Kommunale Wärmeplanung: Eine Perspektive des Deutschen Landkreistages
Die kommunale Wärmeplanung erfordert nicht nur einen hohen planerischen Aufwand, Kosten und Personaleinsatz. Sie birgt auch die Gefahr, dass damit hohe, schwer zu erfüllende Erwartungen bei der Umsetzung vorgenommener Planungen geweckt werden. Ein Gastbeitrag.
IMAGO / BREUEL-BILD
Eine Wind-zu-Wärme-Anlage (Power-to-Heat-Anlage) auf dem Gelände des Heizkraftwerks Wedel bei Hamburg
Die Autorin dieses Beitrags, Nadine Brogard, ist Referentin beim Deutschen Landkreistag.
Die kommunale Wärmeplanung ist eine wichtige, zur Erreichung der nationalen Klimaziele maßgebliche, aber auch eine herausfordernde Aufgabe. Mit der Verabschiedung des Bundes-Wärmeplanungsgesetzes (WPG) und verschiedener Landesgesetze wurden die regulatorischen Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht. Die größte Arbeit wartet aber vor Ort in den Kommunen, sowohl bei der Erstellung der Wärmepläne als auch letztlich bei deren Umsetzung.
Die Bürgerinnen und Bürger wie die Unternehmen müssen – gerade vor dem Hintergrund der parallel stattfindenden Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes, gemeinhin bekannt als Heizungsgesetz – wissen, ob es in ihrer Gemeinde überhaupt die Aussicht auf eine spätere (leitungsgebundene) Versorgung mit Fernwärme, ggf. Wasserstoff oder anderen Energieträgern gibt oder ob eine individuelle CO²-freie Versorgung mit Wärme, z.B. über Pelletheizungen oder Wärmepumpen, zu leisten ist. Dies dürfte gerade unter den besonderen Bedingungen und Bedürfnisse der flächenhaften, aber dezentralen ländlichen Räume von hoher Relevanz sein. Deshalb hängen viele Entscheidungen in Bezug auf die Wärmeversorgung von der kommunalen Wärmeplanung ab. Keinesfalls dürfen insofern auch zu früh bspw. bestehende Gasnetzinfrastrukturen pauschal in Frage gestellt oder gar stillgelegt werden.
Gesetzliche Grundlagen und Verpflichtungen
Das am 1.1.2024 in Kraft getretene Bundes-Wärmeplanungsgesetz bildet die gesetzliche Grundlage für eine verbindliche und flächendeckende Wärmeplanung in Deutschland. Das Gesetz verpflichtet die Bundesländer sicherzustellen, dass bis zum 30.6.2026 für Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern und bis zum 30.6.2028 für kleinere Gemeindegebiete Wärmepläne erstellt werden. Diese Verpflichtung kann auf die Kommunen oder andere planungsverantwortliche Stellen, wie bspw. Landkreise, übertragen werden. Kernstück der Wärmeplanung ist die Ausweisung von Wärmeversorgungsgebieten, die auf einer Bestands- und Potenzialanalyse basieren. Ziel ist es, die Wärmeversorgung auf Treibhausgasneutralität umzustellen.
Herausforderungen und Forderungen
Finanzierung
Die Umsetzung des Gesetzes stellt die Kommunen – insbesondere Landkreise und deren kleine Gemeinden – vor große Herausforderungen, insbesondere bei der Finanzierung und er personellen Ausstattung. Der Deutsche Landkreistag macht deshalb seit langem deutlich, dass die Übertragung der Wärmeplanung auf die kommunale Ebene eine neue Aufgabe darstellt, die finanziell ausgeglichen werden muss. Zudem muss die Planung immer mit der Umsetzung gedanklich verbunden werden, die große Investitionen in Netzinfrastrukturen und Speicher erfordert. Die Förderprogramme des Bundes sowie die Zusage einer Unterstützung von insgesamt 500 Millionen Euro an die Länder sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die Kosten werden weitaus höher liegen. Insofern sind zeitnahe und konnexitätsrelevante landesrechtliche Regelungen notwendig, um Planung und Umsetzung nicht zu entkoppeln.
Kapazitäten
Unabhängig von einer Bereitstellung der Mittel bleibt angesichts der zunehmenden Aufgabendichte und des Arbeitskräftemangels die Frage der Kapazitäten in den Kommunen akut. Deshalb kommt es auch darauf an, dass Inhalte wie die Datenerhebung, das vereinfachte Verfahren oder das Konvoi-Verfahren möglichst pragmatisch ausgestaltet werden. Gerade in den ländlichen Räumen, in denen Gemeinden strukturell, finanziell oder personell häufig nicht die nötige Ausstattung haben, ist dies entscheidend. Dort sind die Entfernungen größer, die Einwohnerdichte geringer und die topografischen Bedingungen für den Aufbau von Wärmenetzen schwieriger sind als in städtischen Gebieten.
