VKU-Verbandstagung 2019

SPD-Vize Schäfer-Gümbel: „System der politischen Steuerung ist zu komplex“

Carl-Friedrich Höck11. März 2019
Thorsten Schäfer-Gümbel
Thorsten Schäfer-Gümbel auf der VKU-Verbandstagung
SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel beklagt, politische Zuständigkeiten seien unübersichtlich geworden. Auf der Verbandstagung der kommunalen Unternehmen fordert er zudem ein modernes Gemeindewirtschaftsrecht.

Die Debatte um Diesel-Fahrverbote hat nach Ansicht des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel eine Problemstellung aufgerufen, die auch bei anderen Themen zu beobachten sei. „Unser System der politischen Steuerung ist zu komplex geworden“, sagte der Politiker auf einer Tagung des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) in Berlin. Es gebe institutionelle Unzuständigkeiten und Unklarheiten.

Das führe dazu, „dass am Ende niemand mehr so richtig weiß: Wer ist eigentlich noch für was zuständig?“, kritisierte Schäfer-Gümbel. Die Folge sei ein Legitimationsloch, das auch als Politikverdrossenheit beschrieben werde.

Kritik an vermeintlichen Lösungen fern der Lebensrealität

Beim Diesel-Thema, aber auch in der Energiepolitik oder beim Thema Wohnen und Mieten erlebten die Menschen, dass vermeintliche Lösungen diskutiert würden, die jedoch mit der eigenen Lebensrealität und den Erfahrungen vor Ort nichts zu tun hätten. Weil nämlich die kommunizierten Lösungen in der Lebenspraxis schwer oder gar nicht ankämen. Als Beispiel für Zuständigkeitswirrwarr nannte Schäfer-Gümbel Luftreinhaltepläne, die auf Landesebene verabschiedet würden, während die Kommunen für viele operative Maßnahmen zuständig seien. Das passe häufig nicht zusammen. Klar sei aber, dass die Stadtwerke – als Mobilitätsanbieter – Teil der Lösung sei müssten, um Mobilitätsprobleme zu lösen.

Man erlebe zudem „populistische Attacken auf politische Entscheidungsstrukturen“, fuhr Schäfer-Gümbel fort. Dazu zähle auch ein „Wohlstandspopulismus“ von Menschen, die oft wohlsituiert seien und „eigentlich nichts verändern wollen“. Somit würden notwendige Veränderungen blockiert, wenn zum Beispiel eine neue Straßenbahnlinie gebaut oder ein Windrad aufgestellt werden soll.

Schäfer-Gümbel sieht kommunale Unternehmen vor großen Aufgaben

Weiter sprach sich Schäfer-Gümbel für vergleichbare Lebensbedingungen in Stadt und Land aus. Dazu gehöre auch ein schneller Internetzugang überall. Die kommunalen Unternehmen werde das Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, vor einen stärkeren Auftrag stellen, „weil privatwirtschaftliche Unternehmen weder Interesse noch die Möglichkeit haben (...), ihre Angebote dort zu platzieren, wo es weniger Menschen gibt.“

Auch hier sieht der Sozialdemokrat Reformbedarf. „Wir werden ein modernes Gemeindewirtschaftsrecht brauchen“, sagte Schäfer-Gümbel. Es müsse einheitliche Bedingungen in allen Bundesländern schaffen und Restriktionen minimieren.

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