Gesundheitsämter

Impfpflicht: BVÖGD-Vorsitzender Nießen für dreistufiges Verfahren

Carl-Friedrich Höck17. Februar 2022
Corona-Impfung in einer Düsseldorfer Apotheke
Der Öffentliche Gesundheitsdienst brauche einheitliche Vorgaben, um die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen. Das sagt der BVÖGD-Vorsitzende Johannes Nießen. Als nächsten Schritt empfiehlt er, eine Impfpflicht für vulnerable Gruppen zu prüfen.

Die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zum 16. März stellt die Kommunen weiterhin vor Herausforderungen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD), Johannes Nießen, erklärt auf DEMO-Anfrage: „Wir begrüßen die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Aber: Ein Gesetz ist nur so gut, wie es auch umgesetzt wird.“ Deshalb brauche man einheitliche, klare Vorgaben, die auch am 16. März umgesetzt werden können.

Wer setzt die Impfpflicht um?

Nießen weiter: „Mit dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst wurde noch kein Personal für die Etablierung der notwendigen Prozesse bei Erlass einer gesetzlichen Impfpflicht vorgesehen. Daher muss sich gekümmert werden, wer entsprechende Prozesse und Maßnahmen vor Ort umsetzt.“ In der Pflicht seien zuerst die Arbeitgeber. Sie müssten prüfen, wie viele Berufstätige nicht geimpft sind, und dies bis zum 15. März den örtlichen Gesundheitsämtern mitteilen. „Die Informationen sollten bei einer Landesinstitution gesammelt werden. Denn es gibt Einrichtungen wie Altenheime, Pflegedienste oder Krankenhäuser, die kommunenübergreifend arbeiten.“

Wenn ein Gesetz zur Impfpflicht komme, so müsse es auch einen Ermessensspielraum für die Einrichtungen und Behörden geben, meint Nießen. „Wenn zum Beispiel ein Krankenhaus sagt, wir können ohne diese Krankenschwester nicht arbeiten, dann ist es vorrangig, dass die medizinische Grundversorgung gewährleistet ist, als dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt wird. Das gilt es abzuwägen in Einzelfällen und gemeinsam mit den jeweiligen Landesgesundheitsämtern Lösungen zu finden, die das Gesetz auch verhältnismäßig machen.“

Der Verband empfehle ein dreistufiges Verfahren, so der BVÖGD-Vorsitzende: „Erstens müssen wir die einrichtungsbezogene Impfpflicht umsetzen. Auf der zweiten Stufe prüft man eine Impfpflicht für vulnerable Gruppen. Also für diejenigen, die besonders gefährdet sind, bei einer Infektion einen schweren Krankheitsverlauf zu haben oder zu sterben. Und drittens muss man abhängig vom Pandemieverlauf schauen, ob eine allgemeine Impfpflicht noch nötig ist. Das ist das Verfahren, welches wir aus fachlicher Sicht befürworten.“

Allgemeine Impfpflicht wird weiterhin angestrebt

Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen der Länder haben sich am Mittwoch für die allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Nur eine hohe Impfquote könne eine hohe Zahl an schweren Verläufen und die damit einhergehende Belastung des Gesundheitssystems verhindern, heißt es in einem gemeinsamen Beschlusspapier (hier als PDF). „Vor diesem Hintergrund bekräftigen der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder die Notwendigkeit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht.“ In einer Protokollnotiz merkt der Freistaat Sachsen einschränkend an, dass erst die Voraussetzungen präzise geklärt werden müssten. So müsse erst ein Impfregister aufgebaut werden und es würden weitere Erkenntnisse zu möglichen Virusvarianten benötigt.

Im Bundestag werden aktuell mehrere Anträge zum Thema beraten. Darunter ist auch ein Entwurf von mehreren Abgeordneten der Ampel-Koalition, der die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren zum 1. Oktober 2022 vorsieht.

Zudem hat die Ministerpräsident*innenkonferenz klargestellt, dass es mit dem Beginn der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht automatisch zu flächendeckenden Betretungsverboten für Ungeimpfte kommen soll. Dabei geht es um den Gesundheits- und Pflegebereich sowie um die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. Im Beschluss heißt es dazu: „Mit dem Ziel, dabei auch die Versorgung in den betroffenen Einrichtungen weiterhin flächendeckend sicherzustellen, befinden sich die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister des Bundes und der Länder in einem intensiven Abstimmungsprozess. Die Gesundheitsämter haben  ein  Ermessen  bei  der  Umsetzung  der  Maßnahmen.  Ein  Betretungsverbot stellt die letzte Stufe dar.”

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