 Seiten, 59 Euro, ISBN: 9783825259297

weiterführender Artikel