Rezension Anton Knapp: „Ist das Kunst oder muss das weg?“

Warum auch kleine Gemeinden mehr Kunst brauchen

Carl-Friedrich Höck24. Januar 2020
Cover „Ist das Kunst oder muss das weg?”
Die Bedeutung von Kunst im öffentlichen Raum wird insbesondere in kleinen Kommunen unterschätzt, meint Anton Knapp. Der ehemalige Bürgermeister hat dem Thema ein Buch gewidmet und meint: Kunst und Kultur ist Teil der Daseinsvorsorge.

Mit seinem kürzlich erschienenen Buch hält Anton Knapp ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Kunst im öffentlichen Raum. Sein Appell richtet sich vor allem an Kommunalpolitiker*innen, wie er selbst einer ist. Von 1988 bis 2016 war der Sozialdemokrat Bürgermeister der Stadt Hüfingen. Sein Resümee aus insgesamt vier Jahrzehnten kommunalpolitischem Engagement: Die Bedeutung von Kunst und Kultur werden insbesondere in kleineren Kommunen unterschätzt, wenn nicht sogar völlig übersehen.

Kunst gehöre zur Grundversorgung

Dabei sei Kunst eben nicht nur ein Luxus für die oberen Zehntausend, sondern ein zentrales Element des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Um diese These zu veranschaulichen, nimmt Knapp die öffentlichen, also für alle frei zugänglichen Räume in den Blick. „Öffentliche Räume ermöglichen und bilden Identifikation, Gemeinschaftssinn und sozialen Zusammenhalt nach innen und sind zugleich Imageträger nach außen“, betont der Autor. Kunst könne und solle einen Teil dazu beitragen.

Deshalb wirbt Knapp dafür, der Kunst auch in den Haushaltsverhandlungen mehr Gewicht beizumessen. Kunst im öffentlichen Raum sei ein Stück Daseinsvorsorge, sie gehöre zur Grundversorgung der Bürger*innen.

Knapps gut 150 Seiten starkes Büchlein bietet zunächst eine kurze theoretische Einführung in das Thema. Er zeichnet die Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum nach, von den öffentlichen Plätzen der Antike bis hin zum „erweiterten Kunstbegriff“ von Joseph Beuys. Dabei wird deutlich: Einst wurden Kunst und öffentliche Plätze ganz selbstverständlich von Beginn an zusammengedacht, während heute Plastiken oft nachträglich hinzugefügt werden.

Tipps und Gedanken für Kommunalpolitiker*innen

Im zweiten Block des Buches gibt der ehemalige Bürgermeister handfeste praktische Tipps für Kommunalpolitiker*innen. Etwa, wie ein Wettbewerbsverfahren erfahrungsgemäß am besten gestaltet werden kann, welche Finanzierungsmöglichkeiten es gibt und was bei der Pflege und Erhaltung von Kunstwerken zu beachten ist. Eine Auswahl-Jury dürfe keinesfalls von Gemeinderatsvertretern dominiert werden, warnt Knapp. Sonst würden gefällige Kunstwerke ausgewählt, die den breiten Geschmack so sehr repräsentieren, dass sie keinen Dialog mehr auslösen.

Gedanken wie diesen vertieft Knapp im dritten Abschnitt. Dort geht er der Frage nach, was Kunst eigentlich leisten soll: Als „Provokation und Störung“ beispielsweise oder als Standort- und Entwicklungsfaktor für die Kommune. Wenn es ums Geld geht, wird Knapp auch mal pathetisch: „Menschenwürdige Lebensverhältnisse definieren sich nicht nur in Stein, in ordentlichem Straßenbelag und guten Verkehrsverhältnissen. Der Status von Kunst, Kultur und Kulturschaffenden ist auch ein Seismograph für die freiheitliche Verfasstheit eines Gemeinwesens.“ Einsparungen bei der Kultur würden zu kurzfristigen Effekten führen, aber einen Haushalt nicht sanieren. Dafür sei der gesellschaftliche Flurschaden solcher Einschnitte viel größer.

Knapps Aufruf: nehmt Kunst wichtiger!

So lautet dann auch sein Fazit: Kommunale Kulturpolitik mit ihren „unbestritten beobachtbaren positiven Auswirkungen auf Sozialpolitik, strukturpolitische Aspekte, Wirtschaftspolitik, Tourismus, ja Stadt- und Gemeindeentwicklung insgesamt muss – auch im Hinblick auf den Einsatz kommunaler Finanzmittel – höhere Priorität erhalten als bisher.“

Insbesondere für kommunale Kulturpolitiker*innen ist das Buch eine Quelle hilfreicher Ratschläge und Argumente. Und weil sich Knapp knapp fasst, ist es auch kurzweilig zu lesen.

Anton Knapp:
Ist das Kunst oder „muss“ das weg?
Impulse für die Debatte um Kunst im öffentlichen Raum
Dold-Verlag 2019, 156 Seiten, 19,80 Euro, ISBN:  978-3-948461-00-3

weiterführender Artikel