Hochwasserkatastrophe

Debatte um Katastrophenschutz

Karin Billanitsch22. Juli 2021
Es ist eine Debatte um das Warnsystem bei drohenden Wetterkatastrophen und um mehr Koordienierungskompetenzen für den Bund entstanden.
Die verheerenden Überschwemmungen in Deutschland werfen Fragen auf. Der Deutsche Städtetag warnt vor vorschnellen Schlussfolgerungen, fordert aber eine Analyse, um aus der Flutkatastrophe zu lernen. Im Fokus steht beispielsweise das Funktionieren des Frühwarnsystems.

Wenige Tage nach der Hochwasserkatastrophe ist der Katastrophenschutz stärker in den politischen Fokus gerückt. So hat etwa Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock mehr Kompetenzen des Bundes gefordert. Er müsse insbesondere bei überregionalen Katastrophen stärker eingebunden werden. „Es geht nicht um Zentralisierung, aber um ein „besseres Ineinandergreifen der verschiedenen Ebenen“, sagte sie kürzlich im ZDF.

Die Situationen seien sehr unterschiedlich, es gebe aus ihrer Sicht nicht „die eine Lösung", wie sie im ZDF sagte. „Einige Bundesländer hätten sehr schnelle Kommunikationsketten - in anderen, vor allem ländlichen Regionen, seien die Herausforderungen aber ganz anders“, so Baerbock. Daher schlägt sie vor, das Bundesamt für Katastrophenschutz und Krisenhilfe verstärkt in die Rolle miteinzubinden.

Burkhard Jung: „Glasklare Analyse“

Der Deutsche Städtetag hält vorschnelle Schlussfolgerungen über Fehler beim Katastrophenschutz für falsch. „Trotz der schwierigen Lage haben die Rettungsteams, Feuerwehr, THW, die Bundeswehr und die Bevölkerung in den Katastrophengebieten unter hohem Einsatz viele Menschen retten können“, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, sagte der Funke Mediengruppe.

Jung forderte gleichwohl eine "glasklare Analyse", um aus der Flutkatastrophe für die Zukunft zu lernen. Dabei müsse besonnen betrachtet werden, wo etwas verbessert werden sollte.

Debatte um das Warnsystem

Genau anschauen müssen werden sich alle Beteiligten von Bund, Ländern und Kommunen, wie die Warnung der Bevölkerung abgelaufen ist und welche Konsequenzen für die künftige Kommunikation bei Extremwetter zu ziehen sind, so Jung. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß, mit der die Flut die betroffenen Orte heimgesucht habe, seien „absolut außergewöhnlich“ gewesen.

Auch das Zusammenbrechen von Festnetz und Mobilfunknetz habe die Kommunikation erschwert. Jung forderte: „Die Analyse des Geschehens muss also viele Faktoren einbeziehen."

Weil elektronische Warnungen vor der Flut viele nicht erreicht hätten, forderte Karl-Heinz-Banse, der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes im ZDF eine stärkere Aktivierung der Alarmsirene. Eine solche Sirene tauge nachts um drei Uhr mehr als die Warn-Apps auf irgendwelchen Handys. Allerdings machte er auch deutlich, dass jetzt nicht die Zeit für Schnellschüsse sei. „Wir sind in einigen Regionen noch immer in der Phase der Nothilfe; Es geht akut um die Bewältigung der Lage vor Ort“, so Banse.  

Wenn der Einsatz beendet sei, müsse er umfangreich, fachlich, objektiv und ohne politische Hintergedanken analysiert werden – auch im Bereich der Warnung der Bevölkerung. „Wir werden uns dann an der umfangreichen Auswertung beteiligen. Nötige Verbesserungen werden wir dann auch mit Nachdruck einfordern“, verspricht Banse in einem Statement.

DLT lobt gute Zusammenarbeit

Der Präsident des Deutschen Landkreistages (DLT), Reinhard Sager, sprach von einer guten Krisenorganisation in den betroffenen Landkreisen. „Katastrophenschutz, Hilfsorganisationen, Feuerwehren, Rettungsdienste, Technisches Hilfswerk, Polizei und Bundeswehr arbeiten gut zusammen.

Auch würden andere Landkreise unterstützen. „So waren über das Wochenende beispielsweise acht Kreisfeuerwehrbereitschaften und zwei Wasserrettungszüge von niedersächsischen Landkreisen in Nordrhein-Westfalen im Einsatz.“

Sager plädiert für Verbesserungen

Sager plädierte allerdings auch für Verbesserungen in Katastrophenfällen: „Beispielsweise wäre es gut, wenn SMS-Warnungen an jeden und jede gesendet werden würden, wenn größere Gefahren drohen. Derzeit leisteten das zwar verschiedene Apps, wie NINA und KATWARN. Einfacher wäre es laut Sager allerdings, auch Menschen mit älteren Handys und ohne Smartphones sekundenschnell informieren zu können. An dieser Stelle sollte die Politik den notwendigen Rechtsrahmen schaffen“, forderte er.

Katastrophenschutz ist Ländersache

Der Katastrophenschutz ist Ländersache, der Bund hat keine unmittelbaren Zuständigkeiten. Dabei sind die Kommunen für den Brand- und Katastrophenschutz sowie das Rettungswesen zuständig. Die Aufgaben werden als tragende Säule von Berufs- und freiwilligen Feuerwehren sowie Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen wahrgenommen. Insgesamt sind 1,34 Millionen Menschen in den Feuerwehren aktiv.

Außerdem können laut 35 Grundgesetz bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglückfällen zusätzliche Kräfte, und Einrichtungen anderer Verwaltungen, wie das Technische Hilfswerk, die Bundespolizei oder sogar Streitkräfte zur Hilfe angefordert werden.

BBK-Chef Schuster: „Kompetenzzentrum geplant“

Es gibt außerdem noch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Es stellt den Ländern und zuständigen Kreisverwaltungsbehörden die Warninfrastruktur zur Verfügung. BBK-Chef Armin Schuster sagte in den tagesthemen, das System habe funktioniert. Was mit diesen Meldungen vor Ort passiert, dafür sei die Behjörde nicht zuständig.

An dem föderalistischen Prinzip will Schuster auch nicht rütteln. Aber "Was wir uns wünschen, ist, dass eine Bundesbehörde wie wir in die Krisenstabsarbeit der Länder stärker mit einbezogen ist", sagte Schuster. Es sei ein Kompetenzzentrum geplant, damit alle politischen Ebenen und die Rettungsorganisationen alle an einen Tisch kommen.

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