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Solide Finanzgrundlagen schaffen – kommunale Handlungsfähigkeit sichern

Christine Behle 19. Mai 2021
Um die Corona-Krise zu bewältigen, müssen die Kommunen über eine solide Finanzausstattung und ausreichend Personal verfügen, damit Investitionen in die Zukunft – in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung – wirksam werden können, meint die stellvertretende Vorsitzende von verdi, Christine Behle. Die Gewerkschaft wird in den kommenden Wochen mit vielen Aktionen in den Kommunen aktiv.

Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die kommunale Daseinsvorsorge für die Lebensqualität und die Grundversorgung im Alltag sind. Allerdings wurden im letzten Jahr auch krasse Mängel bei der Ausstattung sichtbar, insbesondere die durch verfehlte Fiskalpolitik hervorgebrachte dünne Personaldecke. Kommunen geraten zunehmend in finanzielle Engpässe.

Christine Behle ist stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und Leiterin der Fachbereiche Bund/Länder und Gemeinden, Sozialversicherungen, Verkehr, Besondere Dienstleistungen sowie für Tarifpolitik Öffentlicher Dienst und die Personengruppen Beamte und Arbeiter. Foto: Kai Herschelmann / ver.di

Einnahmen gehen zurück – Haushaltssperren drohen

Die Einnahmen aus Steuern und Gebühren gehen deutlich zurück, insbesondere die Gewerbesteuer bricht ein. Die Steuerschätzung im Mai 2021 hat ergeben, dass die Gemeinden bundesweit bis 2024 mit Mindereinnahmen von über 42 Milliarden Euro rechnen müssen. Zugleich steigen die Ausgaben deutlich an.

Viele Städte und Gemeinden waren allerdings schon vor der Corona-Pandemie chronisch unterfinanziert. Aktuell drohen Haushaltssperren und das Verschieben dringend notwendiger Investitionen. Seit fast 20 Jahren reichen die Investitionen in die kommunale Infrastruktur nicht aus, um den Wertverzehr auszugleichen. Der Investitionsrückstand liegt mittlerweile bei 149 Milliarden Euro (KfW 2021). Das gefährdet die Zukunft der jüngeren Generationen, und es ist höchste Zeit, das zu ändern.

Bundesregierung muss Kommunen auch 2021 und in den kommenden Jahren entlasten

Das Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung hat die Kommunen 2020 entlastet. 2021 und in den kommenden Jahren muss dies fortgesetzt werden. Bund und Länder stehen in der Verantwortung, die kommunale Handlungsfähigkeit langfristig sicherzustellen. Dafür müssen die kommunalen Finanzen auf eine solide Grundlage gestellt und die Abhängigkeit von volatilen Einkommensquellen abgebaut werden. Ein Weg besteht darin, die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer umzubauen. In diese müssten alle Selbständigen einbezogen werden.

In Städten und Gemeinden leben und arbeiten wir. Wir sind dort zuhause. Es darf nicht sein, dass Kommunen aus Finanzmangel die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe oder andere soziale Dienste streichen, öffentliche Schwimmbäder und Kultureinrichtungen dauerhaft schließen, den öffentlichen Nahverkehr reduzieren oder kommunale Betriebe aus akuter Finanznot privatisieren und als Einnahmequelle verlieren.

Nicht zuletzt hat die kommunale Finanzmisere Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Vielerorts sind kommunale Verwaltungen und Einrichtungen von einer ausreichenden Personalausstattung weit entfernt. Dies führt zu einer höheren Arbeitsintensivität und zu Stress für die Beschäftigten. Und auch bei privaten Unternehmen und Trägern, soweit sie aus kommunalen Kassen finanziert werden bzw. kommunale Aufträge ausführen, geht der Finanzmangel zu Lasten der Beschäftigten: Gerade hier sind Tarifflucht, Privatisierung und Arbeitsverdichtung weit verbreitet.

Daseinsvorsorge stärken – ver.di in den Kommunen aktiv

Aus unserer Sicht gilt es zu verhindern, dass finanzschwache und finanzstarke Kommunen weiter auseinanderdriften und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als Ziel unerreichbar wird. Noch immer ist die Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, obwohl sie stark konjunkturellen Schwankungen unterliegt.

Es kann nicht angehen, dass die Zukunftschancen der Einwohner*innen der Städte und Gemeinden davon abhängt, ob ein erfolgreiches, steuertreues Unternehmen ortsansässig ist oder nicht. Nach der Pandemie werden umfassende und zum Teil auch neue Aufgaben auf die Städte und Gemeinden zukommen. Dazu müssen sie wieder vollumfänglich funktionieren können! Die Kommunen müssen Personal einstellen, um die Zukunftsaufgaben bewältigen zu können. In den nächsten Monaten bringen wir unsere Forderungen mit Aktionen in den Betrieben und Kommunen an die Öffentlichkeit und tragen sie an die politische Verantwortlichen heran.

Weitere Informationen: https://gemeinden.verdi.de