dbb-Bürgerbefragung

Beamtenbund beklagt hohe Zahl von Angriffen auf Staatsdiener

Carl-Friedrich Höck20. August 2019
Ordnungsamt
Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter werden häufig beschimpft, manchmal körperlich attackiert.
Jeder zweite Beschäftigte im Öffentlichen Dienst wurde schon verbal oder tätlich angegriffen. Das geht aus einer Umfrage im Auftrag des Gewerkschaftsdachverbandes dbb hervor.

Der „dbb Beamtenbund und Tarifunion“ beklagt eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft. Anlass ist eine Bürgerbefragung, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des dbb erstellt hat. 26 Prozent der befragten Bürger haben angegeben, bereits Übergriffe auf öffentlich Bedienstete beobachtet zu haben. Für die repräsentative Erhebung wurden insgesamt 2.000 Menschen befragt.

Polizisten sind oft betroffen, aber auch Beschäftige der Kommunen

Besonders oft haben die Bürgerinnen und Bürger Angriffe auf Polizisten erlebt: 73 Prozent derjenigen, die Übergriffe auf Staatsbedienstete beobachtet haben, berichteten von Attacken auf diese Berufsgruppe. Es folgen Rettungskräfte oder Notärzte (58 Prozent) sowie Bus- und Bahnfahrer (42 Prozent). Aber auch auf Feuerwehrleute (40), Lehrer (36) und Ordnungsamtsmitarbeiter (34) wurden häufig Übergriffe beobachtet.

Seltener nehmen Bürger Übergriffe auf Erzieher (16) oder Steuerbeamte (5 Prozent) wahr. Was nicht bedeuten muss, dass diese Berufsgruppen tatsächlich seltener attackiert werden. Denn Polizisten verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit auf der Straße, also im öffentlichen Raum. Somit ist es wahrscheinlicher, dass es für Übergriffe viele Zeugen gibt, als wenn diese im Büro stattfinden.

Geschlagen und bespuckt

Von den Befragten, die selbst im öffentlichen Dienst arbeiten, gab knapp jeder zweite an, schon einmal behindert, beschimpft oder tätlich angegriffen worden zu sein. Forsa hat sich bei den Betroffenen auch erkundigt, welche Form von Übergriffen sie erlebt haben. Beleidigungen kommen demnach am häufigsten vor – dies haben bereits 89 Prozent der attackierten Beschäftigten erlebt. 68 Prozent wurden angeschrien, 31 Prozent körperlich bedrängt, 17 Prozent geschlagen und 12 Prozent bespuckt.

Eine Auflistung, welchen Berufsgruppen die betroffenen Staatsdiener jeweils angehören, enthält die Studie nicht. Hier sei die Stichprobe zu klein für aussagekräftige Ergebnisse, räumt Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner ein.

Was der dbb ändern will

Der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach fordert angesichts der Zahlen ein Bekenntnis von Politik und Zivilgesellschaft, „sich hinter den öffentlichen Dienst zu stellen“. Als mögliche Maßnahmen nannte er während der Vorstellung der Studie in Berlin:

  • Mehr Transparenz in Form eines bundesweiten Registers für Übergriffe, um gezielter Prävention betreiben zu können
  • Mehr Personal in Polizei und Justiz, um die Strafverfolgung zu verbessern
  • Eine Forderungsabtretung auch für Beleidigungstatbestände: Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssten dann nicht mehr selbst auf Schmerzensgeld klagen, sondern dies würde der Staat für sie übernehmen
  • Flächendeckend Ombudsleute, an die sich betroffene Kollegen wenden können – so will Silberbach verhindern, dass Dienststellen einen „Mantel des Schweigens“ über solche Vorfälle legen
Ulrich Silberbach, dbb-Bundesvorsitzender. Foto: dbb/Marco Urban

Vor zwei Jahren hat der Bundestag höhere Strafen für Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte beschlossen. Das habe bisher jedoch wenig bewirkt, meint Silberbach. „Wir können gefühlt noch nicht feststellen, dass die Gesetzesverschärfung zu einer Entlastung der Kolleginnen und Kollegen geführt hat.“ Der Beamtenbund begrüße die Verschärfung dennoch und fordere, sie auf alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auszuweiten. „Denn das betrifft beispielsweise auch die Kolleginnen und Kollegen der Jobcenter“, so der dbb-Vorsitzende.

Knapp zwei Drittel halten den Staat für überfordert

Neben dem Sonderteil zur Gewalt gegenüber Staatsdienern enthält die regelmäßig durchgeführte Bürgerbefragung 2019 des dbb auch wieder Aussagen zum Ansehen des Öffentlichen Dienstes. Auch dieser Teil der Umfrage zeichnet ein düsteres Bild. 61 Prozent der befragten Bürger meinen, der Staat sei mit der Erledigung seiner Aufgaben überfordert. Vor allem Arbeiter oder Hauptschulabsolventen seien von der Handlungsfähigkeit des Staates nicht überzeugt, heißt es im Forsa-Bericht. Dass als Beispiele neben der Schul- und Bildungspolitik auch häufig die Bereiche Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie Innere Sicherheit genannt wurden, sei sicher auch „ein bisschen Reflex der Diskussion“ in der Öffentlichkeit, meint Forsa-Chef Güllner.

Positiv bewerteten die Befragten die Behördenleistungen im Bereich Straßenreinigung/Müllabfuhr (durchschnittliche Schulnote 1,8), Kindergärten (2,2) und Museen sowie Bibliotheken (jeweils 2,2). Weniger Ansehen genießen die Verwaltungen. Das zeigt sich an den Schulnoten für die Stadt- und Gemeindeverwaltungen sowie Finanzämter (jeweils 2,8), Sozialämter (3,1), Landes- und Bundesministerien (3,2 und 3,3) sowie Arbeitsämter (3,4).

 

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Informationen zur Studie: dbb.de

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