Steuerschätzung: Einnahmen der Kommunen etwas besser als gedacht
Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat seine neue Prognose vorgelegt. Die Zahlen fallen besser aus, als noch im Frühjahr angenommen wurde. Besonders die Länder und Gemeinden können mit zusätzlichen Einnahmen rechnen.
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Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) stellte am 23. Oktober 2025 die Ergebnisse der neuen Steuerschätzung vor.
Bund, Länder und Gemeinden werden in diesem Jahr rund elf Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben, als noch im Frühjahr zu erwarten war. Zu diesem Ergebnis kommt der Arbeitskreis Steuerschätzung der Bundesregierung in seiner Herbstprognose. Insgesamt rechnet der Arbeitskreis mit staatlichen Einnahmen von 990,7 Milliarden Euro. Davon entfallen 390,9 Milliarden auf den Bund. 415,1 Milliarden fließen voraussichtlich in die Kassen der Bundesländer und 149,9 Milliarden an die Kommunen.
Gemeinden können sich über ein Plus freuen
Somit haben die Kommunen etwas mehr Geld zur Verfügung, als noch im Mai prognostiziert worden war, nämlich 1,8 Milliarden Euro. Auch in den kommenden Jahren können die Gemeinden mehr Geld einplanen: 2026 beträgt das Plus gegenüber der Schätzung vom Mai dieses Jahres 2,3 Milliarden Euro und 2027 sogar 3,4 Milliarden Euro.
Die Länder haben in diesem und dem nächsten Jahr jeweils knapp acht Milliarden mehr zur Verfügung. Der Bund hat laut der neuen Schätzung in diesem Jahr 1,8 und im nächsten Jahr 4,9 Milliarden Euro zusätzlich in der Haushaltskasse.
Der Grund für die verbesserte Prognose: Der Arbeitskreis geht von einem größeren Wirtschaftswachstum aus als bisher. In diesem Jahr werde das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt zwar nur um 0,2 Prozent wachsen. Für 2026 und 2027 seien aber Zuwächse von 1,3 und 1,4 Prozent zu erwarten. Der Staat kann dadurch auf mehr Einnahmen aus der Lohn-, Körperschafts- und Einkommenssteuer hoffen.
Klingbeil drängt weiter auf Einsparungen
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) wertete die Ergebnisse als Beleg dafür, dass die Bundesregierung den richtigen Weg eingeschlagen habe. Mit dem Infrastruktur-Sondervermögen habe die Koalition wichtige Impulse für mehr Wachstum gesetzt. Die Unternehmen seien durch Maßnahmen wie den „Wachstumsbooster“ entlastet worden. Dazu kämen geplante Maßnahmen wie die Senkung der Energiepreise, Bürokratieabbau oder die Beschleunigung von Verfahren. „Was wir tun, wirkt“, unterstrich der Finanzminister.
Gleichzeitig kündigte der Sozialdemokrat an, weiterhin einen strikten Konsolidierungskurs zu fahren. Noch immer sei mit größeren Haushaltslücken ab dem Jahr 2027 zu rechnen. „Die positiveren Wachstumsaussichten sind überhaupt kein Grund, sich zurückzulehnen“, betonte Klingbeil. Alle Kabinettskolleginnen und Kollegen müssten zügig Einsparungen in ihren Bereichen vorlegen.
Städte sprechen von Finanzkrise
Der Deutsche Städtetag reagierte zurückhaltend auf die neuen Zahlen. „Die Steuerschätzung hat die Erwartungen für die Kommunen großteils bestätigt, große positive Überraschungen blieben aus“, erklärte Hauptgeschäftsführer Christian Schuchardt in einer Mitteilung. Der angekündigte Herbst der Reformen müsse Ergebnisse bringen und die Kommunen finanziell entlasten. „Schon jetzt erleben wir ein noch nie da gewesenes Rekorddefizit. Die kommunale Finanzkrise droht, wenn sie nicht schnellstens behoben wird, eine Abwärtsspirale auszulösen.“
Hintergrund dieser Aussage: Die Kommunen haben im Jahr 2024 ein Defizit von fast 25 Milliarden Euro verzeichnet. Für das laufende Jahr ist mit noch höheren Zahlen zu rechnen, allein im ersten Halbjahr fehlten den Gemeinden und Gemeindeverbänden schon knapp 20 Milliarden Euro.
Schuchardt fordert drei Maßnahmen, um die kommunalen Haushalte wieder ins Lot zu bringen: „Wir brauchen eine Entlastung der Städte bei den ständig wachsenden Sozialkosten. Wir brauchen eine Neuordnung der staatlichen Aufgaben, die die Städte entlastet. Und Entbürokratisierung und Digitalisierung müssen vorankommen.“
Difu-Studie bestätigt Reformbedarf
In eine ähnliche Richtung geht ein Gutachten zur kommunalen Grundfinanzierung, welches das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erarbeitet hat. Es wurde ebenfalls am Donnerstag veröffentlicht. Die Autoren schlagen vor: Die kommunalen Finanzen müssten grundlegend neu geordnet, finanzschwache Kommunen gezielt entlastet und das Förderwesen vereinfacht werden.
Lars Klingbeil erinnerte auf der Pressekonferenz zur Steuerschätzung daran, dass der Bund die Steuermindereinnahmen vollständig ausgleiche, die den Kommunen durch den Wachstumsbooster entstünden. Das seien 25 Milliarden Euro bis zum Jahr 2029. „Das war mir auch wichtig, dass wir handlungsfähige Kommunen haben“, betonte der Finanzminister.
An die Bundesländer formulierte er die Erwartung, „dass von den 100 Milliarden aus dem Sondervermögen, die an die Länder gehen, auch schnell die Entlastungen an die Kommunen weitergegeben werden, damit die Bürgerinnen und Bürger spüren, dass sich etwas in der kommunalen Infrastruktur verändert.“ Unterm Strich führe das zu zusätzlichen Investitionen vor Ort.
Weiterführender Link:
bundesfinanzministerium.de
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.