Warum Dortmund mit der AfD über das Stadtwappen streitet
Die AfD wirbt im Kommunalwahlkampf mit Plakaten, die neben dem AfD-Logo das Stadtwappen zeigen. Die Stadt geht juristisch gegen diese Nutzung ihres Wappens vor. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Rechtsstreit im Überblick.
IMAGO / Dirk Sattler
Das Stadthaus in Dortmund mit dem markanten Stadtwappen.
Worum geht es in dem Fall in Dortmund?
Die Stadt Dortmund ist darauf aufmerksam geworden, dass der AfD-Kreisverband Dortmund im Rahmen des Kommunalwahlkampfs Wahlplakate mit einem leicht abgewandelten Stadtwappen der Stadt Dortmund im Stadtgebiet aufgehängt hat. Es zeigt einen schwarzen Adler auf goldenem Schild, Schnabel und Füße sind rot. Das Wappen steht direkt neben dem Schriftzug AfD, darunter „Kreisverband Dortmund“. Die Stadt will juristisch dagegen vorgehen.
Wie sind kommunale Wappen rechtlich geschützt?
Grundsätzlich steht allein der Stadt Dortmund das Recht zu, ihr Wappen zu führen, was sich aus der Gemeindeordnung NRW ergibt (14 Abs. 2 GO NRW). Außerdem werden kommunale Wappen rechtlich wie der Name nach Paragraf 12 BGB davor geschützt, dass jemand ihn unbefugt gebraucht. Die Verwendung des Stadtwappens ist geschützt, weil es ein Hoheitszeichen ist, das die staatliche oder kommunale Instanz repräsentiert. Wappen dienen traditionell seit Jahrhunderten der amtlichen Legitimation.
Wer kann das Stadtwappen rechtmäßig nutzen?
Ob oder wie Parteien, Unternehmen oder Privatpersonen das Stadtwappen verwenden dürfen, ist in der Hauptsatzung der jeweiligen Kommune oder in einer Wappensatzung geregelt. Nutzt es ein Dritter, darf zum Beispiel nicht der Eindruck entstehen, es sei ein amtlicher Vorgang. Auch das Ansehen der Stadt darf nicht beschädigt oder gefährdet werden, heißt es oft. Außerdem ist in der Regel eine Genehmigung erforderlich.
Auch in Dortmund kann im Internet-Portal der Stadt ein Antrag auf Genehmigung gestellt werden. Im aktuellen Fall hatte der AfD-Kreisverband Dortmund vor der Nutzung des Stadtwappens keinerlei Genehmigung beantragt, wie die Stadt bestätigte. „Eine solche wäre auch nicht erteilt worden“, bestätigte die Pressestelle gegenüber der DEMO. Als Begründung heißt es: „Aus Neutralitätsgründen wird keiner Partei die Nutzung des Stadtwappens zu Wahlkampfzwecken genehmigt. Die Verwendung des Stadtwappens auf Wahlplakaten stellt daher eine rechtswidrige Nutzung dar.“
Wie geht die Stadt Dortmund juristisch vor?
Dortmund kann als Berechtigte die „Beseitigung der Beeinträchtigung“ nach Paragraf 12 BGB verlangen. Konkret hatte die Stadt in einem ersten Schritt den AfD-Kreisverband aufgefordert, die Wahlwerbung mit dem Stadtwappen zu unterlassen und zwar auf Plakaten, Faltblättern, Flugblättern, im Internet, auf Online-Auftritten und Social-Media-Kanälen. Es sei untersagt, das Wappen „ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung zu benutzen“.
Weil die AfD sich weigerte, dem nachzukommen, hat Dortmund jetzt angekündigt, in einem nächsten Schritt über eine Fachanwaltskanzlei beim Landgericht Dortmund einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den AfD-Kreisverband stellen zu lassen, mit dem Ziel, die Nutzung zu verbieten. Die AfD wendet gegen die Forderung der Stadt ein, Dortmund habe in der Vergangenheit anderen Parteien die Nutzung erlaubt. So habe die OB-Kandidatin Annette Littmann von der CDU im Wahlkampf 2014 mit Stadtwappen geworben, so AfD-Kandidat Heiner Garbe.
Welche Rechtsstreitigkeiten über die Nutzung von Stadtwappen in Wahlkampfzeiten gibt es?
Es gibt zahlreiche Rechtsstreitigkeiten und Urteile, bei denen es um die rechtswidrige Nutzung kommunaler Wappen geht. Viele beschäftigen sich insbesondere mit der Nutzung durch private Personen oder Unternehmen. Es gibt aber auch Beispiele für Auseinandersetzungen in Wahlkampfzeiten: 2014 hat etwa die Stadt Stolberg dem parteilosen Bürgermeister-Kandidaten untersagt, mit dem Stadtwappen zu werben, wie die Stolberger Zeitung damals berichtete.
Auch nachdem der Kandidat nachträglich eine Genehmigung wollte, verweigerte sie der stellvertretende Wahlleiter mit der Begründung, es könne der Eindruck entstehen, Partei oder Kandidat handelten in amtlichen Auftrag. Dies widerspreche der Neutralitätspflicht der Stadt, hatte der verantwortliche Fachbereichsleiter betont.
Auch der SPD-Stadtverband in Stolberg hatte zu jener Zeit für den amtierenden Bürgermeister mit Flyern mit Stadtwappen geworben. Man habe nicht gewusst, dass eine Genehmigung erforderlich sei, erklärte der Stadtverband laut Stolberger Zeitung. Weitere Flyer wurden nicht verbreitet. Vor Gericht kam der Fall daher nicht. Allerdings würde in einem solchen Fall der Neutralitätsgrundsatz gelten, wonach es Amtsträgern grundsätzlich verboten ist, Wahlwerbung mit amtlichen Zeichen wie dem Wappen zu machen. Wahlkampf und Amtausübung müssen strikt getrennt werden.
Können Fraktionen im Rat das Stadtwappen nutzen?
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die weitergehende Frage, ob etwa Ratsfraktionen oder Gruppen das Wappen etwa für ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzen dürfen. Auch hier brauchen die Fraktionen eine Genehmigung. Die Gemeinde entscheidet nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen. Dazu gehört, dass sie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz beachtet. In einem Fall, der vor den Verwaltungsgericht Düsseldorf 2017 entschieden wurde, hatte eine Stadt in einem Fall die Nutzung des Stadtwappens trotz fehlender Genehmigung geduldet, einer anderen Ratsgruppe aber die Nutzung verboten. Einen rechtfertigenden Grund hat das Gericht nicht gesehen.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.