Rezension

Vision einer Mobilitätswende

Katja Diehls Buch sieht den Menschen im Mittelpunkt des Veränderungsprozesses.

von Karin Billanitsch · 23. Oktober 2024
Cover „Raus aus der Autokratie”

Cover „Raus aus der Autokratie”

„Studien belegen empirisch, dass lebenswerte Städte – in denen Raum ist für Begegnung, für Öffentlichkeit und für Gemeinsamkeit – intensiv genutzt und ‚belebt’ werden von ihren Bürgerinnen und Bürgern. In Städten, durch die sich Autokolonnen schieben, fahren die Menschen direkt nach der Arbeit wieder nach Hause.“ 

Professor Dirk Messner, ­Leiter des Umweltbundesamtes, ist eine der vielen kompetenten Stimmen, die Katja Diehl für ihr Buch „Raus aus der AUTOkratie“ befragt hat. Im ersten Teil der Buches geht sie gemeinsam mit ihren Interviewpartnern in eine Problemanalyse. Dabei fokussiert sie nicht nur Verkehrspolitik im engeren Sinn, sondern benennt die Auswirkungen einer autozentrierten Gesellschaft auf die soziale Ungerechtigkeit, auf Inklusion und auf die Umwelt. 

Gründe für langsame Transformation

Bei ihren Überlegungen zur Mobilitätswende stellt sie den Menschen in den Mittelpunkt. Im folgenden, rund 160 Seiten umfassenden zweiten Teil analysiert die Autorin kritisch die Zusammenhänge, warum die Transformation so langsam vorankommt. Sie identifiziert etwa vielfältige wirtschaftliche Interessen der Industrie als Blockierer. 

Mit Blick auf die politische Ebene verweist sie auf Österreich, wo dem Klimaschutzministerium der Verkehrsbereich eingegliedert wurde, was das Tempo der Transformation im Nachbarland erhöht habe. Diehl sieht außerdem den Kern der Mobilitätswende „nicht in der Technik, sondern in der Kommunikation“. Heute sei das Autofahren noch immer mit der Erzählung vom privaten Glück verbunden – ein Relikt aus der Nachkriegszeit. 

Internationale Vorreiter

Im dritten Teil geht es um Beispiele der Transformation in Städten und Regionen. Im Buch kommt auch Professor Carlos Moreno von der Universität Paris IAE – Panthéon Sorbonne in Frankreich zu Wort. „Wir haben Glück, eine Frau wie Anne Hidalgo zu haben“, sagt der Wissenschaftler. Die Bürgermeisterin von Paris hat viele Fahrspuren in Radwege umgewandelt, mehrere Zehntausend Parkplätze aus der Innenstadt entfernt, der Radverkehr wird gefördert und der ÖPNV ausgebaut. „Sie setzt sich voll und ganz für die Umgestaltung ihrer Stadt ein, um den Weg für das nächste Jahrzehnt, für die Zukunft zu öffnen.“ 

In Diehls Buch können jene, die sich für eine zukunftsfähige Verkehrswende ­interessieren oder sie gestalten, viele Anregungen gebündelt finden. 

Mehr Informationen:

Katja Diehl: 
Raus aus der AUTOkratie
Rein in die Mobilität von morgen 
S. Fischer Verlag, 2024, 350 Seiten, 
20,00 Euro, ISBN 978-3-10-397577-2

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Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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