DEMO-Kommunalkongress 2017

Auf rechten Populismus richtig reagieren

Carl-Friedrich Höck30. November 2017
Workshop auf dem DEMO-Kongress: Michael Schickhofer, Moderator Robert Kiesel und Martin Mertens (v.l.)
„Wachsender Populismus – was tun vor Ort?“ Das fragten sich Kommunalpolitiker in einer Veranstaltung auf dem DEMO-Kommunalkongress. Die Antworten fielen teils überraschend aus.

Martin Mertens nennt es das „Populismus-Paradoxon“. Es hat ihn viel beschäftigt, Mertens hat sogar eine Dissertation zur „Wirkung von Populismus als Strategie politischer PR“ geschrieben, bevor er 2014 zum Bürgermeister von Rommerskirchen gewählt wurde. Paradox sei nämlich, erklärt er, dass das Wort Populismus selbst ein Kampfbegriff sei. Er werde meist populistisch verwendet, um die so Gebrandmarkten zu diskreditieren.

Nicht links, nicht rechts

Im Kern sei Populismus nur eine Kommunikationsform, sagte Mertens auf dem DEMO-Kommunalkongress. Sie beruhe auf Simplifizierung und vermittele die Botschaft, dass Politik Probleme lösen könne. Populismus sei also nicht per se links oder rechts. Und wenn er eine Kommunikationsform sei, könne man sie auch nutzen. Im Übrigen sei der Begriff in den USA nicht negativ besetzt.

Ähnlich äußerte sich Michael Schickhofer, österreichischer Politiker (SPÖ) und Landeshauptmann-Stellvertreter in der Steiermark. Populismus sei ein Instrument. Wahlentscheidungen würden heute emotionaler getroffen als noch vor einigen Jahrzehnten.

Schickhofer führte den Wahlerfolg von Sebastian Kurz (ÖVP) als Beispiel an: „Heute reicht es, die Farbe einer Partei zu ändern, um den ersten Platz zu besetzen“ – das aber im Rahmen einer professionellen Kampagne. Die SPÖ dagegen habe einen „Plan A für Österreich“ mit 280 Seiten vorgelegt und verloren. Allerdings, prophezeite Schickhofer: Wenn auf die gute Kampagne keine gute Politik folge, verpuffe der Effekt auch schnell wieder.

Eine Geschichte erzählen

„Wir sind immer Programmpartei gewesen“, antwortete SPD-Mitglied Mertens. „Wir haben es aber seit Schröder nicht mehr verstanden, unsere Politik zu inszenieren und zu personalisieren.“ Die SPD müsse eine Geschichte erzählen können, dann habe sie auch Erfolg. Dabei dürfe die inhaltliche Arbeit natürlich nicht auf der Strecke bleiben.

Genau hier erkannte Schickhofer aber ein Versäumnis, das die Rechten jetzt zu nutzen versuchten. Denn von der SPÖ habe man klassischerweise erwartet, „dass ich und mein Kind einen Job bekommen, dass wir eine Wohnung haben und sie bei einem Streit mit dem Arbeitgeber auf unserer Seite steht“. Diese Rolle als Kümmerer habe die SPÖ aber ein wenig aufgegeben. Und genau diese Lücke versuche die FPÖ nun zu nutzen, indem sie sich als Ansprechpartner für die Bürger inszeniert, die sich nicht mehr vertreten fühlen.

Keine Wählerbeschimpfung

Dieses Feld dürften Sozialdemokraten nicht den Rechten überlassen, betonte Schickhofer. Populismus sei lange ein Kampf gegen „die da oben“ gewesen. Jetzt aber werde ein Kampf „gegen die unten“ geführt, also zum Beispiel Neid gegen Geflüchtete geschürt.

Wie also soll man auf die rechten Populisten reagieren? Jedenfalls nicht, indem man deren Wähler beschimpft, meint Schickhofer. „Wenn wir sagen, wer Populisten wählt ist dumm, wird uns der so Beleidigte nie wieder wählen.“ Das sei ein Spannungsfeld. Moderator Robert Kiesel zitierte den Vorsitzenden der „Allianz gegen Rechtsextremismus“ in der Region Nürnberg, Stephan Doll  – der seine Teilnahme am Workshop kurzfristig absagen musste. Doll habe das Problem mit der Formel „bekämpfen versus umkämpfen“ beschrieben.

Nicht auf AfD-Tricks hereinfallen

Es folgte eine rege Debatte mit zahlreichen Wortmeldungen aus dem Publikum. Es gebe keinen guten oder schlechten Populismus, nur gut oder schlecht gemachten, meinte ein Teilnehmer. Ein anderer empfahl, die eigenen Botschaften besser zu verknüpfen. So könne man sagen: Ja, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen kostet Geld – und das holen wir uns von den Steuerflüchtlingen!

Man dürfe, meinte ein weiterer Diskutant, nicht in jede Falle der AfD tappen. In einer Diskussionsrunde laufe es oft so: Ein Rechtspopulist sagt etwas Provozierendes. Die anderen gehen, wenn sie dran sind, auf diese Aussage ein und versuchen sie zu widerlegen. Und schon sei der Rechte wieder an der Reihe und könne so die Themenagenda bestimmen. „Lieber mal eine Aussage übergehen oder nur kurz antworten“, lautete die Empfehlung.

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