Corona-Pandemie

Merkels Korrektur: „Keine Osterruhe“

Benedikt Dittrich24. März 2021
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch die Umsetzung der „Osterruhe“ gestoppt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die am Montag beschlossene „Osterruhe“ zurückgenommen und die Idee als einen Fehler bezeichnet, für den sie die Verantwortung trägt. Das löste bei SPD-Politiker*innen Respekt aus, die Debatte über neue Corona-Regeln beginnt damit wieder von vorne.

Es ist ein äußert seltener, wenn nicht einzigartiger Vorgang in der Regierungszeit von Angela Merkel: Nach der chaotischen Konferenz mit den Ministerpräsident*innen zu den neuen Corona-Regelungen über die Osterfeiertage hat die Bundeskanzlerin eine zuvor beschlossene „Osterruhe“ kassiert – und die volle Verantwortung für den Fehler übernommen.

Es sei ein Fehler gewesen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwochmittag. Die Idee einer „Osterruhe“ mit einem zusätzlichen freien Tag am Gründonnerstag und starken Einschränkungen auch an Ostersamstag habe zwar „gute Gründe“ gehabt, sei in der Kürze der Zeit aber nicht gut umsetzbar. Deswegen habe sie diese Entscheidung rückgängig gemacht. „Ich trage für alles letztendlich die Verantwortung qua Amt“, sagte sie im Anschluss, „es ist einzig und allein mein Fehler“. Ein Fehler, der korrigiert werden müsse.

Die Entscheidung hatte Merkel zuvor in einer kurzfristig einberufenen Videoschalte den Ministerpräsident*innen mitgeteilt und später auch im Bundestag bei der Regierungsbefragung noch einmal gerechtfertigt. Eine Entscheidung die vielen Politiker*innen im Bundestag Respekt und Anerkennung abrang. Unter den Sozialdemokrat*innen war dies ebenso der Fall, allerdings war von den Spitzen der Landesregierungen ebenso zu hören: Auch sie hätten den Fehler mit begangen, auch sie übernehmen ebenfalls Verantwortung.

SPD-Spitzen betonen gemeinsame Verantwortung

Vizekanzler Olaf Scholz, der ebenfalls bei den Verhandlungen eingebunden war, verteidigte die Kurskorrektur ebenfalls. Wenn man feststelle, dass eine Idee nicht gut funktioniert, dann sei es nur konsequent, diese zu beenden, erklärte er am Mittwoch. Neben einem Appell an die Bevölkerung, Kontakte auch über die Feiertage möglichst einzuschränken, versuchte er allerdings auch Optimismus im Kampf gegen die Pandemie zu verbreiten: Die Ausweitung der regelmäßigen Corona-Tests sowie der Impfungen in den Zentren und kommenden Monat auch bei Hausärzten nannte er als die zwei wichtigen Bausteine im Kampf gegen die Corona-Krise. Aber: Die Basis für eine erfolgreiche Krisenbewältigung sei Vertrauen in die Politik und derren Verlässlichkeit, betonte Scholz. „Das ist ein hohes Gut und das müssen wir immer wieder herstellen.“ Deswegen dürften solche Fehler nicht häufiger passieren und solche Entscheidungen künftig besser vorbereiten sein.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher nahm sich ebenfalls nicht aus der Veranwortung betonte aber am Mittwochmittag ebenfalls: „Es bleibt aber dabei: Diese Osterruhe hatte einen wichtigen Hintergrund." Die beschleunigte Infektionsdynamik, die dritte Welle der Pandemie müsse gebrochen, mindestens verkleinert werden. An diesem Ziel hielt Tschentscher auch nach der Korrektur der MPK-Beschlusses fest. Deswegen appellierte der Hamburger Sozialdemokrat an die Bürger*innen, weiterhin über die Feiertage die Mobilität zu verringern, das Osterwochenende zu nutzen, um die Infektionszahlen zu senken. „Es heißt weiterhin: Abstand halten, Masken tragen, möglichst keine Reisen zu unternehmen.“

Debatte über Verschärfungen

Indes entbrannte nach den jüngsten Entwicklungen eine neue Debatte um Ausgangssperren oder weiteren Kontaktbeschränkungen. Stand Mittwoch bleiben bisher die festgesetzten strengen Kontaktbeschränkungen in Kraft, die in den Bundesländern teilweise unterschiedlich gehandhabt werden, je nach Infektionszahlen.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Yasmin Fahimi fragte die Bundeskanzlerin im Parlament ganz direkt zu einer Testpflicht am Arbeitsplatz: „Müssen wir am Arbeitsplatz nicht mehr Vorsorge leisten?“, frage sie Merkel mit Blick auf Infektionen im Arbeitsumfeld. Außerdem gehe es dort ja nicht um die neuen Schnelltests, die selber angewendet werden, sondern um Tests über Betriebsärzte, die schon länger möglich sind. Fahimi ließ durchblicken, dass es die SPD-Bundestagsfraktion bervorzuge, statt freiwilliger Empfehlungen per Verordnung die Arbeitgeber zu regelmäßigen Tests ihrer Mitarbeiter*innen zu verpflichten. Abgelehnt wurde diese Option von Merkel nicht, sie wolle aber zunächst die Befragungen der Arbeitgeber*innen abwarten, wieviele freiwillig teilnehmen würden. „Aber wenn das nicht ausreicht, sind wir bereit, weitere regulatorische Maßnahmen durchzuführen.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach twitterte noch während der Befragung der Bundesregierung aus dem Parlament, dass er einerseits Respekt für Merkels Entscheidung habe, wies allerdings auch darauf hin, dass aus seiner Sicht weiterhin wirksame Maßnahmen gegen die dritte Welle fehlten. Dabei nannte er unter anderem die von Fahimi angesprochene Testpflicht, aber auch Ausgangssperren, für die er sich bereits in den vergangenen Tagen stark gemacht hatte.