Digitalisierung

Smart City Norderstedt

Susanne Dohrn 22. Juni 2023
Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, IKT Regio-Netzwerk-Geschäftsführer Suha Murteza und Sonja Bahnsen (v. l.) von der Stabsstelle Digitalisierung mit einer Sammelbox: Ausrangierte Smartphones oder Tablets werden eingesammelt und wiederaufgearbeitet.
Wie lässt sich eine Stadt mit Hilfe der Digitalisierung ökologischer und sozial gerechter gestalten? Die Kommune hat dazu ihre Bürgerinnen und Bürger befragt.

Smart bedeutet schlau, intelligent, pfiffig oder auf Draht. Wer smart ist, nutzt geschickt seine Möglichkeiten und kommt voran. Seit einigen Jahren werden immer mehr Städte „smart“. Sie nutzen die Digitalisierung, um „ihre Entwicklung sozial verträglich, gerecht, energie- und ressourceneffizient zu gestalten.“ So steht es in der „Smart City Charta“ der Bundesregierung. Norderstedt liegt im bundesweiten Vergleich weit vorn auf Platz zehn und ist damit smarten Millionenmetropolen wie Hamburg, München, Köln oder Berlin dicht auf den Fersen.

Das ist das Ergebnis der Smart-City-Studie der Unternehmensberatung Haselhorst Associates, die jährlich bundesweit 407 Städte unter die Lupe nimmt. Das Erfolgsprogramm der 85.000-Einwohner-Stadt im Süden Schleswig-­Holsteins heißt „Norderstedt – GO“. Die Vision lautet: „Ideenraum der Zukunft. Für mehr Möglichkeiten. Für mehr Lebensqualität. Für alle.“

Das Ziel ist ehrgeizig. „Wir wollen bei der Digitalisierung auf Platz eins kommen“, sagt Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD). Die Voraussetzungen sind da: Bei der digitalen Infrastruktur erreicht die Stadt schon jetzt 100 Prozent und ist damit Spitzenreiter in Deutschland. Roeder: „Wir haben keine Kupferkabel. In Norderstedt wurde von Anfang an nur Glasfaser verlegt.“

Ehrenamtliche Zukunftsbotschafter

Behördengänge digital erledigen, das regelt das 2017 in Kraft getretene Online-zugangsgesetz (OZG), das derzeit in der Umsetzung ist. Bei der Smart City geht es um mehr. Es geht darum, mit Hilfe der Digitalisierung eine Kommune ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig zu gestalten. Von oben nach unten gehe das nicht, sagt die Oberbürgermeisterin. „Deshalb haben wir 2021 die größte Bürgerbeteiligung ins Leben gerufen, die es in Norderstedt je gegeben hat.“ Die Stadt hat alle Norderstedter aufgerufen, auf ehrenamtlicher Basis ihre Ideen einzubringen und Zukunftsbotschafter zu werden. Zur Auftaktveranstaltung im September 2021 kamen rund 200 Interessierte aus allen Alters- und Berufsgruppen. In den danach folgenden Workshops wurden 132 Vorschläge gesammelt, aus denen 30 Projektideen entstanden, die nun nach und nach umgesetzt werden.

Als eines der ersten Projekte startete eine Sammelaktion für mehr digitale Teilhabe. In Norderstedt können ausrangierte Smartphones, Tablets und Laptops an Sammelstellen wie den Stadtbüchereien oder im ServiceCenter der Stadtwerke Norderstedt abgebeben werden. Danach werden sie in einer von den Stadtwerken gegründeten Servicegesellschaft professionell und datenschutzkonform wiederaufgearbeitet und Norderstedtern, die sich solche Geräte nicht leisten können, kostenlos zur Verfügung gestellt. „Dieses Pilotprojekt stellt alle Dinge in den Fokus, für die die Smart-City-Offensive ‚Norderstedt GO!‘ steht. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Menschen in Norderstedt“, sagt Oberbürgermeisterin Roeder. Mehr als 150 Geräte wurden allein in den ersten vier Wochen abgegeben, 30 davon konnten wiederaufgearbeitet werden. Der Rest wird fachgerecht entsorgt.

Mit Service Ressourcen schonen

Nachhaltig und ressourcenschonend ist auch die Ausstattung der Abfallcontainer auf den Wertstoffinseln mit Sensoren. Diese melden den Füllstand und werden statt nach Terminkalender nun bei Bedarf geleert. Das spart unnötige Wege und belastet die Umwelt nicht mit überflüssigen Fahrten. Für die nahe Zukunft ist außerdem geplant, dass Besucherinnen und Besucher des 72 Hektar großen Stadtparks digitale Schließfächer für die Ausleihe beispielsweise von Spielen wie Federball, Boccia oder Softball sowie Campingstühle, Picknickdecken oder ­einen kleinen Grill nutzen können. Wer das nicht alles mitbringen muss, kommt eher mit dem Bus oder mit dem Rad, so die Idee. Auch das schont Ressourcen. Für alle, die mit der digitalen Welt noch nicht so vertraut sind, gibt es Handysprechstunden in den Stadtbüchereien.

In der Rathaus-Garage und auf dem Bauhof stehen fast nur noch E-Autos. Für längere Fahrten sollen demnächst Hybridfahrzeuge genutzt werden, so die Rathauschefin. Demnächst sollen im Stadtgebiet nur noch E-Busse fahren, die auf dem stadteigenen Busbahnhof geladen werden können. Den Rathausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern stehen 50 mit einer App buchbare E-Bikes zur Verfügung, die nahezu ständig in Gebrauch sind. In der Stadt selbst gibt es ein digital buchbares Verleihsystem für Fahrräder und Lastenräder mit oder ohne Elektro-Antrieb. Zukünftig sollen in einer Norderstedt-App alle digitalisierten Angebote der Stadt zusammengefasst werden. „Jeder kann sich dann das Angebot so zusammenstellen, wie er oder sie es haben möchte – von den Abfallterminen bis zu Konzertveranstaltungen“, so Oberbürgermeisterin Roeder.