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Bau-Turbo-Gesetz: Was die Kommunen zum Entwurf der Regierung sagen

Der Bau-Turbo soll den Wohnungsbau beschleunigen. Bei einer Anhörung im Bundestag begrüßten die kommunalen Spitzenverbände das Gesetz. Gleichzeitig warnten sie vor unerwünschten Nebenwirkungen.

von Carl-Friedrich Höck · 11. September 2025
Zwei Bagger auf Schutthügel

Die Bagger sollen wieder rollen, hat Bauministerin Verena Hubertz (SPD) als Ziel ausgegeben. Ein Baustein dafür soll der Bau-Turbo sein, mit dem sich aktuell der Deutsche Bundestag beschäftigt.

Mit dem sogenannten Bau-Turbo will die Bundesregierung den Kommunen erlauben, von bauplanungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Neue Wohnungen sollen so auch ohne aufwendigen Bebauungsplan genehmigt werden können. In nur zwei Monaten könnten Gemeinden in Zukunft Bauprojekte zulassen. So sieht es ein Gesetzentwurf „zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ vor, der aktuell vom Bundestag beraten wird.

Bei einer öffentlichen Anhörung im Bauausschuss wurden die Pläne kontrovers diskutiert. Die kommunalen Spitzenverbände begrüßten die Ziele des Gesetzentwurfes, mahnten aber an: Die kommunale Steuerung von Bauvorhaben müsse erhalten bleiben. Bisher ist geplant, dass Kommunen sich aussuchen können, ob sie den Bau-Turbo anwenden. Dieses „Zustimmungsregulativ“ müsse erhalten bleiben, betonte Bernd Düsterdiek als Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB). Schließlich greife das Gesetz tief in die kommunale Planungshoheit ein.

Kommunen wollen Fristverlängerung

Als „praxisfremd“ bewertete Düsterdiek die geplante Zustimmungsfiktion mit Zwei-Monats-Frist. Zustimmungsfiktion bedeutet, dass ein Bauvorhaben als genehmigt gilt, wenn die Gemeinde das Verfahren in der gesetzten Frist nicht abschließt oder dem Vorhaben widerspricht. Hilmar von Lojewski, Beigeordneter beim Deutschen Städtetag, hält die Zwei-Monats-Frist ebenfalls für unrealistisch. In den Satzungen vieler Städte sei festgelegt, dass der Stadtrat einer Aufhebung von Bebauungsplänen zustimmen muss – was dann entsprechend auch für die Anwendung des Bau-Turbos gelte. Die Räte tagten aber gar nicht so oft.

Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag merkte an, dass neben dem Bau-Turbo weitere Maßnahmen nötig seien, um schnelles und bezahlbares Bauen zu ermöglichen. Unter anderem müssten die Baukosten gesenkt werden.

Bau-Turbo mit unerwünschten Nebenwirkungen?

In einer schriftlichen Stellungnahme äußerten die kommunalen Spitzenverbände weitere Bedenken. „Angesichts der vorgeschlagenen weitreichenden Abweichungen vom Planungsrecht können wir … nicht ausschließen, dass langfristige städtebauliche Ziele zur nachhaltigen, funktionalen und sozial ausgewogenen Stadtentwicklung der Kommunen konterkariert werden“, warnen sie. Daher sei es zwingend, die Regelung zu befristen und die Auswirkungen zu evaluieren. Der Entwurf der Regierung sieht auch eine Befristung für den Bau-Turbo vor, nämlich bis Ende 2030. Bis dahin soll mit den neuen Möglichkeiten experimentiert werden.

Anders als die Bundesregierung glauben die Kommunen nicht daran, dass sie wegen des Bau-Turbos Geld und Personal einsparen können. „Auch bei Anwendung der Erleichterungsregelungen sind Nachbarinteressen, öffentliche Belange, Umwelt- und Lärmschutzvorschriften zu beachten“, betonen die Verbände. Der Gesetzentwurf empfehle auch eine informelle Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Kommunen gehen davon aus, dass es vermehrt zu Widerspruchs- und Klageverfahren kommen wird – und damit zu zusätzlichem Aufwand für die Behörden.

Kommunen brauchen Konzepte

Der Regierungsentwurf sieht vor, dass Kommunen selbst dort, wo ein Bebauungsplan existiert, eine abweichende Wohnbebauung genehmigen können. Die Regierung will damit Aufstockungen oder Anbauten erleichtern. Kommunen müssen allerdings dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen, sie dürfen also nicht willkürlich entscheiden, wem sie ein Bauprojekt genehmigen und wem nicht. Um das rechtssicher zu gewährleisten, werden die Städte und Gemeinden nach Einschätzung der Kommunalverbände eine „klare Linie“ durch Grundsatzbeschlüsse und Konzepte festlegen müssen. Die Kommunen befürchten zudem, dass „bei einer Befreiung ‚in mehreren vergleichbaren Fällen‘ die entsprechende Festsetzung im Bebauungsplan vermutlich insgesamt obsolet wird.“

Der Gesetzentwurf der Regierung packt auch das Thema Lärmschutz an. Denn die bisherigen Vorgaben verhindern teilweise, dass Innenstädte nachverdichtet werden können und neue Wohnungen neben Gewerbebetrieben geschaffen werden. Die vorgeschlagene Neuregelung sieht vor, dass Kommunen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans „in begründeten Fällen“ von den Lärmschutzvorgaben (TA Lärm) abweichen dürfen. Der Gesetzentwurf liefere allerdings „keine konkreten Aussagen oder Anhaltspunkte, wann ein begründeter Fall vorliegt“, bemängeln die Kommunalverbände. So könne das Problem gar nicht rechtssicher gelöst werden.

Mehr zur Anhörung und Dokumentation der Stellungnahmen:
bundestag.de

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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