Anhörung im Bundestag

Mehr Zeit für Wärmeplanung und Geld vom Bund

Uwe Roth17. Oktober 2023
Aus Sicht der kommunalen Verbände muss das Gesetz zur Wärmeplanung den gesetzlichen Rahmen dafür schaffen, dass möglichst viele Haushalte und Gewerbe an die Wärmenetze angeschlossen werden.
In der Anhörung des Bundestags zur Wärmeplanung verlangten Sachverständige am Montag längere Fristen, um die Pläne zu erstellen, weniger Bürokratie und eine bessere Finanzausstattung. Bei kleineren Kommunen soll Kooperation Standard werden.

Erst sorgte der Entwurf des Gebäude-Energiegesetzes (GEG) für Empörung unter den Fachverbänden. Dann gerieten die Pläne für ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung (WPG) in die Kritik der Akteur*innen, die für die Umsetzung sorgen sollten. Beide Gesetze kämen zeitlich in der falschen Reihenfolge, hieß es, und funktionierten sowieso nur bei einer inhaltlich engen Verzahnung. Die Ministerien haben nachgebessert. Der Bundestag fragte am Montag im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen erneut den Stand der Zufriedenheit mit den Gesetzentwürfen ab, die die Wärmeversorgung der Haushalte und Gewerbebetriebe klimaneutral machen sollen.

Mit der Grundstimmung in den Stellungnahmen konnten die Mitglieder des Ausschusses zufrieden sein. Zwar wiederholten sich die wesentlichen Forderungen nach weniger Bürokratie, mehr Planungszeit und bessere Förderung durch den Bund. Doch inzwischen sei die Regierung auf dem richtigen Weg, hieß es. Das Thema Bürokratie machte Maik Günther von den Stadtwerken München anschaulich: „Für die Planung einer Anlage zur Tiefengeothermie brauchen wir tatsächlich zehn Jahre. Das ist fast wie beim Autobahnbau.“

„Vereinfachtes Verfahren für alle kleine Kommunen“

Die Kommunalen Spitzenverbände lobten das Gesetz für die kommunale Wärmeplanung als ein „richtiges Instrument, um die Herausforderungen einer flächendeckenden klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 strategisch anzugehen“. Eva Bode vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) fasste die Positionen der Kommunen so zusammen: Alle Gemeinden müssten mitgenommen werden. Es dürfe nicht von der Größe der Verwaltungskraft, der Lage oder der Finanzausstattung einer Gemeinde abhängen, ob die Wärmewende vor Ort überhaupt gelingen könne. Um die hohen Anforderungen zu erfüllen, sollten die Fristen zur Erstellung der Pläne „mindestens bis Ende 2026 beziehungsweise Ende 2028 verlängert werden“, verlangte Bode. Bei der Erstellung der Wärmepläne solle „Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen“. Die Einwohnergrenze, unterhalb derer ein vereinfachtes Verfahren erfolgen könne, sollte auf 20.000 Einwohner angepasst werden, so eine weitere Forderung der DSTGB-Vertreterin. Das vereinfachte Verfahren müsse für kleinere Kommunen zur Regel werden. Bisher ist als Grenze 10.000 vorgesehen.

Aus Sicht der kommunalen Verbände muss das Gesetz zur Wärmeplanung den gesetzlichen Rahmen dafür schaffen, dass möglichst viele Haushalte und Gewerbe an die Wärmenetze angeschlossen werden. Dazu müsse das Zusammenspiel von WPG und GEG bei der Ausweisung von Wärmenetz-Ausbaugebieten verbessert werden. Die Klimaneutralität in der Wärme und im Gebäudebereich, so ihr Fazit, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und dürfe nicht allein auf den Schultern der Kommunen und ihrer kommunalen Energieversorgungsunternehmen ruhen. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) erklärte, um die Erfüllungsfristen beim Ausbau der Fernwärme zu erfüllen, sei eine Bundesförderung in Höhe von drei Milliarden Euro jährlich notwendig. Außerdem sei im WPG das Potenzial der thermischen Abfallverwertung nicht hinreichend gewürdigt. Die Einschränkungen für Biomasse „halten wir in dieser Form für falsch“. Man dürfe nicht vergessen: Der Handlungsbedarf sei groß. „Während wir im Strombereich bereits 50 Prozent Erneuerbare in den Netzen haben, liegen wir bei der Wärme gerade bei 18 Prozent. Über 80 Prozent liegen noch vor uns.“

Haus & Grund warnt vor Daten-Sammelwut

Kai Warnecke vom Eigentümerverband Haus & Grund warnte davor, „die Wärmeplanung zum Bürokratiemonster zu machen“. Er kritisierte die Absicht, alle Gebäude mitsamt Heiztechnik und Verbräuchen in einem Bestandskataster zu erfassen. Schon heute sei es möglich, anhand bekannter Daten zu den Wohngebäuden wie Baujahr, Wohn- und Nutzfläche hinlänglich genaue Angaben zum Energieverbrauch zu treffen und auf Basis vorliegender Bebauungspläne eine in die Zukunft gerichtete Wärmeplanung zu erstellen. Die Regelungen zur Datenerhebung und zur Informationspflicht sollten mit Blick auf die knappen Kapazitäten an qualifiziertem Personal in den Planungsämtern der Städte und Gemeinden „maximal zu reduzieren“.

Grundsatzkritik kam von der Deutschen Umwelthilfe (DUH): Im vorliegenden Entwurf werde das Erneuerbare-Energien-Ziel für Bestandsnetze (Fernwärme) von 50 auf 30 Prozent bis zum Jahr 2030 abgesenkt. „Diese Änderung lehnt die DUH entschieden ab“, sagte Elisabeth Staudt. „Grundsätzlich können wir sagen, dass die aus unserer Sicht sehr schwachen Zielvorgaben dieser weitreichenden Ausnahmeregelung und die fehlende Verbindlichkeit des Gesetzesvorschlags bei uns die Sorge wachsen lassen, dass wir bei dem aktuell vorliegenden Wärmeplanungsgesetz eher von einem Wärmeverzögerungsgesetz sprechen können.“

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