Gemeine Harsum

Verwaltungsgericht lehnt Waffenschein für Bürgermeister ab

Carl-Friedrich Höck22. Februar 2023
Hinweisschild „Waffe verboten” (Symbolfoto)
Aus Angst vor Angriffen hat der Bürgermeister der Gemeinde Harsum einen Waffenschein beantragt – und zog deshalb auch vor Gericht. Das Verwaltungsgericht Hannover hat die Klage abgelehnt. Wie die Entscheidung begründet wird.

Marcel Litfin ist parteiloser Bürgermeister der Gemeinde Harsum in Niedersachsen, und er fühlt sich bedroht. Deshalb will er sich selbst schützen und hat einen Waffenschein beantragt, der ihn zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition berechtigen würde. Doch der Landkreis Hildesheim lehnte ab.

Dagegen klagte der Bürgermeister. Doch auch das brachte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Hannover hat die Klage am 13. Februar 2023 abgelehnt.

Bürgermeister sieht sich bedroht

Litfin hatte vor Gericht argumentiert, er wolle sich mit der Waffe in seiner Funktion als hauptamtlicher Bürgermeister vor Angriffen auf Leib und Leben schützen. In der Vergangenheit sei er im Rahmen seiner Amtsausübung bereits vermehrt Anfeindungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt gewesen. Von verschiedenen Personen werde er auch konkret bedroht, weshalb auch mehrere staatsanwaltschaftliche Ermittlungen geführt würden.

Laut Medienberichten geht es unter anderem um einen sogenannten „Reichsbürger“. Er befindet sich derzeit im Gefängnis, wird aber im Juni aus der Haft entlassen. Bei diesem wurden mehrere Schusswaffen gefunden. Eine weitere Person schreibt laut Litfin regelmäßig Drohbriefe an den Bürgermeister und weitere Rathaus-Mitarbeitende.

Gericht empfiehlt Deeskalationstechniken

Trotzdem entschied die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet sei. Auch konnte er das Gericht nicht davon überzeugen, dass er die Schusswaffe brauche, um die Gefahr zu mindern.

Die Richter*innen verwiesen auf eine Gefährdungsanalyse der Polizeiinspektion Hildesheim vom Februar 2023. Diese kam zu dem Schluss, dass für Litfin keine besondere Gefährungssituation vorliege. Das Gericht argumentierte zudem: Der Kläger könne etwaigen Gefährdungssituationen mit anderen Maßnahmen begegnen. Zum Beispiel könne er die Polizei rufen oder verschiedene Deeskalationstechniken anwenden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ist möglich.

Viele Kommunalpolitiker*innen werden angefeindet

Litfin ist nicht der erste Bürgermeister, der einen Waffenschein beantragt hat, um sich zu schützen. Vor drei Jahren wollte auch der Bürgermeister von Kamp-Linfort, Christoph Landscheidt (SPD), eine waffenrechtliche Erlaubnis einklagen. Damit wollte er sich gegen mögliche Angriffe aus der rechten Szene verteidigen. Anders als bei Litfin ergab eine Prüfung des Staatsschutzes bei Landscheid, dass er tatsächlich gefährdet sei. Er erhielt Personenschutz und zog seine Klage zurück.

Immer wieder werden Kommunalpolitiker*innen angefeindet. Laut einer Befragung der Heinrich-Böll-Stiftung wurden knapp 60 Prozent der Kommunalpolitiker*innen in Großstädten bereits beleidigt, bedroht oder waren Übergriffen ausgesetzt. Kölns spätere Oberbürgermeisterin Henriette Reker wurde im Oktober 2015 während eines Wahlkampftermins Opfer eines Messerattentats. Ein Rechtsextremist verletzte sie schwer. Im Juni 2019 sorgte die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) bundesweit für Entsetzen. Auch hier war der Täter ein Rechtsextremist. Er tötete Lübcke mit einem Kopfschuss, als dieser auf der Veranda vor seinem Wohnhaus saß.

Eine Anlaufstelle finden bedrohte Kommunalpolitiker*innen über die Online-Plattform stark-im-amt.de. Schirmherr ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

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