VDI: Empfehlungen für effektiven Schutz gegen Hitze in Kommunen
Deutschland erlebt immer häufiger Hitzeperioden. Der Sommer 2025 startete im Juni mit Temperaturen bis 40 Grad. Der VDI hat konkrete Empfehlungen für die Aufstellung und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen vorgestellt.
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Ein Trinkbrunnen kann in großer Hitze Abkühlung verschaffen.
Mindestens 30 Grad oder sogar heißer: Solche Hitzetage gibt es immer öfter in Deutschland – nicht nur gefühlt, sondern auch statistisch belegt, wenn man lange Zeiträume betrachtet: Von 1961 bis 1990 gab es im Durchschnitt 4,2 Hitzetage pro Jahr. Von 1991 bis 2020 hat sich der Wert auf 8,9 Hitzetage im Schnitt mehr als verdoppelt. 2024 wurden 12,5 heiße Tage beobachtet. Die Jahre 2018 (20,4), 2019 (17,0) oder 2003 (19,0) dürften vielen Menschen in Erinnerung geblieben sein.
Kein Gesetz zur Vorsorge gegen Hitze
Auch dieses Jahr startete im Juni mit Temperaturen um 40 Grad – ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Meteorologen warnen vor künftigen Hitzewellen, die eine Gefahr für die Gesundheit darstellen können – vor allem für Ältere, kleine Kinder, Schwangere oder chronisch Kranke. Kommunen könnten als Antwort auf diese Entwicklung kommunale Hitzeaktionspläne aufstellen und umsetzen, empfahl der Verband VDI am Dienstag.
„Bislang gibt es kein Gesetz oder eine normative Regelung zur Vorsorge beziehungsweise zum Schutz vor Hitze in Deutschland“, warnte Thomas Griebe, der beim VDI Vorsitzender des Gremiums „Hitzeaktionsplanung“ ist und im Umweltschutzdezernat der Stadt Duisburg arbeitet.
42 Hitzeaktionspläne in Deutschland
Allerdings sei das Jahr 2003 mit fast 9.000 hitzebedingten Toten allein in Deutschland „ein Weckruf gewesen, für die Notwendigkeit, Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, um sich an die Wärmebelastungen durch den Klimawandel anzupassen“, sagte Griebe. Es gebe aktuell 42 Hitzeaktionspläne, die sich zumeist an Handlungsempfehlungen einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe aus dem Jahr 2017 orientierten.
„Dabei wird der Begriff Hitzeaktionsplan recht unterschiedlich ausgelegt“, merkt Griebe an. Er wies auf inhaltliche Unterschiede hin: Nur fünf Pläne beschäftigten sich beispielsweise mit Notfallmanagement. „Das ist wahrscheinlich nicht ausreichend, um strategisch-systematisch mit dem Thema Hitze umzugehen.“ Daher plädierte der VDI für eine bundesweit harmonisierte Hitzeaktionsplanung.
Handlungsempfehlungen zum effektiven Hitzeschutz
Die Experten des VDI haben auch eine Handlungsempfehlung für einen effektiven Hitzeschutz für Kommunen erarbeitet. Die Publikation kann auf der Internetseite des VDI kostenlos heruntergeladen werden.
„Hitzeschutz ist präventiver Katastrophenschutz“, betont Griebe. „Unsere Empfehlungen sollen Kommunen helfen, systematisch auf Hitzewellen zu reagieren und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.“
Die Anleitungen beschreiben zum Beispiel, wie wichtig auf kommunaler Ebene eine Zusammenarbeit aller Mitwirkenden ist. Dafür wird – verkürzt ausgedrückt – eine Projektstruktur empfohlen mit einem Lenkungskreis, einer Projektleitung und entsprechenden Arbeitsgruppen. „Da mehrere Bereiche (Gesundheit, Katastrophenschutz, Umwelt, Soziales) einer Kommune betroffen sind, empfiehlt sich stets die Leitung durch einen Hauptverwaltungsbeamten oder eine Hauptverwaltungsbeamtin“, heißt es in den Empfehlungen.
VDI-Experten: Krisenstab ratsam
Für außergewöhnliche Hitzeereignisse halten die Expert*innen des VDI einen Krisenstab für ratsam. Es wird empfohlen, neben den ständigen Mitgliedern des Krisenstabs (Feuerwehr, Katastrophenschutz, Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Umweltamt, Sozialamt, Wohnungsamt, Callcenter, Versorgungs- und Verkehrsbereich) auch Akteure – z. B. örtliche Hilfsorganisationen – einzubinden.
In den Empfehlungen wird darüber hinaus auch auf die Besonderheiten des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes hingewiesen. Kommunen wird nicht nur empfohlen, es zu nutzen, sondern auch, den Umgang mit den Warnungen zu verbessern. Je nachdem, wie stark die Wärmebelastung ist, sollte eine Entscheidungsmatrix mit Maßnahmenplänen bereitliegen, die dann angewendet wird. So kann eine „Kommunikationskaskade“ in Gang gesetzt werden, die alle wichtigen Informationen an die relevanten Stellen bringt.
VDI: Maßnahmen auf DWD-Warnstufen abstimmen
Zum Beispiel können je nach Wetterlage und DWD-Hitzewarnstufe vorbereitende Maßnahmen getroffen werden – etwa Werbung für ein Hitzeschutztelefon oder die Verbreitung von Informationen über kühlende Orte und deren Öffnungszeiten. Bei stärkerer Belastung könnten Maßnahmen wie die Aktivierung der Nachbarschaftshilfe oder Hitzewarnungen im öffentlichen Bereich ergriffen werden – oder sogar die Öffnungszeiten der Schwimmbäder verlängert oder Trinkwasser verteilt werden.
Weitere Ratschläge reichen von der Empfehlung, den ÖPNV mit Klimatisierung auszustatten, über Möglichkeiten, wie im öffentlichen Raum für Abkühlung gesorgt werden kann – etwa mit mehr Trinkbrunnen oder schattigen Plätzen. Deutlich wird: Nicht nur die Kommune als Verwaltung, ihre Beiräte und Fachstellen, sondern auch Kliniken, Altenheime, Feuerwehr, THW sowie Träger sozialer Einrichtungen und Pflegeverbände sind beteiligt. „Es ist nicht nur ein Job der Kommune“, betonte Griebe. „Hier ist insbesondere die Abstimmung notwendig – zwischen der Kommune und den unterschiedlichen Akteuren, die nicht direkt im Regime der Kommune verortet sind.“
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.