Öffentlicher Dienst

Faeser will Bedienstete besser vor Bedrohungen und Gewalt schützen

Karin Billanitsch12. Januar 2022
Bundesinnenministerin Nancy Faeser Archivbild) sprach auf der dbb-Jahrestagung 2022
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will den öffentlichen Dienst stärken und seine Beschäftigten besser vor gewalttätigen Angriffen schützen, sagte sie bei der dbb Jahrestagung. Extremisten sollen schneller aus dem Dienst entfernt werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will streng gegen Angriffe auf Menschen im öffentlichen Dienst vorgehen: „Die Täter müssen konsequent zur Verantwortung gezogen werden“, sagte die SPD-Politikerin auf der Jahrestagung des Beamtenbundes dbb. Dazu gehöre auch die Anzeige – eine gute Anzeigenkultur – und auch das strafrechtliche Verfolgen. Faeser betonte: „Wir brauchen einen besseren Schutz der Betroffenen.“

Großer Einsatz trotz Pandemie

Sie findet es unerträglich, dass es immer mehr Bedrohung und Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes gibt, so die Ministerin weiter. Zugleich betonte sie vor den Hintergrund der anhaltenden Corona-Krise: „Viele Mitarbeiter*innen wachsen tagtäglich über sich hinaus, „viele halten tagtäglich den Kopf hin – trotz Anfeindungen, trotz eigener Infektionsgefahren … .“ In den Krankenhäusern, bei der Polizei, in den Rettungsdiensten, den Jobcentern, bei den Schulen und Kitas: In ganz vielen Bereichen gehen die Menschen über das Normale hinaus und leisten Großartiges.“

Sie spricht auch die Demonstrationen von Gegnern der Corona-Politik an und appelliert an alle diejenigen, „die dort mitgehen, sehr genau zu schauen, mit wem sie da gehen, und was sie an Gewalt und Angriffen auch gegen sich selbst gelten lassen müssen, wenn sie akzeptieren, was andere Mitdemonstrierende dort tun.“

Faeser kündigte auch an, die Prävention stärken zu wollen. Das Bundesinnenministerium hat mit dem Beamtenbund eine Studie dazu in Auftrag gegeben, die Mitte des Jahres vorgestellt werden soll, und aus der „ganz konkrete Handlungsschritte“ abgeleitet werden sollen. Dadurch sollen Bedienstete in Zukunft besser geschützt werden können.

Entschlossenes Vorgehen gegen Extremisten

Ein weiteres Thema ist der Bundesinnenministerin wichtig: Sie sieht im Rechtsextremismus derzeit „die größte Bedrohung für unsere Demokratie und für unsere offene und vielfältige Gesellschaft.“ Sie kündigte ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextreme im öffentlichen Dienst an: „Verfassungsfeinde werden wir schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernen als bisher.“ Wer nicht fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, habe in Behörden nichts zu suchen, stellte sie klar.

Die Gründe, warum die Entfernung von Extremisten aus dem Dienst sehr oft „viel zu lange dauert“ sollen genau geprüft werden, dann sollen die „richtigen Rahmenbedingungen“ dafür gesetzt werden, dass künftig sehr viel schneller und konsequenter gehandelt wird. 

Silberbach kritisiert die Politik

Der Chef des Beamtenbundes, Ulrich Silbernagel, übte harte Kritik an der Politik. Er beklagte eine Gesetzesflut: In den letzten vier Jahren sehr mehr als 500 Gesetze erlassen worden. „Es mangelt nicht an detaillierten Vorschriften, sondern an Technik und an personell gut ausgestatteten Gerichten, Behörden und Verwaltungen fehlt, die Gesetze effektiv zu vollziehen. Die Corona-Politik kritisierte er: Es waren nicht die Verwaltungen, die die Menschen in den vergangenen zwei Jahren Pandemie mit zögerlichem, teils widersprüchlichen und widersinnigen Maßnahmen“ kirre gemacht haben. Dabei sei der Eindruck erweckt worden, dass in diesem Land jeder Kindergeburtstag besser organisiert ist, als das staatliche Krisenmanagement.

Es sei aus Saumseligkeit und Begeisterung für schwarze Nullen über Jahre hinweg versäumt worden, die Behörden und Verwaltung krisenfest aufzustellen. Dann dürfe man sich nicht „den Schlaf aus den Augen reiben und sich wundern, dass Marokko das Impfen besser hinbekommt als wir.“

Deutschland sei heute das Land der Funklöcher und Sicherheitslücken. „Ein Termin beim Bürgeramt ist Glückssache.“ Ständig mehr Aufgaben, zu wenig Personal, mangelhafte Ausstattung, ein Wust an Bürokratie, der jede Innovation und Agilität im Keim erstickt.  „Natürlich sind die Bürger*innen enttäuscht über einen schwerfälligen Staat“, sagt Silberbach. Auch er spricht davon, dass sich der Frust von Teilen der Bürger*innen immer mehr durch verbale und tatsächliche Gewalt gegenüber den Bediensteten entlädt. Silbernagel forderte „einen klaren Schnitt in Sachen Staat, um all diesen Fehlentwicklungen Einhalt zu gebieten.“

Der dbb-Chef skizzierte mahnte zur Eile: „Wir müssen jetzt einfach ins Machen kommen“, forderte Silberbach. Neben einer aufgabengerechten Personalausstattung und attraktiven Arbeitsbedingungen gelte es, die Digitalisierung der Verwaltung endlich tatsächlich umzusetzen. „Aktuell fehlen uns im öffentlichen Dienst insgesamt mehr als 330.000 Beschäftigte für die Erledigung der Aufgaben. Damit nicht genug: Fast 1,3 Millionen Kolleginnen und Kollegen sind über 55 Jahre und werden in den kommenden Jahren ausscheiden.

Bundesfinanzminister Christian Lindner unterstrich bei der Jahrestagung die Bedeutung der Digitalisierung und der Diversität. Mit Hilfe von bestehenden Kreditermächtigungen des Bunds in Höhe von 60 Milliarden Euro sollen unter anderem aufgrund der Pandemie nicht erfolgte Investitionen in die technologische Transformation und Modernisierung des Staates vorgenommen werden. Die geplante Reform der Ampel-Regierung für qualifizierte Einwanderung nach Deutschland stelle außerdem für den Staatsdienst eine Chance zur besseren Nachwuchsgewinnung bei gleichzeitiger Stärkung der Vielfalt dar, so Lindner.

Nancy Faeser verwies auf die Wegmarken, die im Koalitionsvertrag gesetzt worden sind: „Die Modernisierung des Staates, digitaler Aufbruch und Innovation stehen ganz oben auf unserem Arbeitsprogramm für die kommenden vier Jahre.“ Das gelingt nur mit einem starken öffentlichen Dienst, sagte Faeser an die Adresse von dbb-Chef Silbernagel.

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