Einnahmeausfälle befürchtet

Wachstumschancengesetz: Kommunen können noch hoffen

Carl-Friedrich Höck13. Oktober 2023
Katja Hessel (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, eröffnete die Debatte zum Wachstumschancengesetz.
Das Wachstumschancengesetz soll die Konjunktur beleben – doch Kommunen fürchten Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Im Bundestag haben Koalitionsabgeordnete Nachbesserungen in Aussicht gestellt.

Für Katja Hessel, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, ist das Wachstumschancengesetz ein „Herzensanliegen“. Im Bundestag erklärte die FDP-Politikerin am Freitag: Die hohe Inflation belaste die deutsche Wirtschaft. Es zeichne sich eine schwächere Entwicklung der Industrie ab. Das Gesetz solle „Impulse für mehr Innovation und Investition, insbesondere in den Mittelstand“ setzen.

Viele Kommunen beobachten das Vorhaben dagegen mit großer Sorge. Das Gesetz lege die „Axt an die Kommunalfinanzierung“, warnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) schon im August. Nachdem das Bundeskabinett den Entwurf beschlossen hatte, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy: Das Wachstumschancengesetz werde bis 2028 für über sieben Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen bei den Kommunen sorgen.

Kommunen tragen die Hauptlast

Mit dem Gesetz soll eine Investitionsprämie für Klimaschutz eingeführt werden: Der Bund will Energieeffizienz-Maßnahmen von Unternehmen mit 15 Prozent der Kosten bezuschussen. Davon abgesehen ist das Gesetz vor allem ein Steuerentlastungspaket. Unternehmen sollen ihre Gewinne und Verluste über mehrere Jahre flexibler verrechnen können und so ihre Liquidität verbessern. Ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen sie in höherem Maß steuerlich absetzen können. Und auf Anregung von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) wird eine neue Abschreibungsmöglichkeit für neue Wohngebäude eingeführt: die „degressive Afa“. Damit können im Jahr bis zu sechs Prozent der Kosten steuerlich geltend gemacht werden.

Die Steuererleichterungen bedeuten für den Staat sinkende Einnahmen. Ausgerechnet die Kommunen müssten die Hauptlast bei den Steuerausfällen tragen, rechnet der DStGB vor. „Während Bund und Länder auf rund 0,64 Prozent ihres Steueraufkommens verzichten, soll die gemeindliche Ebene einen Steuerausfall von rund 1,39 Prozent ihres Steueraufkommens tragen“, teilt der Verband in einem Statement mit.

Besonders schwerwiegend ist aus DStGB-Sicht der Plan, die Mindestgewinnbesteuerung bei der Gewerbesteuer für drei Jahre auszusetzen. Diese Mindestbesteuerung sei „unverzichtbar für die Stabilität des örtlichen Gewerbesteueraufkommens und damit die grundsätzliche Eignung der Gewerbesteuer als Kommunalsteuer“, so der Städte- und Gemeindebund.

SPD-Abgeordnete sehen Beratungsbedarf

Dass die Sorgen der Kommunen bei den Abgeordneten der Ampel-Koalition nicht auf taube Ohren stoßen, wurde am Freitag deutlich. Zwar lobten sie das Gesetzesvorhaben, betonten aber auch, sie wollten ein gutes Gesetz noch besser machen.

Der SPD-Abgeordnete Parsa Marvi sagte während der ersten Lesung: „Jetzt warten spannende parlamentarische Beratungen auf uns bis zum Abschluss dieses Gesetzes. Wir wollen dabei die Stärken dieses Wachstumschancengesetzes ausbauen und dort genauer hinschauen, wo viel öffentliche Investitionstätigkeit stattfindet: Bei unserer kommunalen Ebene, die nicht das Kellergeschoss, sondern das Fundament unserer Demokratie abbildet.“

Sein Kollege Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht ebenfalls Beratungsbedarf: „Wir müssen bei der Finanzierung gucken, wer eigentlich die Lasten zu tragen hat.“ Das Gesetz dürfe nicht dazu führen, dass die Kommunen durch steuerliche Entlastungen auf Bundesebene dazu gezwungen werden, ihre Gewerbesteuer-Hebesätze anzuheben.

 

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