Hinzu kommt: Die Wärmeplanung endet erfahrungsgemäß nicht an Gemeindegrenzen und große Infrastruktureinheiten wie Leitungsnetze oder größere Analgen erneuerbarer Energien erfordern interkommunale bzw. kreisweiter Ansätze. Auch wichtige Infrastrukturen, wie Abfallbetriebe oder Kreiswerke, werden oft von Landkreisen oder Zusammenschlüssen aus Landkreisen betrieben. Der Landkreistag fordert daher, dass Landkreise ihre Bündelungs-, Unterstützungs- und Koordinationsfunktion wahrnehmen können und entsprechende Betreibermodelle ermöglicht und unterstützt werden. Technologieoffenheit bei der Wärmeversorgung ist entsprechend gleichzeitig Anliegen und Rahmenbedingung – insbesondere mit Blick auf ländliche Räume.
Fristen und Erwartungen
Schon jetzt wird erkennbar, dass zwar die Planungsfrist bis 2026 bzw. 2028 mit großer Mühe vielfach eingehalten werden kann – ihre tatsächliche Umsetzung bis 2035 aber kaum zu bewältigen ist. Es gilt, der Erwartung entgegenzutreten, dass eine Wärmeplanung für die Kommune automatisch eine verpflichtende Umsetzung bedeutet. Die Planungen müssen daher realistisch, technologieoffen und risikobewusst sein. Kommunen dürfen nicht in einen Planungs- und Erwartungsdruck geraten, der später zu Frustration führt – sowohl bei der Verwaltung als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Unterstützung der Landkreise
Der Stand der Wärmeplanungen ist sehr unterschiedlich. Einige Landkreise sind bereits gut aufgestellt und haben mit den Planungen begonnen oder verfügen sogar über bestehende Wärmepläne. Andere stehen noch am Anfang des Prozesses und müssen zunächst die Ressourcen und das Wissen zur Wärmeplanung aufbauen.
Zur Unterstützung der Landkreise und ihrer kreisangehörigen Gemeinden hat der Deutsche Landkreistag in Kooperation mit der Partnerschaften Deutschland GmbH (PD) und den Landkreisen Barnim, Celle, Cochem-Zell, Lichtenfels, München und Neu-Ulm im Rahmen einer Arbeitsgruppe einen Praxisleitfaden erstellt. Darin finde sich praktische Empfehlungen, Hinweise, Arbeitshilfen und Vorlagen für Landkreise für typische Herausforderungen bei der Wärmeplanung. Zudem wurden Online-Seminare durchgeführt, um den Wissensaustausch und die Weiterbildung unter den Landkreisen zu fördern.
Dabei zeigte sich – wie in vielen anderen Themenbereichen auch – die entscheidende Rolle der Landkreise: Zwar sehen die Gesetze die Landkreise nicht explizit als planungsverantwortliche Akteure vor, doch spiegeln die Praxiserfahrungen wider, wie wichtig ihre koordinierende, beratende und unterstützende Funktion ist. Landkreise verfügen über Erfahrung in regionaler Steuerung, Planung und Infrastrukturentwicklung. Sie können Ressourcen bündeln, den Wissensaustausch fördern, kommunale Konvois initiieren, kreisweite Beteiligungsformate entwickeln und ihre Gemeinden insbesondere in personell oder finanziell herausfordernden Situationen wirksam entlasten. Der Leitfaden einschließlich der Vorlagen für Landkreise können auf der Website des Deutschen Landkreistages abgerufen werden.
Fazit
Die kommunale Wärmeplanung ist zweifellos ein zentrales Instrument zur Erreichung der Klimaziele. Die Kommunen sind in den kommenden Jahren gefordert, die Wärmeversorgungssysteme zu planen und umzusetzen. Bundes- und Landesebene müssen dafür jedoch die Rahmenbedingungen schaffen und insbesondere für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Kommunen sorgen. Technologieoffenheit, realistische Zeitpläne und pragmatische Verfahren sind dabei Voraussetzung für eine glaubwürdige Umsetzung. Die Kommunen dürfen nicht mit Erwartungslasten und Fristendruck alleingelassen werden, sondern müssen mit klaren Perspektiven, ausreichender Unterstützung und realistischer Ausgangslage in die Wärmewende starten können. Die Landkreise arbeiten gemeinsam mit ihren Gemeinden an der Wärmeplanung für den kreisangehörigen Raum.
DEMO
ist Referentin beim Deutschen Landkreistag. Ihre Fachgebiete sind Umweltrecht und Klimaschutz, Bauen und Wohnen, Abfallwirtschaft sowie Land- und Forstwirtschaft.