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Warum Trier beim Bauen auf Holz setzt

13. November 2025 08:42:12

Neue Verwaltungsgebäude, Gewerbe und Wohnquartiere – die Stadt Trier setzt dabei auch auf Holz-Beton-Hybridbauweise. Die Gründe dafür erklärt Oberbürgermeister Wolfram Leibe.

Wolfram Leibe Porträtfoto

Wolfram Leibe (SPD) ist seit 2015 Oberbürgermeister der Stadt Trier.

Die Wohnungsbaugesellschaft gbt Trier, deren stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender Sie sind, setzt auf modulares Bauen mit Holz. Was ist der Hintergrund für diese Entscheidung?

Beton- oder Holz-Fertigbauweise ermöglicht einen hohen Grad an Vorfertigung. Für das Bauen mit Holz spricht zudem der Faktor Nachhaltigkeit: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der CO2 bindet und später kreislauffähig recycelt werden kann.

Wolfram
Leibe

Die Bewohner profitieren vom guten Raumklima, den höheren Energieeffizienzen und den ökologischen Vorteilen.

Lässt sich das Bauen aus Holz in größerem Stil umsetzen?

Es ist immer eine Einzelfallentscheidung nötig. Nicht für jeden Standort, nicht für jedes Gebäude und nicht für jeder Nutzerkreis ist ein Holz- oder Holzhybridbau ideal. Wo er passt, profitieren die Bewohner vom guten Raumklima, den höheren Energieeffizienzen und den ökologischen Vorteilen. 

Das geht auch in größerem Maßstab: Unsere Stadtwerke, die sehr innovativ unterwegs sind, bauen gerade neue Verwaltungsgebäude und verbinden das mit einem Gewerbe- und Wohnungsquartier mit 250 neuen Wohnungen. Die Stadtwerke setzen dabei auf Holz-Beton-Hybridbauweise mit zertifizierten Hölzern für das neue Hauptquartier. 

Auch im Energie- und Technikpark, einem mehrfach ausgezeichneten Standort für unsere technischen Ämter und die operativen Abteilungen der Stadtwerke, ebenfalls von den Stadtwerken errichtet, ist einerseits Material aus dem Abbruch ehemaliger Fabrikgebäude verwendet worden, andererseits im Innenausbau mit Holzmodulen Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern aus dem naheliegenden Hochwald.

Inwieweit ist das Bauen mit Holz ein Beitrag zu nachhaltigem, klimaneutralem Bauen? Immerhin müssen dafür Bäume gefällt werden, die dann als CO2-Speicher nicht mehr zur Verfügung stehen.

Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Der Bedarf ist in der Holzindustrie angekommen. Die Forstwirtschaft stellt sich auf den nachhaltigen Anbau dieser Rohstoffe ein. Das CO2 bleibt im verbauten Holz gebunden, nachgepflanzte Bäume speichern wieder ein. Später kann das Material wiederverwendet werden, es verursacht kaum Entsorgungskosten und vor allem keine Schadstoffbelastungen.

Woher kommt das Holz für diese Bauten?

Der heimische Anbau und die Verarbeitung von Holz haben einen hohen Stellenwert, wie z. B. in der Eifel, dem Hunsrück oder dem Sauerland. Grundsätzlich ist Holz aber auch ein internationaler Markt, man denke an die Wälder Nord- und Osteuropas. Trier und sein Umland sind waldreich, daher wurde hier das „Holzcluster“ zur Vernetzung lokaler Akteure ins Leben gerufen.  

Welchen Energiestandard haben modulare Holzbauten? 

Effizienzhaus 55 ist aktuell die Norm. Holzhäuser können sehr viel einfacher auch im höheren Standard 40 (EE)* hergestellt werden. Diesen Vorteil nutzt die gbt.

Wolfram
Leibe

Auch beim Bauen mit Holz gibt es qualitativ deutliche Unterschiede, die sich auf die Lebensdauer der Objekte auswirken können.

Was kosten Holzbauten im Vergleich zu herkömmlicher Bauweise?

