Bund und Kommunen

Nach Warnstreiks: Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gehen weiter

Carl-Friedrich Höck21. Februar 2023
Erzieher in einer Kita (Archivbild): Von den Tarifverhandlungen sind rund 2,4 Millionen Beschäftigte von Kommunen betroffen.
Am Mittwoch gehen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst in Bund und Kommunen in die zweite Runde. Worum es jetzt geht.

Nach zahlreichen Warnstreiks werden die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst fortgesetzt. Am Mittwoch und Donnerstag werden Vertreter*innen von Bund, Kommunen und Gewerkschaften in Potsdam zur zweiten Verhandlungsrunde zusammenkommen.

Eine erste Verhandlungsrunde im Januar endete ergebnislos. Die Gewerkschaften ver.di und dbb fordern weiterhin 10,5 Prozent höhere Entgelte, mindestens aber 500 Euro mehr pro Monat. Für Auszubildende, Studierende und Praktikant*innen sollen die Entgelte um 200 Euro steigen. Die Gewerkschaften streben auch eine Garantie für Auszubildende an, dass sie in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Verhandelt wird außerdem über eine Verlängerung der bisher geltenden Regeln zur Altersteilzeit. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.

Verhandelt wird für 2,5 Millionen Beschäftigte

Von den Tarifverhandlungen direkt betroffen sind 134.000 Beschäftigte des Bundes und rund 2,4 Millionen Beschäftigte von Kommunen. Für Beamt*innen, Richter*innen und Soldat*innen gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nicht. Allerdings erwarten die Gewerkschaften, dass die Besoldung dieser Gruppen an die im TVöD vereinbarten Entgelte angeglichen wird.

Die Verhandlungsführer*innen von Bund und Kommunen lehnen die Forderungen der Gewerkschaften als zu weitgehend ab. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums würden sie für die Tarifbeschäftigten des Bundes Mehrkosten von 1,4 Milliarden Euro bewirken. Insgesamt 4,7 Milliarden Euro würde es den Bund kosten, wenn auch die Beamt*innen, Richter*innen und Soldat*innen sowie die Versorgungsempfänger*innen berücksichtigt würden.

Kommunen verweisen auf angespannte Finanzlage

Auf kommunaler Seite würden die Forderungen der Gewerkschaften mit 15,4 Milliarden Euro zu Buche schlagen, rechnet der Verband kommunaler Arbeitgeber (VKA) vor. Dieser verweist auf die angespannte Finanzlage der Kommunen: Ihr Investitionsrückstand sei zuletzt erneut gewachsen und belaufe sich auf 159 Milliarden Euro. Die Probleme überschuldeter Kommunen seien weiterhin nicht gelöst. Und der Krieg gegen die Ukraine habe auch bei den deutschen Kommunen zu neuen Kosten geführt. Zudem seien die Tariflöhne im öffentlichen Dienst in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker gestiegen als die Inflation.

Dem hält der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach entgegen: „Statt gegen die eigenen Beschäftigten sollten die Kommunen lieber mit ihnen zusammen für eine bessere Finanzausstattung kämpfen.“ Wenn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die Zeche für eine verfehlte Finanzpolitik zahlen sollen, dann sei man kampfbereit. Das hätten die Warnstreiks der vergangenen Tage bewiesen, sagte Silberbach vor dem Start der zweiten Verhandlungsrunde.

Während die Gewerkschaften angesichts der hohen Inflation besonders die unteren Einkommensgruppen in den Blick nehmen, setzt sich der VKA für höhere Entgeltgruppen im kommunalen öffentlichen Dienst ein. Grund ist der Fachkräftemangel: Mit attraktiven Gehältern für Spezialist*innen wollen die Kommunen sie für den öffentlichen Dienst gewinnen. Außerdem sprechen sich die kommunalen Arbeitgeber*innen „für eine besondere Berücksichtigung der spezifischen Problemlagen u. a. der kommunalen Krankenhäuser, Sparkassen und der Versorgungswirtschaft“ aus, wie es in einer VKA-Broschüre heißt. Hintergrund ist, dass die Sparkassen mit Kreditausfällen zu kämpfen haben und die Kliniken mit steigenden Ausgaben, während die Zahl der Patient*innen abnimmt.

Um den Druck zu erhöhen, haben ver.di und dbb in den vergangenen Wochen zu Streiks aufgerufen. Bestreikt wurden unter anderem Krankenhäuser, Kitas und die Bundeswehrverwaltung. Auch mehrere Flughäfen waren betroffen, dort legte das Bodenpersonal die Arbeit nieder und damit den Flugverkehr lahm.

Drei Verhandlungsrunden geplant

Kritik am Zeitpunkt der Arbeitsniederlegungen übte Karin Welge, Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen und Verhandlungsführerin für die Kommunen. „Wir haben vereinbart, dass wir in drei Verhandlungsrunden zu einem Ergebnis kommen wollen. Nun haben wir gerade einmal die erste der Runden hinter uns”, erklärte Welge am Mittwoch. „Die Gewerkschaften suggerieren, dass wir uns als Arbeitgeber nicht bewegen würden. Das ist aber mitnichten der Fall.”

Auch in die zweite Gesprächsrunde gehen die Arbeitgeber*innen ohne ein konkretes Angebot. Man werde in der Runde über viele Themen und Probleme sprechen, die man nur gemeinsam lösen könne, kündigte Welge an. „Ob und wann wir ein Angebot abgeben oder auch ohne ein formales Angebot zu einer Einigung kommen, hängt vom konkreten Verhandlungsverlauf ab, dem ich nicht vorgreifen möchte.“ Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 27. bis 29. März terminiert.

 

Dieser Artikel wurde am 22.02.2023 aktualisiert.

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