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Städtetag übt Kritik an der Reform des Vergaberechts

 Beschaffung soll einfacher, schneller und flexibler werden, so das Ziel der Reform des Vergaberechts. Über den Referentenentwurf soll am Mittwoch entschieden werden. Doch der Deutsche Städtetag warnt vor „zu aufwendigen Vergaberegeln“ und fordert Nachbesserung.

 

von Karin Billanitsch · 5. August 2025
Baustelle

Deutschland benötigt dringend einen Investitionsschub, etwa im Straßenbau. Eine Reform soll öffentliche Vergabeverfahren beschleunigen. 

In Deutschland gibt es einen riesigen Investitionsstau. Straßen, Schulgebäude, Brücken oder Schienen – die Regierung will Investitionen in Infrastrukturprojekte vorantreiben und hat ein Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ aufgelegt. Doch es ist nicht nur eine Frage des Geldes, damit es mit den dringend benötigten Investitionen vorangeht. Deshalb will die Bundesregierung auch an anderen Stellschrauben drehen: Das Vergaberecht, mit dem der Staat den öffentlichen Einkauf organisiert, soll reformiert werden.

Städtetag fordert Nachbesserung bei Vergabereform

Folgendes Ziel hat der Gesetzgeber dabei gesetzt: „Vergabeverfahren müssen beschleunigt, das Vergaberecht vereinfacht werden. Die Verwaltung, gerade im kommunalen Bereich, und die Wirtschaft sollen von Regelungen entlastet werden, die einen unverhältnismäßig hohen Mehraufwand für alle Akteure verursachen“, heißt es im Referentenentwurf in der Einleitung. Zuständig ist das Bundeswirtschaftsministerium unter der Leitung von Bundesministerin Katharina Reiche.

Verbände konnten ihre Stellungnahmen zum „Gesetz zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge“ (Vergabebeschleunigungsgesetz) bis zum 28. Juli einreichen. Der Entwurf soll am Mittwoch auf dem Tisch des Kabinetts liegen. Der Deutsche Städtetag warnte am Dienstag in einem Statement gegenüber der dpa jedoch vor „zu aufwendigen Vergaberegeln“, wie die Pressestelle der DEMO bestätigte. Die Städte forderten dringend, den Referentenentwurf für die Vergabebeschleunigung nachzubessern.

Schuchhardt: „Zu aufwendig, neue Hürden“

Christian Schuchardt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagte: „Der Referentenentwurf für das geplante Vergabebeschleunigungsgesetz wird seinem Namen leider noch nicht gerecht. Die geplanten Regelungen sind im aktuellen Entwurf zu aufwendig und bauen neue Hürden auf. Das ist kontraproduktiv.“ Er zielt dabei auf das Vergabeverfahren. Die Grundsätze sind im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festgelegt. Die Städte drängen darauf, dass sie „bei großen Bauvorhaben entscheiden können, wann der Einsatz von Generalunternehmern sinnvoll ist.“

Streitpunkt ist die Gesamtvergabe. In der Regel werden Leistungen aufgeteilt und getrennt nach Art oder Fachgebiet vergeben (sogenannte Teil- oder Fachlose). Von diesem „Losgrundsatz“ kann abgewichen werden: Ausnahmsweise ist eine Gesamtvergabe erlaubt, wenn bestimmte Gründe es erfordern. Das Problem: Für die Kommune steht eine Gesamtvergabe rechtlich auf tönernen Füßen.Deshalb wird diese Möglichkeit selten in der Praxis angewendet.

Deshalb fordern die Städte jetzt eine rechtssichere Option, die es ihnen erlaubt, Generalunternehmer einzusetzen. Schuchardt betonte: „Um große Projekte im kommunalen Wohnungsbau, für neue Schulen, den ÖPNV oder für die Wärmewende in den Städten zu realisieren, müssen Planen und Bauen zusammengehen. Außerdem sollten effiziente Verfahren wie serielles und modulares Bauen sowie kooperative Projektabwicklung zum Einsatz kommen. Ohne die Option, Generalunternehmer einzusetzen, wird das nicht funktionieren.“

Der Referentenentwurf sieht zwar eine neue Ausnahme vom „Losgrundsatz“ vor, wenn es um Projekte aus dem Infrastrukturfonds geht, die aus zeitlichen Gründen besonders dringlich sind. Das ist allerdings ein schwammiger rechtlicher Begriff und geht den Städten offenbar nicht weit genug, um in der Praxis rechtssichere Entscheidungen treffen zu können. Folglich würde sich bei der Vergabepraxis wohl auch nicht viel ändern, und weiterhin würden Leistungen getrennt vergeben werden.

Laut dem Städtetag gibt es einen mit der Bauwirtschaft und vielen Akteuren ausgehandelten Kompromiss, der den Gesetzentwurf deutlich verbessern würde. Diesen Kompromiss sollte die Bundesregierung aufgreifen, so die Forderung. In einer Stellungnahme mehrerer Verbände vom 9. Juli, die im Lobbyregister zu finden ist, gibt es weitere Details.

Darüber hinaus forderten die Städte, dass „endlich die Sonderregelungen für Bauvergaben verschwinden“ sollten. Damit würden das Bau- und das allgemeine Vergaberecht vereinheitlicht, wie es in den meisten europäischen Ländern üblich ist.

Auch unnötige Statistik- und Berichtspflichten sollten aus Sicht des Städtetags entfallen. „Das wäre ein wirksamer Beitrag zur Entbürokratisierung. Die Städte könnten ihre Fachkräfte dann besser dort einsetzen, wo sie dringender gebraucht werden.“

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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