„Holzbauten“ im modularen Stil sind manchmal kostengünstiger, manchmal nicht. Ersteres wird vielfach kolportiert, ist aber in der Realität nicht immer so. Günstiger sind vor allem kleinteilige Gebäude wie zum Beispiel Reihenhäuser – hier gibt es einen etablierten Markt. Größere Holzbauten haben Preisnachteile von 10 bis 15 Prozent. Hier fehlt noch der Skaleneffekt. Auch beim Bauen mit Holz gibt es qualitativ deutliche Unterschiede, die sich auf die Lebensdauer der Objekte auswirken können. Die Schnelligkeit, mit der ein Rohbau in dieser Form steht, erspart vor Ort enorme Kosten, die sich aber innerhalb der Werksfertigung und der Transportkosten egalisieren.

Könnte modulares Bauen mit Holz einen Ausweg darstellen aus der Spirale von Wohnungskrise und steigenden Mieten?

Günstigere Bauweisen sind daher zunächst einmal erforderlich, um überhaupt bauen zu können. Das Bauen mit Holz im großen Maßstab ist noch zu wenig etabliert und daher derzeit oft noch etwas teurer, sofern man die reinen Entstehungskosten und nicht den Lebenszyklus der Gebäude betrachtet. Also: Ja, in Teilen kann das ein Ausweg aus der Spirale sein. Und nein: Es ist nicht zwingend billiger, kann aber oft schneller umgesetzt werden.

Wolfram
Leibe

Auch die Fortbildung der Architekten ist wichtig, viele sind mit dem Thema noch wenig vertraut.

Werden das Einzelfälle bleiben, oder lässt sich modulares Bauen mit Holz auch in größerem Stil umsetzen? 

Das modulare Bauen mit Holz ist nicht neu. Diese Bauweise ist durch die guten energetischen Eigenschaften im Hinblick auf die Energieeffizienz von Gebäuden prädestiniert, deshalb und gepaart mit dem Thema der Nachhaltigkeit existiert dieser Boom. Ob das Bauen mit Holz weitere Erfolge verzeichnet, hängt von der Weiterentwicklung des Anbaus und innovativen Produkten, vor allem für Laubhölzer, ab. Auch die Fortbildung der Architekten ist wichtig, viele sind mit dem Thema noch wenig vertraut. Letztlich wird es immer eine Einzelfallentscheidung für das konkrete Projekt sein, welche Bauweise die geeignetste ist.

Wie hoch sind die geförderten Mieten der gbt?

Die Wohnungsbauförderung des Landes RLP in Kombination mit den KfW-Fördermitteln des Bundes ermöglichen der gbt, bezahlbaren, neuen Wohnraum im geförderten Segment zu den dort festgelegten Kaltmieten von derzeit 7,45 € bzw. 8,45 €/qm anzubieten. Ohne Förderung wäre das nicht möglich. Bund und Land bin ich daher auch sehr dankbar, dass diese Fördermöglichkeiten nach wie vor bestehen. Die genannten Fördermieten liegen deutlich unter der Trierer Durchschnittsmiete von 9,34 €. Allerdings sind die erzielbaren Projektrenditen in diesem Segment begrenzt, sie liegen im niedrigen einstelligen Bereich. Rendite ist aber nicht alles, Wohnungsbaugesellschaften mit kommunaler Beteiligung erfüllen auch einen sozialen Auftrag.

Warum dauert Bauen heute so lange?

In Trier ist, wie in vielen anderen Städten der Republik, der Wohnungsmarkt angespannt. Dazu kommt eine Entwicklung, die es leider auch in vielen anderen Städten gibt: Im Prinzip sagen alle „Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum, wir brauchen mehr Flächen zum Bauen“ – aber wenn es konkret wird, gibt es schnell Widerstand. Egal, ob ein Baugebiet am Stadtrand ausgewiesen werden soll oder Nachverdichtung mit Häusern in einem schon bebauten Viertel – sofort gibt es Bürgerinitiativen. Bauen ja, aber nicht beim mir. Das verzögert die ohnehin schon langen Prozesse oder stoppt sie teilweise sogar komplett.

*  Ein Effizienzhaus 40 Erneuerbare Energien-Klasse (EE) ist energiesparendend, und deckt mindestens 65 Prozent seines Wärme- und Kältebedarfs mit erneuerbaren Energien.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Porträtfoto Susanne Dohrn
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und SPD-Ratsfrau in Tornesch

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