Bauen und Wohnen

Wie München die Regeln für Wohnungsneubau verschärft

Karin Billanitsch30. Juli 2021
Das Neubaugebiet Freiham in München. Die Sozialvorgaben für Neubau in Planungsgebieten sollen reformiert werden.
Der rot-grüne Stadtrat in München möchte das Modell der sozialgerechten Bodennutzung reformieren. So soll deutlich mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen.

Die Stadt München will das bestehende Konzept der „sozialgerechten Bodennutzung“ (Sobon) reformieren. In zukunft soll es ein „Baukastenmodell“ geben, mit dem die Stadt Mietpreissprünge bremsen und ausreichend bezahlbaren Mitwohnungsraum fördern will. Mit der Reform sollen insbesondere die Vorgaben für neue Wohnprojekte auf privaten Grundstücken verschärft werden.

Bausteinprinzip

„Die Idee ist, dass wir auf einer Art Konzeptvergabe aufbauen, und sechs Bausteine ins Leben rufen, sagte Jacqueline Charlier aus dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung bei der Vorstellung des Konzepts in der Vollversammlung des Stadtrats, coronabedingt im Löwenbräukeller der Stadt am vergangenen Mittwoch.

Investoren können, so das Grundprinzip, durch die Wahl der Bausteine Punkte sammeln, bis eine bestimmte Punktzahl erreicht ist. Solche Bausteine sind etwa der Anteil an geförderten / preisgedämpften Wohnungen im Vergleich zu den frei vermarktbaren, die Bindungsdauer, oder die Höhe des sozialen Infrastrukturkostenbeitrags.

Längere Bindung, weniger freie Wohnungen

Aus 1994 stammt der Grundsatzbeschluss zur sozialgerechten Bodennutzung der stadt München. Laut der zuletzt 2017 reformierten Sobon müssen 40 Prozent der entstehenden Flächen für Mieter entstehen, bei denen die Preise stufenweise reguliert sind. 60 Prozent bleibt für die freie Vermarktung. Nach der Reform sollen 60 Prozent der Neubauprojekte in die erste Kategorie fallen.

 „Wir haben auch Wünsche der Vermietungsbranche aufgegriffen“, sagt Charlier. Insbesondere seien die Erstvermietungsmieten angehoben worden. Ankaufspreise, zu denen die Stadt München Wohnungen kauft, seien ebenfalls erhöht worden, je nach Einstufung des Modells unterschiedlich. Die Bindungsdauer Die Bindungsdauer soll für alle Modelle auf 40 Jahre steigen.

Anreizsystem zum Verkauf an die Landeshauptstadt

Bei den Bausteinen kann der Investor aber wählen, zum Beispiel einen größeren Anteil Eigentumswohnungen bauen, wenn er dafür Wohnungen an die Landeshauptstadt verkauft, beziehungsweise an Genossenschaften, verbunden mit quartiersfördernden Vorhaben. Das sind dann Sonderbausteine, Insgesamt muss ein Investor 100 Punkte erreichen. „Wir haben ein Anreizsystem geschaffen, um Wohnraum an die Landeshauptstadt zu binden.“

Als Grundvoraussetzung für alle Modelle bleiben die bisherigen sonstigen Lasten für den Investor, zum Beispiel die Übernahme der kosten für technische und grüne Infrastruktur und Beiträge für soziale Infrastruktur. Dank der Sobon wurden bislang 3.624 Kinderkrippenplätze, 8.625 Kindergartenplätze, 1.700 Kinderhortplätze und 2.816 Grundschulplätze durch die Sobon mitfinanziert werden, hieß es zuletzt in der Bilanz der Stadt München.

München als „Vorreiter“

Charlier zählt die Vorteile auf: Wir haben mehr und länger gebundenen bezahlbaren Wohnraum, wir stärken den Mietmarkt.“ Der Beitrag der Bauherren an der durch die Planung ausgelösten Infrastruktur wird höher. „Ich denke, wir werden damit deutschlandweit unserer Vorreiterrolle gerecht“, betonte Charlier.

Kritik kam von Seiten der Wohnbaubranche. Es gebe keinen Konsens für die Änderungen, heißt es in einem Brief der Branche, aus dem CSU-Stadtrat Alexander Reissl zitiert. Die Regelung überfordere die Investoren finanziell und beeinträchtigt den Vertrauensschutz, sagte Reissl. 2.500 bis 3.000 Wohnungen, die Bauträger und Investoren jährlich bauen, würden mit dieser Regelung aufs Spiel gestellt. Zudem warnte er vor einer Klagewelle, die die Planungen verzögern würde.