Feuerwerksverbot: Warum Kommunen in der Pflicht stehen
Die Gewerkschaft der Polizei fordert ein bundesweites Böllerverbot und hat dafür Millionen Unterstützer*innen gewonnen. Ein Rechtsgutachten der Deutschen Umwelthilfe sieht die Kommunen in der Pflicht, in bestimmten Zonen Feuerwerk zu untersagen.
Imago/Michael Gstettenbauer
Ein Verbotsschild weist auf ein Feuerwerksverbot im Jahr 2023 in der Altstadt von Düsseldorf hin.
Eine sichere und friedliche Silvesterfeier ohne Brände, Verletzungen oder Unfälle – in vielen Kommunen ist das nicht mehr als ein Wunschtraum. Die letzte Nacht des Jahres ist für Rettungsdienste und Polizei auch die arbeitsreichste. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) setzt sich deshalb seit längerem für ein generelles Feuerwerksverbot für den Privatgebrauch ein und hat auch eine entsprechende Petition initiiert.
Vor wenigen Tagen hat der Berliner Landeschef der GdP Stephan Weh die Petition mit fast 2,2 Millionen Unterschriften an Bremens Staatsrat Olaf Bull und Berlins Staatssekretär Christian Hochgrebe übergeben. „Wir werden nicht aufgeben und weitermachen, bis sich an den Rahmenbedingungen etwas ändert“, sagte Weh laut einer Mitteilung. Das Land Bremen hat in diesem Jahr den Vorsitz bei der Innenministerkonferenz (IMK) inne, die sich im Dezember treffen wird.
Kommune entscheidet selbst über Feuerwerksverbote
„Wir können nicht warten, bis eine Polizistin oder ein Feuerwehrmann in der Nacht sein Leben lässt“, so Weh weiter. Laut GdP werde auf Arbeitsebene der IMK an einer Regelung getüftelt, um den Ländern eigene Kompetenzen zuzuschreiben, die dann auf die Kommunen übertragen werden könnten. Bislang entscheidet jede Kommune in eigener Regie über örtliche Feuerwerksverbotszonen.
Dabei hat sie unter bestimmten Umständen auch die rechtliche Verpflichtung, bestimmte Gebiete zu schützen und Feuerwerksverbotszonen einzuführen. Darauf macht ein neues Gutachten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aufmerksam. Die Umweltorganisation sieht schon seit Jahren private Feuerwerke kritisch und verweist auf tausende Verletzte und eine hohe Feinstaubbelastung durch Böller.
Gutachten zu den rechtlichen Pflichten
Das Rechtsgutachten der Kanzlei Geulen & Klinger im Auftrag der DUH beleuchtet die Pflichten der Kommune. Laut den sprengstoffrechtlichen Regelungen kann das Abrennen von Feuerwerkskörpern in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, verboten werden.
Zur besonderen Brandempfindlichkeit schreiben die Gutachter, diese sei gegeben, „wenn man davon ausgehen muss, dass das Gebäude oder die Anlage leicht entzündlich ist.“ Dies ist bei Häusern mit Reetdach, Häusern mit einem hohen Holzanteil, Tankstellen sowie Gebäuden und Anlagen, in denen leicht entzündliche Materialien gelagert werden, der Fall. Letzteres werde regelmäßig bei Bauern- und Reiterhöfen und dazugehörigen Scheunen, Wertstoff- und Recyclinghöfen und ähnlichen Betriebsgeländen der Fall sein.
Außerdem könnten im Einzelfall auch Gebäude mit „einer Vielzahl an Eintrittsmöglichkeiten für Feuerwerksraketen“ besonders brandempfindlich sein, zum Beispiel wenn sie Lüftungsschlitze oder lockere Ziegel aufweisen. Die Behörden hätten die betreffenden Gebäude und Anlagen zu schützen, so die Meinung der Gutachter.
Behörden müssen Rechtsgüter abwägen
Dabei haben die Ämter allerdings einen Ermessensspielraum. Das bedeutet in der Praxis, dass zwischen dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit auf der einen Seite und dem Schutz von Leib, Leben und Eigentum auf der anderen Seite abgewogen werden muss. Die Gutachter gehen davon aus, dass die Rechtsgüter Leib, Leben und Eigentum gewichtiger seien und die Behörde somit regelmäßig verpflichtet sei, einzuschreiten.
Laut Gutachten ist außerdem ein Sicherheitsabstand von 200 Metern zu brandempfindlichen Gebäuden notwendig. Liegen mehrere dieser Objekte nahe beieinander, müssten Kommunen sogar zusammenhängende Verbotszonen ausweisen. „Im Einzelfall kann das große Teile des Stadtgebiets betreffen“, teilt die DUH mit. Tun Städte oder Gemeinden das nicht, drohten nach ihrer Meinung haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen für verantwortliche Amtsträger*innen.
Hinweise durch Bürgerinnen und Bürger
Darüber hinaus betonen die Gutachter, die zuständigen Behörden hätten zu ermitteln, welche Gebäude betroffen sein könnten. Allerdings können die Bürger*innen die Verwaltung auch auf Gebäude oder Anlagen, die sie für brandempfindlich halten, hinweisen. Die Kommunen sind laut DUH verpflichtet, diesen Hinweisen nachzugehen.
Deutscher Städte- und Gemeindebund gegen grundsätzliches Verbot
„Der Einsatz von Böllern und Feuerwerkskörpern findet insbesondere zum Jahreswechsel, aber auch zu anderen öffentlichen und privaten Veranstaltungen statt. Dies sollte aus unserer Sicht nicht grundsätzlich und generell untersagt werden“, teilte Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebund, auf Anfrage der DEMO mit.
Viele Kommunen achteten bereits heute darauf, dass Böllern nicht grenzenlos geschieht. So sei es sinnvoll, bestimmte Plätze oder Stadtquartiere – je nach örtlichen Begebenheiten – zu feuerwerksfreien Zonen zu erklären und auch das private Böllern zu beschränken, so Handschuh.
„Großflächige Verbote nicht gerechtfertigt“
Der DStGB verweist mit Blick auf das Gutachten des DUH ebenfalls auf die sprengstoffrechtlichen Regelungen: „Notwendig ist eine Gefährdungsbeurteilung seitens der Städte und Gemeinden, wie sie Paragraph 24 Sprengstoffverordnung vorsieht. Diese lässt flächendeckende Verbote nur unter engen Voraussetzungen zu.“ Je größer Schutzbereiche gezogen würden, desto höher sei das Rechtfertigungsbedürfnis, erklärt der kommunale Spitzenverband. „Die Kommunen sind verpflichtet, in dem Rechtsrahmen zu agieren, den es gibt.“ Großflächige Verbote in allen Kommunen seien damit nicht zu rechtfertigen. Die richtigen Adressaten für Feuerwerksverbote, wie sie von der Umwelthilfe angestrebt würden, seien Bund und Länder.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.