Perspektiven

Warum Kommunen und Stadtwerke für den Klimaschutz entscheidend sind

Klimaneutral, bezahlbar, digital: Der Schlüssel zur erfolgreichen Energiewende liegt bei den Kommunen und kommunalen Unternehmen. Ein Gastbeitrag von Kai Lobo, Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

von Dr. Kai Lobo · 10. September 2025
Baustelle mit Rohren in der Erde

Verlegung einer Fernwärmeleitung in Aachen: 90 Prozent der deutschen Fernwärmenetze sind in kommunaler Hand.

Bauen ist mehr als Architektur. Wohnen mehr als vier Wände. Es geht um Wärme und Wasser, um Strom und Daten, um Müll und Mobilität, um das Leben also. Und um die Frage, wie wir in einer sich verändernden Welt Städte und Dörfer gestalten, in denen Menschen gut leben können. Die Antwort liegt nicht in einem Bundesgesetz. Sie liegt in der Kommune. Genauer: bei den kommunalen Unternehmen. Sie kennen die Stadtteile, die Quartiere, die Straßenzüge. Sie sorgen dafür, dass morgens die Dusche läuft, das Licht angeht, der Müll verschwindet und der Laptop sich mit der Welt verbindet.

Die Klimaschutzziele sind keine abstrakte Formel aus Berlin oder Brüssel. Sie sind Gesetz. Der Energiesektor hat in den vergangenen Jahren große Fortschritt gemacht. Nun rückt verstärkt der Gebäudesektor in den Fokus. Er verursacht noch immer ein Drittel der CO₂-Emissionen. Besonders beim Heizen muss deutlich mehr passieren, um die Klimaziele zu erreichen.

Wärmeplanung als Chance

Eigentlich sollen jedes Jahr 100.000 Gebäude an ein Wärmenetz angeschlossen werden. Wir brauchen die Wärmewende, weg von fossilen hin zu klimaneutralen Energieträgern. Hier beginnt die Verantwortung der kommunalen Versorger. Sie betreiben heute schon mehr als 90 Prozent der Fernwärmenetze in Deutschland. Sie wissen, wo industrielle Abwärme nutzbar ist, wo Geothermie möglich, wo Wärmepumpen sinnvoll sind. Sie haben das Know-how, die Netze, die Nähe.

Bis 2028 wird die Wärmeplanung in allen Kommunen Pflicht. Sie bietet die Chance, lokale Potenziale zu heben, etwa durch die Nutzung von Abwärme, Geothermie oder Biomasse. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) umfasst bis 2030 lediglich knapp 6 Milliarden Euro. Es ist gut, dass die neue Bundesregierung in den Haushaltsentwürfen für 2025 und 2026 bereits eine leichte Aufstockung und Verlängerung bis weit in die 30er Jahre hinein vorsieht. So ist es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen. Aber das Volumen reicht nicht, um die Ziele des Fernwärmeausbaus sowie die gesetzlich vorgeschriebene Dekarbonisierung zu finanzieren, wenn die Fernwärmepreise bezahlbar bleiben sollen. Realistisch ist ein Volumen von mindestens 3,5 Milliarden Euro jährlich. Dafür wirbt der VKU bereits seit längerem, damit die kommunalen Pläne auch umgesetzt werden können.

Wasserwirtschaft: Anpassung an den Klimawandel

Energie ist nicht das einzige Feld, auf dem Kommunen gefordert sind. Auch die kommunale Wasserwirtschaft steht vor enormen Herausforderungen, weil der Klimawandel sich immer häufiger in Wetterextremen zeigt. Dürren und längere Trockenperioden sowie Starkregenereignisse und Hochwasser erfordern massive Investitionen in wasserwirtschaftliche Infrastrukturen und Anlagen, zumal in den grün-blauen Umbau der Kommunen. Klimaanpassung muss Teil jeder Bauleitplanung sein.

