Armutsbekämpfung

Auf dem Weg zur SozialRegion Karlsruhe

Martin Lenz Regina Heibrock 15. Mai 2018
Interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der Armutsbekämpfung.
Die Stadt Karlsruhe blickt auf über zwei Jahrzehnte Armutsberichterstattung und Armutsbekämpfung zurück. Zwei Schwerpunkte der Karlsruher Armutspolitik sind die Bekämpfung von Kinderarmut und von Wohnungsnot. Notwendig ist dafür eine soziale Regionalpolitik in Gestalt einer „SozialRegion Karlsruhe“.

Karlsruhe ist eine mittelgroße Großstadt, die die Polarisierung von Arm und Reich wie viele andere Kommunen in Deutschland abbildet. Unabdingbar bei der Armutsbekämpfung und -berichterstattung ist die Kooperation von Sozialer Arbeit, Sozialplanung und Sozialpolitik. Das gilt insbesondere, wo Armut auch über die Stadtgrenzen wirksam in der Stadtregion Karlsruhe bekämpft werden soll. Umgeben ist Karlsruhe von einem Landkreis mit 32 Gemeinden. Zwei Schwerpunkte der Karlsruher Armutspolitik sind die Bekämpfung von Kinderarmut und von Wohnungsnot – zwei Ansatzpunkte, die die soziale Regionalpolitik in Gestalt einer „SozialRegion Karlsruhe“ bearbeitet.

Armutsbekämpfung in der modernen Stadtregion

Karlsruhe ist eine wachsende „Stadt im Modernisierungsschub“, gleichwohl leben etwa ein Fünftel der Karlsruher Haushalte in prekärer Einkommenssituation. Im Gegensatz zum Bundestrend hatte Karlsruhe wesentlich früher eine sich stetig anspannende Lage am Wohnungsmarkt zu verzeichnen. Bundesweit beachtetes Modell zur Linderung von Wohnungslosigkeit ist die „Wohnraumakquise durch Kooperation“, ein Programm, das leer stehende Wohnungen für Wohnungslose mittels Belegungsvereinbarungen zwischen Stadt und Privateigentümern zur Verfügung stellt. (Siehe auch in der DEMO 03-04/2016.)

Bereits 2006 wurden in diesem Sektor der Sozialpolitk die Stadtgrenzen überwunden, als die Stadt Stutensee im Landkreis Karlsruhe mit der Stadt ein Hotel auf Stutenseer Gemarkung gemeinsam mit Wohnungslosen belegte. Die DEMO berichtete darüber in der Ausgabe 8/2012. Um dieser Zusammenarbeit beider Städten einen festen Rahmen zu geben, wurde ein Kooperationsvertrag erarbeitet, der 2008 in Kraft trat.

2013 Einführung Karlsruher Kinderpass

Im Jahr 2013 wurde im Rahmen der Bekämpfung von Kinderarmut in der gemeinsamen Nutzung des Karlsruher Kinderpasses ein weiterer innovativer Schritt in Richtung SozialRegion gegangen. Der Karlsruher Kinderpass ermöglicht es finanziell benachteiligten  Kindern und Jugendlichen vergünstigten oder kostenfreien Zugang zu Freizeit- und Bildungsangeboten zu erhalten. In der Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Karlsruhe und der Stadt Stutensee wird festgestellt: „Die politischen Grenzen der Kommunen – ähnlich den Ortsteilen und Stadtteilen in den Kommunen - entsprechen nicht zwingend den von den dort wohnenden Menschen subjektiv wahrgenommenen Sozialräumen. Die Kooperation zwischen der Stadt Karlsruhe und der Stadt Stutensee ist ein Einstieg in die Sozialregion, in der die sozialräumlichen Grenzen zwischen den beiden Kommunen durchlässiger werden. Mit dieser Kooperation wird allen Kindern ein­kommens­schwacher Familien aus beiden Städten Bildung und Teilhabe am gesell­schaftlichen Leben ermöglicht.“

Ziel dieser Kooperationsvereinbarung ist es, dass die Kinder aus Stutensee den Karlsruher Kinderpass mit allen Leistungsbestandteilen im selben Umfang nutzen können, wie dies auch Karlsruher Kindern möglich ist. Im Gegenzug wird der Karlsruher Kinderpass durch Angebote der Stadt Stutensee erweitert und ergänzt. Die Stadt Stutensee gibt diese Pässe für ihre Kinder in eigener Verantwortung aus und übernimmt vollständig sämtliche daraus anfallenden Kosten der von ihr ausgegebenen Pässe. Die Abrechnung dieser Pässe erfolgt jährlich.

Modell SozialRegion Karlsruhe erreicht 710.000 Bürger

Auf dieser Grundlage wurde ein Vorbild geschaffen, das einen Übertrag auf weitere Städte und Gemeinden in der Region Karlsruhe ermöglichen sollte. Je mehr Kooperationen dergestalt geschlossen werden, desto größer der soziale Regionalverbund und die SozialRegion Karlsruhe, so die Hoffnung der beiden Oberbürgermeister Frank Mentrup und Klaus Demal, Oberbürgermeister von Stutensee, zum damaligen Zeitpunkt. Das Modell SozialRegion Karlsruhe besteht seit nunmehr fünf Jahren als erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit. Derzeit sind acht Kommunen beteiligt und weitere haben Interesse signalisiert. In jeder dieser Gemeinden profitieren nicht nur die finanziell benachteiligten Familien vom Karlsruher Kinderpass. Mit jeder neuen Gemeinde erweitert sich auch das Angebot an Ermäßigungen und erhöht sich die Attraktivität des Karlsruher Kinderpass allgemein. Schon heute werden über die SozialRegion über die Hälfte der ca. 710.000 zählenden Bewohner des Stadt- und Landkreises erreicht.

Sozialticket

Da die Armutsbekämpfung bei Erwachsenen ebenfalls eine bedeutsame soziale Herausforderung darstellt, übernahmen nach dem Vorbild des Kinderpasses Gemeinden des Landkreises  Karlsruhe auch den Karlsruher Sozialpass für Erwachsene sowie das Sozialticket. Grundsätzliches Ziel der SozialRegion ist darüber hinaus, ein Sozialticket für den gesamten Landkreis Karlsruhe zu implementieren nach Karlsruher Vorbild.

Fachtag 2018

Anlässlich des fünfjährigen Bestehens der SozialRegion fand am 3. Mai 2018 ein Fachtag statt, in dessen Rahmen eine Charta von den Vertreter/-innen der teilnehmenden Kommunen unterzeichnet wurde. Die Charta ist eine gemeinsame Willensbekundung, dass sich die SozialRegion Karlsruhe mit Angeboten zur Teilhabe weiterentwickelt und somit zu einer effektiven Bekämpfung von Armut über politische Grenzen hinweg beiträgt. Weitere Themen der zukünftigen regionalen Aktionsgemeinschaft sind Versorgung mit Wohnraum, Arbeit, Bildung, Gesundheitsdienste, technische und soziale Infrastruktur, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.