Gebäudetyp E: Wie die Bundesregierung Bauen einfacher machen will
Abstriche bei der Zahl der Steckdosen oder dem Lärmschutz: Das will die Bundesregierung rechtssicher möglich machen, damit Bauen günstiger wird. Bauministerin Hubertz und Justizministerin Hubig haben die Pläne gemeinsam vorgestellt.
IMAGO / Mike Schmidt
Bauministerin Verena Hubertz (links) und Justizministerin Stefanie Hubig haben Eckpunkte für Bauen nach dem Gebäudetyp E vorgestellt.
Dass Bauen sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verteuert hat, hängt nach Meinung von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig mit den hohen Ansprüchen an Neubauten zusammen. „Bislang wird in Deutschland fast immer nach dem Goldstandard gebaut“, sagte die SPD-Politikerin bei einem Pressestatement am Donnerstag (20.11.2025). Dabei gehe gutes und sicheres Wohnen oft auch günstiger.
Das sieht auch Bundesbauministerin Verena Hubertz (ebenfalls SPD) so. Einfacher und schneller bauen sei möglich, „wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: kompakte Grundrisse, robuste Materialien und weg von Schnickschnack, der den Bau verteuert“, stimmte sie ihrer Kollegin zu.
E wie einfach
Gemeinsam haben Sie Eckpunkte für Bauen nach dem Gebäudetyp E vorgelegt. Dabei handelt es sich streng genommen gar nicht um einen konkreten Gebäudetypen, sondern um einen Begriff aus der Branche. Das E steht wahlweise für „einfach“ oder „experimentell“.
Worum es geht: Beim Bauen müssen nicht nur gesetzliche Vorschriften eingehalten werden, etwa zur Sicherheit von Gebäuden. Für die Ausführung und Planung von Bauwerken haben sich daneben viele Baustandards und „anerkannte Regeln der Technik“ etabliert. Gerichte ziehen diese Kriterien bei Vertragsstreitigkeiten heran, wenn sie beurteilen müssen, ob ein Gebäude mangelhaft errichtet wurde. Deshalb gehen viele Planer*innen lieber auf Nummer sicher und orientieren sich an den hohen Standards, selbst wenn das über den tatsächlichen Bedarf der späten Bewohner*innen hinausgeht.
Worauf beim Gebäudetyp E verzichtet werden kann
Hubig und Hubertz wollen erreichen, dass Vertragsparteien künftig einfacher und rechtssicher vom „Goldstandard“ abweichen können. Als Beispiel nannte Justizministerin Hubig, dass in einem 20 Quadratmeter großen Zimmer nur vier statt fünf Steckdosen verbaut werden. „Auch auf den Handtuchheizkörper im Bad legt nicht jeder Wert, wenn es ohnehin eine Fußbodenheizung gibt.“ Beim Schallschutz könnten ebenfalls Abstriche gemacht werden, indem weniger massive Wände errichtet werden, als es bisher üblich ist.
Hubertz ergänzte: Wenn eine Stoßlüftung durch die Fenster möglich sei, müsse nicht unbedingt eine mechanische Belüftungsanlage eingebaut werden. Zugleich betonte sie: „Es wird nicht am Brandschutz oder an der Sicherheit gespart!“
Was Hubertz und Hubig konkret vorhaben
Die beiden Ministerinnen planen nun zwei Schritte: Erstens wollen sie einen „Gebäudetyp-E-Vertrag“ schaffen, mit dem Unternehmen und private Käufer*innen bürokratiearm und rechtssicher vereinfachte Bauweisen vereinbaren können. Er soll an die technischen Baubestimmungen der jeweiligen Bundesländer anknüpfen. Eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik soll nicht mehr automatisch zu einem Mangel führen. Allerdings werden die Unternehmen verpflichtet, ihre Vertragspartner*innen zu belehren und darüber zu informieren, worauf sie sich einlassen.
Zweitens soll der Gebäudetyp E stärker in der Planungs- und Baupraxis etabliert werden. Um diese Aufgabe will sich das Bauministerium kümmern, etwa indem es Pilotprojekte auswertet, gelungene Praxisbeispiele und Verträge sammelt und die Bevölkerung über den Gebäudetyp E informiert.
Hamburg baut bereits einfacher
Ein Vorreiter ist die Stadt Hamburg. Dort hat eine von der Stadtentwicklungsbehörde ins Leben gerufene Initiative den sogenannten Hamburg-Standard entwickelt. Damit könnten die Baukosten um ein Drittel gesenkt werden, erklärte Verena Hubertz.
In Mietverträgen soll nach den Plänen von Hubertz und Hubig darauf hingewiesen werden, wenn es sich bei der Wohnung um einen Gebäudetyp E handelt und auf Komfortstandards verzichtet wurde. Sie hoffen, dass dies dann auch zu entsprechend günstigeren Mieten führt.
Ein Eckpunktepapier zum Gebäudetyp E haben Hubig und Hubertz am Donnerstag vorgelegt. Dieses wollen sie nun mit den Bundesländern, Verbänden und Fachleuten beraten. Weiter ist geplant, dass bis Ende 2026 praxistaugliche gesetzliche Regelungen zum Gebäudetyp-E-Vertrag verabschiedet werden.
Eckpunktepapier zum Download:
bmjv.de
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.