Es braucht Rückhalteflächen, Versickerungsräume, digitale Steuerungssysteme und Stadtgrün. Der Investitionsbedarf in die Wasser- und Abwasserinfrastruktur liegt bis 2045 bei rund 800 Milliarden Euro. Allein 80 bis 120 Milliarden davon sind notwendig, um die Systeme an den Klimawandel anzupassen. In puncto Fördermittel für den Umbau zur klimaresilienten Infrastruktur hofft der VKU deshalb auch auf Mittel aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität. Ländern und Kommunen dürfen zwar ihren Anteil am 100 Milliarden Sondervermögen auch für Investitionen in die Wasserwirtschaft nutzen. Doch eine solche Öffnung könnte im Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIKG) des Bundes noch deutlich klarer verankert werden. Hier muss der Bundestag nachjustieren, damit auch die Wasserwirtschaft im Sondervermögen explizit berücksichtigt wird. Außerdem müssten mehr Mittel aus dem Klima und Transformationsfonds (KTF) für den klimagerechten Umbau zur Verfügung gestellt werden ‒ auch die laut Koalitionsvertrag zu prüfende Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung wäre wichtig.

Klimaschützer Abfallwirtschaft

Gleichzeitig steht eine andere Branche bereit, ihre Klimabilanz weiter zu verbessern: die kommunale Abfallwirtschaft. Seit 1990 hat sie ihre Emissionen um 90 Prozent reduziert. Das ist eine der stillen, aber erfolgreichen Geschichten der Transformation. Nun geht es um die nächste Etappe: Curricular Economy, unter anderem Kreislaufwirtschaft im Bau. Wenn Gebäude rückgebaut statt abgerissen, Baustoffe wiederverwertet statt entsorgt werden, entsteht ein neuer Stoffkreislauf. Kommunale Betriebe haben das Know-how und die Logistik. Die Umstellung auf klimaneutrale Fahrzeuge und Maschinen ist mit hohen Kosten verbunden. Der VKU fordert daher eine Wiederaufnahme des Förderprogramms für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur mit mindestens einer Milliarde Euro jährlich.

Ohne Glasfaser keine Smart City

Und schließlich: die digitale Infrastruktur. Ohne Glasfaser ist kein Quartier zukunftsfähig. Smart Meter, intelligente Heizsysteme, vernetzte Laternen, all das funktioniert nur mit stabilen Netzen. Über 220 kommunale Unternehmen investieren bereits jährlich rund 912 Millionen Euro in Glasfaserprojekte. Sie tun das nicht für Shareholder, sondern für Teilhabe. Damit vor allem auch in ländlichen Räumen digitale Lebensqualität möglich ist. Kommunale Anbieter bauen Netze, die allen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen. Und sie denken über den Anschluss hinaus, als Grundlage für smarte Anwendungen und für digitale Bürgerdienste.

Digitale Lösungen wie Smart Meter, intelligente Straßenbeleuchtung oder digitale Bürgerdienste verbessern nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Effizienz kommunaler Dienstleistungen. Mit einem Smart Meter können Stromerzeuger und -verbraucher über ein intelligentes Netz (Smart Grid) miteinander verknüpft werden und digital kommunizieren. Smart Meter helfen Netzbetreibern, das Stromnetz effizienter zu verwalten und Lastspitzen zu vermeiden. Ein Smart Meter kann zum Beispiel den Ladevorgang eines E-Autos automatisch in einen Zeitraum legen, in dem der Strom günstiger ist, zum Beispiel nachts oder bei hoher Solarstromproduktion. Der Ausbau an Smart Metern nimmt aktuell an Fahrt auf.

Am Ende geht es um lebenswerte Quartiere, nachhaltige Infrastruktur und soziale Teilhabe. Es geht um Vertrauen in die Menschen, die nicht auf den großen Bühnen der Politik auftreten, sondern in der Netzleitstelle, auf der Kläranlage, im Heizkeller und auf dem Bauhof arbeiten. Dort, wo die Transformation wirklich stattfindet. Kommunale Unternehmen stehen im Zentrum der Lösung, als Rückgrat der Daseinsvorsorge und als Innovationstreiber in Städten und Gemeinden.

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.600 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft und Telekommunikation.

Autor*in
Kai Lobo
Dr. Kai Lobo

ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer der Abteilung Energiewirtschaft im Verband kommunaler Unternehmen (VKU)

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